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Tritte gegen Vorurteile

Gemischte Kampfkünste waren einige Jahre im deutschen Fernsehen verboten. Jetzt kommt eine große Show nach Dresden.

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© Christian Juppe

Von Lars Kühl

Die Nacht hat sich den Hinterhof an der Leipziger Straße bereits geholt. Der Aufzug funktioniert nicht, also geht es die Stufen des schmalen Treppenhauses hinauf. Hinter einer Tür betritt der Besucher asiatischen Boden – zumindest soll die Einrichtung das wohl vermitteln. Im hinteren, großen Raum steht Marcel Quietzsch auf der Matte. Kraftvoll tritt er immer wieder gegen die Pratzen an Uwe Korns Unterarmen. Mit diesem Schutz wehrt sein Trainer die Kicks ab. Nebenan wird geboxt, geschlagen, geblockt und gerungen. Es ist stickig und warm. Eine beißende Note Männerschweiß schwängert die Luft.

Das Training des Mixed-Martial-Arts-Teams ist in vollem Gange. Vollkontaktkampfsport – gemischt aus allem Möglichen, ob Boxen, Muay Thai, Judo, Kickboxen, Ringen, Brazilian Jiu-Jitsu, Kung Fu oder Grappling – viele Zipfel der Welt tragen ihr Bestes bei. Fehlen nur noch Zigarettenqualm, Blut und ein Metallkäfig – so wie es einschlägige Filmchen und oberflächliche Infos vermuten lassen.

Doch die Klischees treffen nicht zu. Schwere Verletzungen passieren fast nie, versichert Korn. Die Sportler respektieren sich, es gehe nicht brutal zu. Das fast 30 Mann und eine Frau starke Team, welches zum Verein Take Down gehört, ist nur eingemietet. Sonst trainieren hier die Dragon-Kids Selbstverteidigung. Einen Käfig allerdings wünschen sich die Kampfsportler sehnlichst. „Aus Sicherheitsgründen“, sagt der 44-Jährige. Obwohl die Begrenzung aus ummanteltem, herkömmlichem Maschendraht besteht, der durch acht gepolsterte Pfosten in Form gebracht wird, schützt er die Kämpfer. Damit sie nicht aus dem Ring fallen. Außerdem ermöglicht der Käfig, sich beispielsweise im Bodenkampf aus einem Griff zu befreien, indem man am Rand mit den Füßen an ihm langläuft.

Aber hier, an der Leipziger Straße, ist kein Platz dafür. „Ein Käfig wäre schon ein großer Traum“, sagt John Scheller, der tagsüber einen großen Supermarkt in Cotta betreibt. „Wir sparen darauf.“ Denn die Mitgliedsbeiträge allein reichen dafür nicht. Ohne Unterstützer geht auch beim MMA, wie die Mixtur der Kampfeskünste abgekürzt wird, nichts. Eigentlich suchen die Sportler sowieso ein neues Trainingsdomizil, das ihren Ansprüchen besser gerecht wird. Sie kommen aus allen gesellschaftlichen Schichten. Studenten duellieren sich mit Unternehmern und Ärzten, 18-Jährige mit 50-Jährigen. „Wir sind wie eine große Familie“, sagt Uwe Korn. Als Trainer hat er eine große Verantwortung für die Jugend. Vor allem, dass sie ihre Fähigkeiten im Privaten nicht ausnutzen. Doch Quertreiber und Poser gebe es nicht. „Wer auffällig ist, wird ausgeschlossen.“

Keine beste Kampfsportart

Korn hat eine Baufirma. Früher war er Kick-Boxer, ein ziemlich guter sogar. 1997 war der Dresdner mal deutscher Meister. Später fing er an, sich für MMA zu interessieren. Diese relativ moderne Sportart wurde in den frühen 1990ern populär, als es Fights zwischen den verschiedenen Champions gab. „Das war ein Messen, welche Kampfsportart am besten ist“, erklärt Korn. „Doch die gibt es nicht. Nur den, der eine Mischung aus allem am besten ausführt.“

Anfangs trainierte Korn bei Frank Burczynski. Zum Berliner hat er heute noch guten Kontakt. Burczynski veranstaltet jetzt seit fünf Jahren spektakuläre Wettkampfabende in großen Hallen, zunächst nur in der Hauptstadt. Die ersten sechs Shows waren komplett ausverkauft, also ging die Serie auf Deutschlandtour. Die Zuschauerzahlen überstiegen bald die 2 000.

Die sollen auch am kommenden Sonnabend in der Messehalle 1 erscheinen. Dann macht „We love MMA“ erstmals Station in Sachsen. Es wird die größte Show ihrer Art in Dresden werden. Zwölf Kämpfe sind angesetzt, darunter auch ein Frauen-Fight, teilt Sprecherin Lisa Schein mit. Die Teilnehmer reisen aus Gera, der Lausitz, Berlin, Hamburg, Köln und Nürnberg an. Empfangen werden sie von zehn Wettkämpfern des MMA-Teams, dazu kommen fünf Sportler vom Kampfsportzentrum und dem Team Dresden.

Alle treten nach internationalen Regeln an, die vieles verbieten. Gekämpft wird natürlich in einem Käfig. Ring- und Wertungsrichter sowie zwei Ärzte überwachen die strenge Einhaltung der Vorgaben. Anders als beim Boxen gibt es kein Anzählen. Entweder einer geht k.o. oder gibt durch Abklopfen auf. Korn ist froh, dass sein Sport wieder auf dem Vormarsch ist, nachdem ihn Vorurteile ein paar Jahre in die Schmuddelecke gedrängt hatten. Das zwischenzeitliche Sendeverbot im deutschen Fernsehen wurde im Oktober vorigen Jahres wieder aufgehoben. Inzwischen wirbt die Pro7/Sat.1-Gruppe für die Veranstaltungsreihe „We love MMA“ sogar im TV. „Wir sind nicht mehr aufzuhalten.“

Der Wettkampftag am 25. April beginnt 19 Uhr in der Messehalle 1. Der Vorverkauf hat begonnen. Tickets gibt es ab 25,75 Euro bei allen bekannten Vorverkaufsstellen.

www.welovemma.de