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Umarmung zum Abschied

Romain Bregerie wird Dynamo wohl verlassen, doch Ersatz schwer zu finden sein. Erst recht im Fall der Fälle.

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Von Tino Meyer

Romain Bregerie schreibt Geschichte, wieder einmal. Er ist der erste Franzose in Dynamo Dresdens Vereinsgeschichte gewesen. Und nun, fast zwei Jahre später, wird er auch als Erster der inzwischen auf sechs Spieler angewachsenen Frankreich-Fraktion die Schwarz-Gelben wieder verlassen. Zumindest glaubt das Sportchef Steffen Menze. Seit Wochen schon verhandelt er mit Bregerie – bislang ergebnislos. Zwar werde es noch ein weiteres Gespräch geben, doch die Zeichen, dieses Gefühl hat Menze, stehen auf Abschied.

Bregerie selbst, dessen Vertrag am Saisonende unabhängig von Dynamos sportlicher Zukunft ausläuft, will das nicht bestätigen. Noch nicht? „Bis jetzt ist keine Entscheidung gefallen, meine weitere Karriere zählt nicht in diesem Moment“, beteuert der 26-Jährige. Jeden Tag und jede Minute in seinem Leben denke er über Dynamo und den Abstiegskampf nach. Vielleicht aber ist genau das sein eigentliches Problem.

Und angesichts des bisherigen Saisonverlaufs fragt man sich schon, ob sein Abgang nicht für alle Beteiligten das Beste wäre. Seit Wochen, eigentlich seit Saisonbeginn läuft der Abwehrchef seiner Form hinterher. Je tiefer die Dresdner in der Tabelle nach unten gerutscht sind, umso schlechter spielte Bregerie, leistete sich zum Teil eklatante, ja im Vergleich zu seiner starken Vorsaison unerklärliche Fehler und kassierte zudem zwei Platzverweise. Dabei sollte doch er, der inzwischen hervorragend Deutsch spricht, nicht nur abseits des Spielfeldes der Anführer sein.

Stattdessen entpuppt sich der Franzose zunehmend als Sicherheitsrisiko in der ohnehin anfälligen Dresdner Defensive. Seltsam gehemmt agiert er in den Zweikämpfen, zögerlich wie bei den Vertragsgesprächen mit Menze. Fast so, als sei er mit den Gedanken längst ganz woanders – selbst wenn er behauptet: „Ich bin hundert Prozent bei Dynamo.“

Wer aber am vergangenen Sonnabend beobachtet hat, mit welcher Inbrunst sich Bregerie über die Tore zum 3:2-Erfolg gegen St. Pauli freute – nachdem er am zweiten Gegentreffer wieder einmal mitschuldig war – und wie er nach dem Schlusspfiff seinen Nebenmann Anthony Losilla und dann Torwart Benjamin Kirsten umarmte, will ihm solche Aussagen gerne glauben. Und auch, dass es für ihn eine Ehre sei, bei so einem großen, traditionsreichen Verein wie Dynamo der Kapitän sein zu dürfen.

„Sicherlich hat er in der vergangenen Saison besser gespielt“, sagt Menze, was auch die SZ-Note beweist. Der 3,16 aus der Vorsaison steht bislang eine 3,65 gegenüber, Tendenz fallend. „Doch ich schätze seine Professionalität und wie er sich der keinesfalls einfachen Situation stellt“, erklärt der Sportchef, der Bregerie weder nur als Dolmetscher noch aus Mangel an Alternativen bei Dynamo halten will.

In den vergangenen Wochen hat Menze jedoch einmal mehr festgestellt, dass seine Verhandlungsposition nicht die beste ist. Was am schmalen Budget liegt, vor allem aber an der sportlichen Situation. Zu einem Abstiegskandidaten will eben niemand gerne wechseln, schon gar nicht zu diesem frühen Zeitpunkt. „Dabei argumentiere ich nicht mit der 3. Liga, die Gespräche mit potenziellen Kandidaten sind einzig auf die 2. Bundesliga ausgerichtet“, sagt Menze, der sich die erste Absage bereits in der vergangenen Woche einhandelte.

Obwohl Abwehrspieler Uwe Hünemeier, der bei Energie Cottbus aussortiert worden ist, in Dresden gar nicht abgesagt hat, sondern einfach beim Ligarivalen SC Paderborn einen Vertrag unterschrieb. „An ihm bin ich seit Langem dran. Doch er hat sich für Paderborn entschieden, was sicher auch mit der Nähe zu seiner Heimat Dortmund zu tun hat“, bestätigt Menze. Schon nach Offenbach, wo er zuvor arbeitete, wollte er den Innenverteidiger holen. Und auch Matthias Maucksch, Peter Pacults Vorvorgänger, befasste sich mit Hünemeier, bevor der in die Lausitz gewechselt ist.

Forcieren die Spieler ihren Abgang?

Mit wem Menze in diesen Tagen verhandelt, will er indes nicht verraten. Vieles hängt ja tatsächlich von den verbleibenden sechs Saisonspielen ab. Bleibt Dynamo zweitklassig, bleiben auch die meisten Profis. 17 der 26 Spieler haben dann weiterhin einen gültigen Vertrag. Dass möglicherweise aber nicht nur Bregerie seinen Berater längst auf Vereinssuche geschickt hat, sondern auch einige andere, die mit einem Abstieg geschickt den Absprung aus Dresden forcieren könnten, glaubt Menze nicht. Solche wirren Gedanken, meint er, würde der Trainer ganz schnell merken.

Steigt Dynamo am Ende aber wirklich ab, stehen nur noch fünf Spieler im Kader. Selbst Menze, dessen Kontrakt bis 2014 und ausschließlich für die zweite Liga gilt, wäre ab 1. Juli arbeitslos – genauso wie Cheftrainer Peter Pacult. Wer dann, im Fall der Fälle, den sportlichen Neubeginn leiten soll, ist also fraglich. Das wiederum hat es in Dynamos 60-jähriger Vereinsgeschichte auch noch nie gegeben.