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Umstrittene Blitzer-Fotos

Richter halten die Daten von einigen Radarfallen für nicht verwertbar. Gibt es diese Technik auch in der Sächsischen Schweiz und im Osterzgebirge?

Von Marleen Hollenbach & Gunnar Klehm
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Der Blitzer in Göda im Landkreis Bautzen verwendet eine Technik, die juristisch umstritten ist.
Der Blitzer in Göda im Landkreis Bautzen verwendet eine Technik, die juristisch umstritten ist. © Steffen Unger

Rollt jetzt eine Klagewelle auf das Landratsamt Pirna und die Städte Freital, Pirna und Dippoldiswalde zu? 

Schlagzeilen wie „Ausgeblitzt!“ oder „Auch Ihr Blitzerfoto ist vielleicht nicht zulässig“ machen das glauben. Es geht um Blitzertechnik, die sogenannte Rohdaten nicht speichern kann. Eine Überprüfung der Messdaten und damit von Geschwindigkeitsverstößen ist dadurch nicht möglich. Die müsse es aber sein, urteilte im Sommer dieses Jahres das Verfassungsgericht des Saarlandes. Das gilt zwar nur für dieses Bundesland, dennoch orientieren sich immer mehr Gerichte an diesem Urteil. Nun erklärte beispielsweise auch das Amtsgericht in Bautzen die Messergebnisse von bestimmten Blitzersäulen für „unverwertbar“. Aus dem Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge sind solche Urteile noch nicht bekannt. Damit ist auch nicht zu rechnen. Denn wie das Landratsamt mitteilte, nutze der Landkreis nicht die umstrittene Technik Traffistar S 350. Freital, Dippoldiswalde und Pirna haben ebenfalls stationäre und mobile Geräte zur Geschwindigkeitsmessung im Einsatz. Auf SZ-Nachfrage teilten die Städte mit, dass sie nicht mit Traffistar S 350 arbeiten.

In der Region Bautzen ist das anders. In den Säulen in Putzkau, Maukendorf, Ottendorf-Okrilla, Göda und Radeberg ist diese Technik integriert. Das könnte nach einer Entscheidung des Amtsgerichts Bautzen jetzt dafür sorgen, dass jene Autofahrer, die von einer dieser Säulen geblitzt wurden, straffrei davonkommen können. In mehreren Fällen stellte die zuständige Richterin die Verfahren ein. Die Autofahrer mussten nicht für ihr Raserfoto zahlen.

Der Bautzener Rechtsanwalt Karl-Heinz Drach kennt sich mit dem Thema aus. Er selbst hat eine Mandantin betreut, die von einem Traffistar bei Kubschütz aus einem Auto heraus geblitzt wurde – und nun doch nicht zahlen muss. Betroffene Autofahrer, so erklärt er, können gegen ihren Bußgeldbescheid Einspruch einlegen. Wichtig ist, dass sie einen Sachverständigen beauftragen. Dieser erstellt dann ein Gutachten, bei dem am Ende herauskommt, dass die Rohmessdaten fehlen. Weil das Gericht im Zweifel für den Angeklagten entscheidet, stünden die Chancen gut, dass das Verfahren eingestellt wird, meint der Anwalt.

Aber heißt das jetzt, dass Tausende Autofahrer ihr Bußgeld nicht bezahlen müssen? Ja und nein, erklärt Karl-Heinz Drach. Rein theoretisch könne jeder Einspruch einlegen, sagt er, erklärt aber auch, dass es sehr teuer ist, einen Gutachter zu beauftragen. Wer etwa 600 Euro für den Gutachter ausgeben muss, um eine Strafe von vielleicht 80 Euro abzuwenden, der geht diesen Schritt natürlich nicht. „Am Ende kann sich nur derjenige einen Einspruch leisten, der auch eine Rechtsschutzversicherung hat“, sagt Drach. Eine gerechte Lösung sei das nicht, meint der Anwalt. Viel besser wäre es, die Technik außer Betrieb zu nehmen – bis alle Fragen dazu geklärt sind.

Doch genau das passiert nicht. Die Stadt Radeberg, die ihre Radarfalle selbst betreibt, teilt beispielsweise mit, man blitze weiterhin mit der Technik. Und auch die Blitzer, die dem Landkreis gehören, sind noch im Einsatz.

Inzwischen hat der Hersteller, die Firma Jenoptik, angekündigt, die Software so umzurüsten, sodass die Messdaten künftig abgespeichert werden können. Ursprünglich sollte dieses Update Ende Juli fertig sein. Nun soll es Ende September vorliegen.

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