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Und Action!

Das Florena-Deo aus DDR-Zeiten wird seit diesem Monat wieder produziert – von einer kleinen Firma im Erzgebirge.

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Von Christian Dittmar und Jens Hoyer

Eine zitronige Hauptnote, dazu etwas Sandelholz und im Abgang noch ein bisschen Amber. So duftet das neue „Action“. Der Deo-Klassiker aus der DDR, seit 1985 unter der Florena-Dachmarke in Oberlichtenau produziert, steht seit Neuestem wieder in ausgewählten ostdeutschen Drogerien. Hinter der Neuauflage des Deodorants steckt die Firma „Casino Parfüm Saxonia“ aus Pobershau bei Marienberg. Das Kleinunternehmen hat sich schon um das Wiederaufleben des Parfüms „Casino de luxe“, zu DDR-Zeiten der „Duft der Chefsekretärin“ verdient gemacht.

So sah Werbung zu DDR-Zeiten aus: Ein „Action“-Plakat von 1985.
So sah Werbung zu DDR-Zeiten aus: Ein „Action“-Plakat von 1985.

Mitte der 1980er Jahre war in der DDR eine ganze Serie von Kosmetikprodukten unter dem Namen Action auf den Markt geworfen worden. Die Idee dazu sei wohl bei irgendeinem Jugendtreffen entstanden, sagte Heiner Hellfritzsch, der seinerzeit als Leiter des Florena-Werkes in Waldheim an der Umsetzung beteiligt war. Der Betrieb gehörte damals zu dem VEB Berliner Kosmetik-Kombinat. Alle Action-Produkte wurden unter dem Namen Florena vertrieben, kamen aber beileibe nicht alle aus Waldheim. Im Waldheimer Florena-Werk wurde ein Parfüm aus dem zugelieferten Grundstoff, dem Parfümöl, zurechtgemixt. Das Rezept dafür sei im eigenen Haus entwickelt worden, sagte Hellfritzsch. Auch das Action-Gesichtswasser kam aus Waldheim, die Seife der Serie aus dem Betriebsteil an der Döbelner Rößchengrundstraße. Der Anteil der Action-Serie an der sonstigen Produktion sei aber minimal gewesen, sagte Hellfritzsch. Als besondere Attraktion hatte Florena seinerzeit größere Mengen der Action-Produkte herangeschafft und es bei einem Stadtfest in Döbeln an einem Stand angeboten, erinnert sich Hellfritzsch.

Jetzt gibt es also die Neuauflage. „Mir geht es dabei nicht um Ostalgie“, erklärt Gabriele Fritzsche. Die Geschäftsführerin von Casino Parfüm will vielmehr ein verloren gegangenes Heimatgefühl vermitteln. Deswegen schreibt sie auf die Parfüme auch „Made in Saxonia“ statt „Made in Germany“. Sie selbst ist ihrer Heimatstadt Marienberg ebenfalls stets treu geblieben, hat dafür auf ein Chemie-Studium verzichtet und begann stattdessen 1978 eine Kosmetik-Lehre in der Erzgebirgsstadt.

„Viele verbinden mit Düften vor allem schöne Erinnerungen“, meint Fritzsche. „Die will ich den Menschen wiedergeben.“ Bei ihr war es mit etwa fünf Jahren das erste Mal Weihnachtsgeschenke Kaufen mit ihrem Vater. „Ich ging mit ihm in eine Drogerie und sollte ein Parfüm für meine Mutti aussuchen. Casino de luxe gefiel mir dabei auf Anhieb am besten. Seitdem werde ich diesen Duft wohl für immer mit meiner Mutti verbinden“, erzählt die inzwischen 52-Jährige.

Zu DDR-Zeiten waren sowohl Casino de luxe als auch Action begehrte Ware, doch nach der Wiedervereinigung schlief die Produktion der Florena-Produkte langsam ein. 1994 sicherte sich ein Dresdner Unternehmer die Rechte an Casino und produzierte das Duftwasser von Neuem. Aber auch für diese Herstellung kam schließlich das Ende, als 2007 langsam die Nachfüllflaschen zur Neige gingen. Da trat Gabriele Fritzsche auf den Plan: Die Kosmetikerin hatte seit 1992 eine Drogerie in Marienberg betrieben und war eingefleischter Fan der Casino-Produkte gewesen. „Als ich dann Anfang 2008 mal wieder nachbestellen wollte, gab es sie plötzlich nicht mehr“, erzählt Fritzsche. Sie wandte sich an den Dresdner Unternehmer, der ihr lapidar entgegnete: „Dann machen Sie es doch einfach selbst.“

So entstand am 1. Mai 2009 Casino Parfüm Saxonia. Zuerst nur mit dem alten Damen-Parfüm Casino de luxe, später auch mit einem Herrenduft und zuletzt mit weiteren Produkten wie Badeschaum, Seife und Lidschatten. „Am Anfang lief der Verkauf noch wie geschmiert“, erzählt Fritzsche. Doch ab 2012 ging der Absatz zurück, wahrscheinlich, weil die Nachfrage nach DDR-Parfümen erst einmal gestillt war. Etwas Neues für die jüngere Generation musste her: Action. Das Retro-Deo hat nicht mehr wie früher die Grundnote „Schwarze Johannisbeere“, aber die Aufmachung ist wieder die Gleiche und liegt damit im derzeitigen 1980er-Jahre-Trend. Und auch der Preis ist mit 9,50 Euro nahe an den 11,30 DDR-Mark von 1985.

Zumindest bei der Fachmesse Cadeaux in Leipzig Anfang März konnte das alte Action die junge Kundschaft schon einigermaßen überzeugen. „Einmal kam ein Pärchen zu mir und testete das Deo. Hinterher meinte das Mädchen zu ihrem Freund: ‚Das riecht viel besser als das, was du immer drauf hast,‘“sagt Fritzsche und muss lauthals lachen. Ihr Markenzeichen. Für die jugendliche Klientel hat die Frau mit den blond-brünetten Haaren inzwischen auch eine Facebook-Seite aufgebaut, die sie zusammen mit der Website betreut.

Nachdem Fritzsche in der Phase des Rückgangs vor zwei Jahren eine Mitarbeiterin entlassen musste, ist Casino Parfüm nur noch ein Zwei-Frauen-Unternehmen mit der Geschäftsführerin, die für die Buchhaltung, Planung und Medien zuständig ist und einer Angestellten, die sich um die Produktion kümmert. Zu den Umsatzzahlen will Fritzsche nichts sagen. „Zumindest haben wir noch keine Verluste eingefahren“, sagt die Marienbergerin. Etwaige Gewinne werden bei Casino Parfüm gleich wieder in neue Projekte, wie zuletzt in Action gesteckt.