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Unfreiwillige Hilfe

Der Tierschutzverein Döbeln kann sich über eine große Spende freuen. Zu verdanken hat er sie zwei kranken Milchkühen und einer Amtsrichterin.

Von Elke Görlitz
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Das Tierheim Ostrau hat von Spenden einen Baucontainer angeschafft.
Das Tierheim Ostrau hat von Spenden einen Baucontainer angeschafft. © André Braun

Zwei lahmende schwarzbunte Milchkühe sind es, die einen Lkw-Fahrer 1200 Euro kosten. So hoch ist die Geldauflage, die der wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz Angeklagte nach Einstellung des Verfahrens im Januar dieses Jahres zahlen muss. Amtsrichterin Angelika Rickert spricht das Geld dem Tierschutzverein Döbeln und Umgebung zu. Weil den Fahrer eine geringere Schuld an dem Transport der beiden kranken Tiere trifft, er auf Weisung handelte, werden der verantwortliche Betriebsleiter und ein weiterer Vorgesetzter zur Zahlung einer weit höheren Geldstrafe verurteilt.

Insgesamt sprachen sächsische Richter im Jahr 2017 Geldauflagen in Höhe von 424 000 Euro aus. Die Daten sammelt das Oberlandesgericht in Dresden. „Es wird dort auch vermerkt, welche Beträge tatsächlich geflossen sind“, erklärt Lutz Kermes, der Direktor des Amtsgerichts Döbeln. Etwa 356 000 Euro davon sind eingegangen. An Vereine mit Sitz in Döbeln flossen laut Angaben des Oberlandesgerichts im Jahr 2017 11 530 Euro, 13 730 Euro waren ihnen von den Döbelner Richtern zugewiesen worden.

Auf dem Konto des Tierschutzvereins Döbeln und Umgebung, der das Tierheim Am Wiesengrund in Ostrau betreibt, ist das zuletzt zugewiesene Bußgeld inzwischen eingegangen. Damit und anderen Bußgelder kauft der Verein laut Marlies Przybilla, der stellvertretenden Heimleiterin, einen Baucontainer. „Bislang hatten wir mehr oder weniger große Not, Kleintiere unterzubringen. Dafür will unser Hausmeister nun das Innere des Containers, der diese Woche angekommen ist, entsprechend herrichten“, sagt sie. Das Geld, das die Döbelner Amtsrichter dem Verein seit vielen Jahren sehr regelmäßig zusprechen, sei eine sehr willkommene Unterstützung. „Dafür sind wir genauso dankbar wie für die gute Zusammenarbeit mit dem Veterinäramt des Landkreises“, so Marlies Przybilla. Dass der Tierschutzverein und damit die Einrichtung am Wiesengrund diese regelmäßige finanzielle Unterstützung erhält, kommt nicht von ungefähr. „Schon vor vielen Jahren haben wir Richtern unsere Arbeit vorgestellt“, sagt Marlies Przybilla.

Wem die Amtsrichter Bußgelder zusprechen, bleibt ihnen überlassen. Staatsanwälte, manchmal auch Verteidiger würden potenzielle Empfänger empfehlen. „Sowohl beim Oberlandesgericht, aber auch bei uns landen häufig Schreiben oder einfach nur Flyer, die auf Vereine aufmerksam machen sollen, die Geld bekommen wollen. Um deren Arbeit aber überhaupt bewerten zu können, ist es sehr sinnvoll, wenn deren Vertreter den persönlichen Kontakt suchen“, erklärt Lutz Kermes. Die Wenigsten würden das aber auch tun. „Mich hatte zum Beispiel die Verkehrswacht Mittweida schon eingeladen oder auch der Tierpark und die Wasserwacht in Zittau, als ich dort noch tätig war“, so Lutz Kermes. Die Wasserwacht habe dazumal zwar ein Rettungsboot, aber keinen Motor dafür gehabt. Der konnte schließlich mit vom Gericht zugewiesenem Geld gekauft werden. „Kennt man die Arbeit eines solchen Vereins, kann man demjenigen, der die Auflage zahlen muss, auch besser verständlich machen, worin der Zweck besteht“, so der Döbelner Amtsgerichtsdirektor.

Die Auswahl der Geldempfänger kann tat- oder täterbezogen, aber auch opferbezogen erfolgen. Lutz Kermes nennt dafür Beispiele: „Bei einem Verkehrsdelikt liegt es nahe, dass das Geld etwa an die Verkehrswacht geht. Geschieht eine Tat, weil der Angeklagte alkoholsüchtig ist, können Vereine, die in der Suchthilfe tätig sind, wie das Blaue Kreuz Mittweida Empfänger sein. Sind Kinder involviert, kommt beispielsweise der Kinderschutzbund infrage“, so der Richter.

Bevorzugt würden Empfänger benannt, die bereit sind, sich um Jugendliche und Erwachsene zu kümmern, die Arbeitsstunden leisten müssen. Solche „Strafarbeiter“, wie sie Marlies Przybilla nennt, sind regelmäßig im Tierheim Am Wiesengrund eingesetzt. „Das ist sicher ein Grund dafür, weshalb uns das Amtsgericht so gut unterstützt“, sagt sie.


Bußgeld 2017

Diesen Vereinen hat das Amtsgericht Döbeln 2017 unter anderem Bußgeld zugewiesen (in Klammern: tatsächlich erhaltenes Geld):

- Diakonie Döbeln: 9 000 Euro (6 800)

- Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung: 4 030 Euro (4 030)

- Verein der Freunde und Förderer der Musikschule: 500 Euro (500)

- Frauenzentrum Regenbogen: 200 Euro (200)

Quelle: Oberlandesgericht Dresden

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