„Straftaten verjähren nicht durch Verschiebung“

Region Döbeln. Ausgefallene Verhandlungen, eingeschränkter Betrieb, Verhandlungsstau – die Corona-Krise trifft auch das Amtsgericht Döbeln. Sächsische.de sprach mit Direktor Lutz Kermes auch darüber, welche Folgen die aktuelle Situation für Verfahren und die Angeklagten hat.
Herr Kermes, ist am Amtsgericht Döbeln inzwischen wieder der Normalzustand erreicht worden?
Nein. Derzeit arbeitet das Amtsgericht Döbeln im eingeschränkten Regelbetrieb; das heißt, dass selbstverständlich alle gesetzlich zugewiesenen Aufgaben erledigt werden, aber es wegen verschiedener Einschränkungen zu Verzögerungen kommen kann. Wir bemühen uns, diese möglichst gering zu halten.
Welche Einschränkungen bestehen derzeit noch für die Besucher, aber auch für die Teilnehmer an Verhandlungen?
Es bestehen noch Einschränkungen bei den Öffnungszeiten und generell bei den Möglichkeiten, das Amtsgericht zu betreten. Auch die Bediensteten müssen den Mindestabstand von 1,5 Meter überall einhalten. Das führt dazu, das die meisten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Einzelzimmern arbeiten und möglichst oft auch Heimarbeit machen sollten, um das Ansteckungsrisiko zu verringern. Auch die Teilnahme an Verhandlungen ist deutlich eingeschränkt. Dies gilt vor allem für die Zuschauer.
Ist die Zahl der Zuschauer einer Verhandlung am Amtsgericht begrenzt worden? Wenn ja, wie viele Personen dürfen aktuell an den Verhandlungen teilnehmen? Wie wird gegebenenfalls entschieden, wer der Verhandlung beiwohnen darf und wer nicht?
Auch die Zuschauer müssen im Sitzungssaal den Mindestabstand einhalten. Deshalb können nur wesentlich weniger Zuschauerplätze angeboten werden. Eine absolute Obergrenze gibt es an sich nicht. Nur für einen Sitzungssaal hat die Gerichtsleitung eine Obergrenze festgelegt, weil hier mehr als fünf Personen den Mindestabstand in keinem Fall einhalten können.
Im Übrigen richtet sich die Zahl der Besucher immer nach der jeweiligen Situation. Wenn mehrere Angeklagte und zusätzlich Verteidiger auftreten, kann sich die zugelassene Zahl der Besucher weiter verringern. Allerdings müssen wegen des Öffentlichkeitsgrundsatzes immer Zuschauer erlaubt sein. Grundsätzlich gilt das Prinzip: „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst!“ Vor allem bei medial interessanten Verfahren kann im Ausnahmefall auch anders verfahren werden.
Werden inzwischen wieder alle Verhandlungen durchgeführt, oder gibt es noch Bereiche, in denen derzeit keine Verhandlungen durchgeführt werden?
Alle Verfahren, bei denen mündliche Verhandlungen vorgesehen sind, können grundsätzlich stattfinden. Ob eine Hauptverhandlung angesetzt wird, entscheidet der oder die zuständige Richter oder Richterin im Rahmen seiner oder ihrer richterlichen Unabhängigkeit.
Kommt es aktuell häufiger vor, dass Angeklagte krankheitsbedingt nicht zur Verhandlung erscheinen?
Grundsätzlich schwankt die Zahl der krankheitsbedingten Ausfälle immer. Eine signifikante Änderung konnte bisher nicht festgestellt werden.
Aufgrund des Notbetriebes sind einige Verhandlungen ausgefallen. Auch aktuell finden nicht alle angesetzten Verhandlungen statt. Wie groß ist der Verhandlungsstau inzwischen?
Zur Klarstellung: Es fand zu keinem Zeitpunkt ein Notbetrieb statt! Im Notbetrieb werden nur unaufschiebbare, zwingend erforderliche Geschäfte erledigt; während alle anderen Aufgaben gar nicht erledigt und auf später verschoben werden. Beim Amtsgericht Döbeln wurden aber zu jedem Zeitpunkt alle Geschäfte erledigt, aber eben im eingeschränkten Betrieb.
Wie wird es gelingen, die Verhandlungen abzuarbeiten?
Das muss gelingen und das wird es auch.
Welche Konsequenzen hat die Verschiebung von Verhandlungen? Ist es beispielsweise denkbar, dass Taten auch verjähren oder eine Strafmilderung dadurch möglich wird?
Es ist nahezu ausgeschlossen, dass Straftaten wegen der Verschiebung von Verhandlungen verjähren könnten. Die Verjährungsfristen sind sehr lang und können durch eine Vielzahl von Handlungen gehemmt oder unterbrochen werden. Über eine Strafmilderung entscheidet der oder die jeweilig zuständig(e) Richter oder Richterin im Rahmen der Gesetze.
Während der Krise nutzen viele Arbeitnehmer digitale Medien, um auch von zu Hause aus ihrer Arbeit nachgehen zu können. Wird auch am Amtsgericht Döbeln schon mit digitalen Akten gearbeitet? Wenn nein, wann soll dies soweit sein?
Während der Krise wurden vonseiten der übergeordneten Behörden sehr zügig elektronische Zugänge geschaffen und genehmigt, um eine Heimarbeit zu ermöglichen.
Auch ich habe diese Möglichkeit mit ihren Stärken und Schwächen kennen und schätzen gelernt. Das Grundbuch arbeitet schon seit langem mit der elektronischen Akte. Die Einführung der elektronischen Akte ist wie bisher geplant. Sie wird sicher weiter so zügig wie möglich umgesetzt werden.
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