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Verliert Dippoldiswalde Hochwassergelder?

Die Stadt muss enorm Gas geben, um die Fristen einzuhalten. Der Oberbürgermeister bekommt eine Sondervollmacht.

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Von Franz Herz

Dippoldiswalde und Schmiedeberg sind die beiden Kommunen, die 2013 im Landkreis mit am schwersten vom Hochwasser betroffen waren. Das Ausmaß der Schäden in der inzwischen vereinigten Stadt Dipps ist vergleichbar dem in der Kreisstadt Pirna, informierte Heiko Weigel, Beigeordneter für Natur und Umwelt im Landratsamt, den Dippser Stadtrat. Er hielt dort eine Rede, um die Dippser zu überzeugen, dass sie beim Wiederaufbau ungewöhnliche Wege gehen müssen, weil sie es sonst nicht mehr schaffen.

Weigel formulierte freundlich, aber seine Ansage war deutlich: Dippoldiswalde steht in der Gefahr, Hochwassergelder zu verlieren. Die Stadt hat bisher nur einen kleinen Teil der notwendigen Förderanträge auf die Reihe gebracht. 156 Maßnahmen stehen auf der Dippser Liste und 23 davon sind bisher beantragt. Doch dafür laufen die Fristen ab. Ende Juni 2015 müssen alle Anträge auf Förderung vorliegen. Dabei geht es der Stadt noch besser als Privatpersonen, Unternehmen und Vereinen. Die haben allerhöchste Eile. Ihre Anträge müssen bis zum 31. Dezember abgegeben sein.

Aber auch für die Stadt drängt die Zeit. Die Förderung gibt es nicht auf Zuruf, sondern in jedem Einzelfall muss die Stadt die Planung eines Fachbüros vorlegen. Dafür müssen Aufträge vergeben werden. Im vergangenen Vierteljahr waren weder der Technische Ausschuss, der für alle derartigen Aufträge ab 20 000 Euro Kosten zuständig ist, noch der Stadtrat, der ab 200 000 Euro Kosten zuständig ist, damit befasst. Es sind in Dipps also in dieser Zeit keine größeren Planungsaufträge rausgegangen. So hat sich ein riesiger Nachholbedarf angestaut. In vergleichbaren Sitzungen der Stadt Pirna wurde regelmäßig eine zweistellige Zahl derartiger Beschlüsse gefasst, wie ein Beobachter mitteilt. – Dazu kommt noch ein anderes Problem, das Dippoldiswalde mit seiner ländlichen Struktur besonders trifft. Für Straßen, Brücken oder Bäche außerhalb der geschlossenen Orte sind die Zeiten noch knapper gesetzt. Hier müssen die Gelder nicht nur schnell beantragt werden, sondern bis Ende 2015 verbaut sein. In Dippoldiswalde geht es allein dabei um rund neun Millionen Euro, informierte Holm Kadler, den die Stadt als Projektsteuerer für ihre Hochwasserarbeiten eingesetzt hat.

Um jetzt Gas zu geben, hat sich der Stadtrat sozusagen selbst entmachtet. Er überträgt einstimmig seine Zuständigkeit für die Planung der Hochwasserarbeiten bis hin zum Baubeschluss an den Oberbürgermeister und die Stadtverwaltung. Erst wenn Aufträge schon ausgeschrieben sind und vergeben werden, ist der Stadtrat wieder gefragt oder bei kleineren Vorhaben der Technische Ausschuss. Diese Regelung hat einen Vorteil. Der Oberbürgermeister kann jeden Tag Aufträge auslösen. So reagiert er schneller als die Ratsgremien, die einmal im Monat tagen. Von jetzt an hat Oberbürgermeister Jens Peter (Freie Wähler) aber den Auftrag, in jeder Ratssitzung über den aktuellen Stand der Hochwasserarbeiten zu informieren. So weiß der Rat wenigstens, was passiert, wenn er die Entscheidungen schon nicht selbst trifft.

Es ist nicht der erste derartige Beschluss, den der Stadtrat Dipps gefasst hat. Im Februar letzten Jahres und im Juli hat er ebenfalls den früheren Oberbürgermeister Ralf Kerndt mit Sondervollmachten ausgestattet für den Wiederaufbau nach dem Hochwasser. Doch das hat nicht gereicht.

Insgesamt geht es beim Wiederaufbau in Dippoldiswalde um Summen von rund 29 Millionen Euro. Diese Gelder werden komplett aus einem gemeinsamen Fonds von Bund und Ländern gefördert. Jeder Euro, den Dippoldiswalde hier nicht rechtzeitig abholt, ist verloren.