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Über die Alpen paddeln und radeln

Mit Muskelkraft schaffen es drei Profi-Abenteurer von Cannes nach Venedig. Die Öko-Tour ist logistisch eine Herausforderung.

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© Jens Klatt

Von Jochen Mayer

Ein Sportartenmix fordert einen doppelt, macht deshalb auch doppelt Spaß. Triathlon ist nun so populär, dass es der Dreikampf ins Olympiaprogramm schaffte. Solche Ambitionen hat die Kombination aus Radfahren und Paddeln nicht. Die seltene Mischung probierte Olaf Obsommer mit zwei Freunden in den Alpen. „Wir wollten keinen Wettkampf daraus machen“, sagt der professionelle Kanu-Abenteurer zu seinem 52-Tage-Projekt „Bike und Boot“, das ihn von Cannes nach Venedig führte. In 52 Tagen bewältigte der 45-Jährige 2 200 Kilometer, nebenbei noch 35 000 Höhenmeter.

Geboren wurde die Idee beim Rückflug von einer Kanu-Expedition in Mexiko. Olaf Obsommer ist als Wildwasser-Spezialist weltweit auf der Suche nach Routen, die sich gerade noch paddeln lassen. Wettkampfsport war ihm nach einigen Versuchen zu steril. Den Bayern reizten schon in der Jugend Herausforderungen in der Natur: Stromschnellen, Wasserfälle, echte Gischt. Aus dem Genusspaddeln wurde Berufung. Die Reize seiner Passion fängt er mit Kameras ein. Beim Outdoor-Filmspektakel E.O.F.T. gehört Olaf Obsommer zum Stammpersonal.

Bei der Suche nach neuen Reizen besann er sich auf die Heimat, die Berge vor der Haustür. „Wir wollten nicht schon wieder weit fliegen und lange im Auto fahren“, lautete der Plan für die Öko-Tour, bei der alles per Muskelkraft ablaufen sollte. Logistisch war es eine Herausforderung: Radeln zum Einstieg, Wildwasserabenteuer, anlanden, Boot zurücklassen, zur Einstiegsstelle laufen, joggen, trampen, Bus- oder Bahnfahren, Rad holen, zurück zum Boot. Und auf zum nächsten Wildwasser.

Ein anstrengendes Hin und Her, „aber wunderbar“, schwärmt Olaf Obsommer, „purer Naturgenuss“. Die Botschaft lautet: Geht raus, erlebt und genießt die Natur mit einfachen Mitteln. Dafür kamen sie mit einem Minimum an Ausrüstung aus. Und doch wog jeder Radanhänger um die 50 Kilogramm. „Bergan spürten wir sehr genau, wenn es auch nur ein einziges Prozent Steigung mehr wurde“, sagt Obsommer, der Dienstälteste im Team. „Deshalb stiegen wir mitunter schon ziemlich geschafft in unsere Boote.“

Die Idee kommt an, wie Olaf Obsommer bei seinen Vorträgen spürt. Die nächsten hält er am Mittwoch in Chemnitz, am Donnerstag in Dresden. „Es wird von den Leuten immer honoriert, wenn man die Komfortzone verlässt und seinen inneren Schweinehund überwindet. Das muss einen besonderen Reiz ausüben.“

Der Familienvater von zwei anderthalb und drei Jahre alten Töchtern ist nicht mehr auf der Suche nach den Extremschwierigkeiten, wie die jungen Wilden im Kanusport. Er spielt aber seine Erfahrungen aus, die Bootsbeherrschung „wie Mountainbiker, die ihr Rad im Griff haben sollten, bevor sie zur Alpenquerung aufbrechen. Zum Wildwasserpaddeln sind einige Grundvoraussetzungen nötig – sonst schluckt man sehr viel Wasser.“

Bei der Tour 2013 musste das Paddel-Trio oft improvisieren, spontan entscheiden. Im regenreichen Sommer waren manche Alpenbäche unpassierbar angeschwollen, andererseits sonst unscheinbare Rinnsale durch die Wassermengen passierbar und reizvoll geworden. „Unsere Entscheidungen waren richtig, wir kamen nie in kritische Situationen“, bilanziert Olaf Obsommer. Dabei wussten sie, dass es keine extra Absicherung an der Strecke gab, wie bei manchen Expeditionen mit Extremschwierigkeiten. So konnten sie die Alpen aus dem Sattel und in der Gischt genießen.

Olaf Obsommer „Mit Fahrrad und Kajak über die Alpen – Von Cannes nach Venedig“, Filmvortrag am Donnerstag, 20 Uhr, im Fahrrad-XXL Dresden-Süd, Dohnaer Str. 250.