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Übernachten im tiefen, tiefen Wald

Der Sachsenforst richtet bei Rosenthal zwei ehemalige Jagdhütten als Wanderherbergen her – ohne Luxus, aber günstig.

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Von Gunnar Klehm

Ein Haus ohne Wasser und Strom. Nur Kerzenlicht und Holzfeuer als Wärmequelle. Was sich anhört wie eine neue Abenteuerserie im Fernsehen, soll demnächst ganz im Verborgenen hier in der Sächsischen Schweiz stattfinden. Bei Rosenthal, im tiefsten Wald, den der Sachsenforst im hiesigen Forstbezirk zu bieten hat.

Kein Wasser, kein Strom: Wer hier übernachtet, muss sich mit einer Trockentoilette begnügen.
Kein Wasser, kein Strom: Wer hier übernachtet, muss sich mit einer Trockentoilette begnügen.
Im geräumigen Aufenthaltsraum von Willys Hütte haben bequem zehn Wanderer Platz.
Im geräumigen Aufenthaltsraum von Willys Hütte haben bequem zehn Wanderer Platz.
Anke Findeisen zeigt eine der beiden Waldhütten, die der Sachsenforst ab Mai Wanderern zur Übernachtung anbieten möchte. Thomas Hofmann (l.) und Frederik Fritzsche – beide leisten beim Sachsenforst ein Freiwilliges Ökologisches Jahr ab – werden die Hütten
Anke Findeisen zeigt eine der beiden Waldhütten, die der Sachsenforst ab Mai Wanderern zur Übernachtung anbieten möchte. Thomas Hofmann (l.) und Frederik Fritzsche – beide leisten beim Sachsenforst ein Freiwilliges Ökologisches Jahr ab – werden die Hütten

Zwei ehemalige Jagdhütten können Wanderer ab Mai zur Übernachtung nutzen. Der Forstbezirk Neustadt will damit den Wald noch mal ganz neu erlebbar machen. „Die Naturentfremdung, gerade unter jungen Leuten, nimmt zu“, sagt Uwe Borrmeister, der Leiter des Forstbezirks, bei einem Vor-Ort-Termin. Deshalb habe man sich Gedanken gemacht, wie man das größte zusammenhängende Waldgebiet der Region attraktiver machen kann.

Von der Elbe bis Bad Gottleuba erstreckt sich der Wald über 10 000 Hektar. Doch nur wenige Besucher der Sächsischen Schweiz kommen hierher. „Zusammen mit den Tourismusfachleuten wollen wir auch linkselbisch etwas entwickeln“, sagt Borrmeister.

Von der letzten befahrbaren Straße in Cunnersdorf ist es ein Fußmarsch von etwa acht Kilometern, von Rosenthal aus etwa halb so weit. Dann erscheint an einem flachen Hang die geräumige Jagdhütte. Der Sachsenforst nennt sie Willys Ruh. Auf verschiedenen Karten wird sie aber auch als Sindermann-Hütte bezeichnet. Nach einem Vorraum tritt der Besucher in einen großen Aufenthaltsraum. Hier stehen ein grüner Kachelofen, ein langer Tisch mit zehn Stühlen und eine Geschirrbank. Im Schlafraum daneben stehen fünf Doppelstock-Pritschen aus Holz, ohne Matratzen. Wer auf den Holzbrettern nächtigen will, muss wenigstens mit Isomatte und Schlafsack unterwegs sein. Auch sonst darf der Übernachtungsgast nicht anspruchsvoll sein. Wie schon erwähnt, gibt es weder Wasseranschluss noch Elektrizität. Die Trockentoilette ist draußen am Haus.

„Es ist eine Testphase. Wir wollen erst mal sehen, wie das Ganze angenommen wird“, sagt Anke Findeisen, die im Forstbezirk für Öffentlichkeitsarbeit und Waldpädagogik zuständig ist. Fraglich bleibt, wie es um möglichen Vandalismus steht. Von Mai bis Oktober sollen die Hütten offen stehen. Wer darin übernachten will, muss sich trotzdem vorher ein Ticket beim Sachsenforst bestellen. Für Erwachsene kostet das Ticket zehn Euro pro Nacht, Kinder bis 14 Jahre zahlen gar nichts, Jugendliche fünf Euro. Das Angebot ist also vor allem auf Familien ausgerichtet. Die Anmeldung soll online beim Sachsenforst erfolgen. Im April steht die Internetseite, heißt es.

Das jeweilige Ticket ist auch nicht auf einen bestimmten Tag ausgestellt. „Da sollten die Wanderer so flexibel wie möglich bleiben. Ein Dresdner könnte also warten, bis schönes Wetter ist, und dann seine Tour zur Wanderhütte starten“, sagt Uwe Borrmeister.

Die alten Jagdhütten haben ein stattliches Alter. „Willys Ruh ist mindestens hundert Jahre alt“, schätzt Anke Findeisen. Der Name soll auf einen Waldarbeiter zurückgehen, heißt es. Jagdgebiet war der Wald hier schon zu Zeiten des Königs. Zu DDR-Zeiten wurden hier Staatsjagden abgehalten. Nach der Wende hat der Sachsenforst die Hütten an einzelne Jäger verpachtet, die auch für den Erhalt der Bausubstanz sorgen sollten.

Jetzt hat der Sachsenforst eine neue Nutzung dafür vorgesehen. Der Tourismus soll aber kein neues Standbein des Forstbezirkes werden. Ab und zu wird nach dem Rechten gesehen, stichprobenartig kontrolliert, wer dort nächtigt. Das Holz für den Ofen oder die Feuerstelle stellt der Forstbezirk in einem Schuppen bereit. Etwas Aufwand bedeutet auch die Entleerung der abflusslosen Grube und gelegentlich eine Grundreinigung. Extra Personal ist dafür nicht vorgesehen. Beim Herrichten der Hütten helfen aktuell zwei junge Männer, die ein Freiwilliges Ökologisches Jahr beim Sachsenforst absolvieren.