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Tierpark leidet unter kaltem Winter

Durch die anhaltende Kälte ist im Riesaer Tierpark in diesem Jahr alles anders.

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Von Jane Pabst

Helle, schnell hintereinander folgende Laute, stoßweise unterbrochen schallen dem Besucher entgegen – die kleinen schwarzen und braunen Zicklein meckern so lautstark, wie ein Rohrspatz schimpfen kann. Ob ihnen die anhaltende Kälte aufs Gemüt schlägt?

„Das Thema Winter hat für den Menschen viele emotionale Aspekte, die man gern auf die Tiere überträgt. Man fragt sich dann, ob sie frieren oder hungern? Aber Tieren können sich an Kälte, Eis und Schnee besser anpassen und kommen damit besser zurecht als der Mensch“, erläutert Riesas Tierpark-Chef Gerhard Herrmann. Inzwischen haben die Zicklein aufgehört, zu meckern. Sie stoßen sich lieber gegenseitig die Köpfe ein oder knappen an den Resten eines Weihnachtsbaumes herum. „Gerade die einheimischen Tierarten wie Pferde, Schafe, Ziegen, aber auch Mufflons und Uhus kommen am besten mit den Temperaturen zurecht“, sagt Tierpflegerin Viola Hartwig.

Sie zeigt auf das Gehege mit den Tarpanen. Vier der fünf Wildpferde fressen gerade Heu und Stroh. „Deren Fell ist noch stumpf und wuschelig – sie tragen Winterfell. Dabei bekommen sie sonst regulär Ende Februar, Anfang März ihr glattes und glänzendes Sommerfell“, erzählt die Tierpark-Mitarbeiterin. Die Tiere stupsen mit ihrer Schnauze in dem Futter. „Sie stehen bei der Kälte auch eng zusammen, bewegen sich weniger“, sagt Viola Hartwig. Der Feldhase kauert in einer sonnigen Ecke des Geheges. Sein Mitbewohner, der Fasan, plustert sich auf. Zwei Gehege weiter bespringen sich zwei Täubchen. „Hier sind offenbar die Frühlingsgefühle erwacht“, meint Viola Hartwig scherzend.

Der Tierpark-Chef sorgt sich um die kleinen Ziesel. Es könnte sein, dass die kleinen Nager wieder in den Winterschlaf fallen und dann längere Zeit nicht aufwachen. Da aber ihre Fettreserven aufgebraucht sind, könnten sie im Schlaf verhungern. Ein solches Schicksal hätte beinahe die kleinen Igel ereilt. Vier davon wurden von aufmerksamen Bürgern im Herbst in den Tierpark, der auch Aufnahmestation ist, gebracht. „Das waren Winzlinge. Hätten wir die nicht den ganzen Winter über durchgefüttert und somit am Winterschlaf gehindert, wären sie gestorben“, sagt Viola Hartwig.

Die stacheligen Tierchen leben derzeit mit im Affengehege. Die fünf Rhesusaffenweibchen hocken in der Sonne. Eins spielt mit einer Kokosnussschale, ein anderes baumelt am Seil, ein anderes springt gegen die Wand. „Sobald die Sonne scheint, sind sie aktiv. Doch, wenn es schattig und kalt wird, ziehen sie sich in ihre beheizte Innenanlage zurück. Denn dort herrschen 20 Grad“, sagt Hartwig.

Auf den Frühling warten auch der Singschwan und die Enten. Hinter einem Gitter schauen sie der Aushilfskraft Peter Holz beim Aufbrechen der Eisschichten auf dem Biberteich zu. „Solange es friert, können wir den Schwan und die Enten nicht auf den Teich hinauslassen. Dort wären sie eine leichte Beute für Fuchs und Waschbär“, sagt Viola Hartwig, deren Arbeitsalltag durch den langen Winter auch Kopf steht. „Normalerweise kümmere ich mich sonst um die Grünanlagen, nun schiebe ich Schnee, schaufele Eisschollen aus dem Teich, schleppe von drinnen Wassereimer in die Anlagen“, berichtet sie. Denn die Anschlussstellen sind im Winter abgestellt. So schleppt sie zehn Wassereimer zu den Tieren.

Aber auch 10 bis 15 Prozent mehr Futter benötigen die Tierpark-Bewohner im Winter. „Denn aus der Nahrung gewinnen sie Wärmeenergie“, so Hartwig. Auch der Speiseplan ist noch im Winterprogramm. Heu, Brot, Körner, Stroh statt saftiger Rüben und Früchte. „Man muss das Futter auswählen, was nicht so schnell gefriert“, sagt die Tierpflegerin.

Mehr Futter, mehr Heizkosten, mehr Strom – der Tierpark rechnet mit dem schlechtesten ersten Quartal seit den 90er Jahren. Und so warten nicht nur die Tiere, sondern auch deren Betreuer sehnsüchtig auf wärmende Sonnenstrahlen und frühlingshafte Temperaturen.