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Völlig fußballverrückt

André Lux ist für den FV Gröditz unverzichtbar. Dabei ist er selbst gar kein Kicker.

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Von Eric Weser

Diese Mischung aus Verwunderung und Ungläubigkeit darüber begegnet André Lux offenbar nicht zum ersten Mal. Sonst hätte er wohl nicht sofort diesen Vergleich parat. „Es gibt diesen Boxtrainer namens Alcides Sagarra, der unheimlich viele erfolgreiche Boxer ausgebildet hat. Er selbst hat aber nie geboxt“, sagt der Gröditzer. Will heißen: Man muss eine Sportart nicht selbst betreiben, um vernarrt darin zu sein. Und das ist André Lux, wenn es um Fußball geht, ohne Frage. „Positiv verrückt“ nennt das der 40-Jährige, dessen Herz vor allem für einen Verein schlägt: den FV Gröditz 1911.

Die innige Verbindung zwischen Lux und seinem Verein dauert inzwischen knapp 20 Jahre an. Am Anfang stand ein Rasenmäher. „Der Platzmäher war kaputt und ein FV-Trainer brachte den damals zu mir.“ André Lux lernt damals, Mitte der 1990er Jahre, im Autohaus. Der versierte Mechaniker setzte das kaputte Gerät wieder in Gang.

Hochzeit sausen gelassen

Zu dieser Zeit liegt der Gröditzer Fußball am Boden. Vor der Wende spielte der FV noch in der zweiten DDR-Liga. Auch der junge André Lux hat Ende der 1980er viele Kicker-Kumpels im Bekanntenkreis, ist Zuschauer bei dem einen oder anderen Spiel. Nach dem gesellschaftlichen Umbruch ist nichts mehr wie zuvor. „Viele Spieler sind nach der Wende weggegangen. In zwei aufeinanderfolgenden Spielserien haben wir damals nur ein Mal gewonnen. Das war die mieseste Zeit“, erinnert sich André Lux.

Als er 1995 den Platzmäher repariert, ist das Jammertal durchschritten. Langsam geht es mit dem geschundenen Gröditzer Fußball wieder bergauf. Auch, weil sich Menschen wie André Lux finden und sich für ihren Verein ins Zeug legen. „Es wurde ein Mannschaftsleiter gesucht, da habe ich das eben gemacht, Kofferträger-Karriere halt“, scherzt Lux.

Doch für André Lux bleibt es nicht beim reinen Organisieren hinter den Kulissen. Er muss mit ran. „Ab 1996 wurde die zweite Mannschaft aufgebaut und anfangs gab es nicht immer genug Spieler.“ So kam der bis dahin nur als Freizeitkicker in Erscheinung getretene André Lux zu seinen ersten und einzigen drei Einsätzen als Fußballspieler. Er muss grinsen, als er daran zurückdenkt. „Beim Spiel gegen Pulsen musste ich ins Tor, wir haben das Ding damals 13:1 gewonnen. Der eine rutschte mir eben durch.“ Um das kleine Missgeschick wiedergutzumachen, spendiert der Ersatzkeeper seinem Team einen Kasten Bier.

Nach diesem kurzen Abstecher ins Spielgeschehen zieht sich André Lux vom Rasen zurück. Aktiv ist er dennoch: Neben der Organisation des Spielbetriebs mischt er im Vereinsvorstand mit. Und auch bei der Gröditzer Feuerwehr ist er dabei.

„Ich war damals ungebunden, hatte Zeit“, sagt der inzwischen liierte Gröditzer über diese Phase. In seine Ehrenämter steckt der 1974 in Freital geborene und als Kleinkind nach Gröditz umgesiedelte Lux so viel Zeit, dass der damalige FV-Präsident Andreas Schurig ihm gar eine Kur anbietet, damit er sich erholen kann. „Von dem Angebot musste ich zum Glück nie Gebrauch machen“, sagt André Lux und lacht.

Auch Freunde und Familie müssen bei dem Fußballverrückten bisweilen hinten anstehen. „Ich glaube, mein bester Freund nimmt mir bis heute übel, dass ich bei seiner Hochzeit zwischendurch gegangen bin, um ein Spiel zu sehen.“

All das ist Jahre her. Aus dem Vorstand hat sich Lux zurückgezogen, ebenso aus der Feuerwehr. Aber noch immer verbringt er viel Zeit im Stadion Am Eichenhain.

Schwierige Entscheidung

Am Wochenende wässert er dort den Rasen. Derzeit werden Leitungen für die neue Flutlichtanlage am Reitplatz verlegt und – natürlich – ist auch André Lux beim Schachten dabei. Es gibt immer was zu tun beim FV, auch und gerade jetzt, in der Saisonvorbereitung. Es geht schon mal die Mittagspause im Autohaus drauf, um im Vereinsdomizil vorbeizuschauen.

So wichtig der Fußball ist – es gibt auch noch andere faszinierende Dinge im Leben. Andere Länder zum Beispiel. Für die raue, von Fjorden durchschnittene Landschaft Norwegens hat André Lux etwas übrig. Mehrmals war der Gröditzer schon dort, so gut gefällt ihm das skandinavische Land. „Ich mache dort Dinge, die ich hier zu Hause nicht tue. Angeln zum Beispiel.“

Einen dicken Fang hat André Lux auch am 25. Mai dieses Jahres gemacht. Mehr als 500 Gröditzer Wähler gaben ihm als Spitzenkandidat der Bürgervereinigung bei der Kommunalwahl ihre Stimme. Bald beginnt Lux’ dritte Amtsperiode im Stadtrat. Es ist ein weiteres Ehrenamt. Aber eines, das André Lux nicht aufgeben möchte. Gröditz ist seine Stadt, hier will er was bewegen. Natürlich auch für den Sport, für den Fußball.

Der bereitet dem Rockmusik-Fan André Lux derzeit ein wenig Sorgen. Denn am 30. August hat die erste Mannschaft des FV Gröditz ihr zweites Saisonspiel in der Bezirksliga. „Wir haben zehn Jahre warten müssen, bis wir wieder gegen die Lommatzscher die Klingen kreuzen können“, sagt André Lux. Und nun hat der Sohn seiner Freundin ausgerechnet am gleichen Tag seinen Schulanfang. Ob sich wiederholt, was einst am Hochzeitstag seines besten Freundes passierte? André Lux lacht. „Mal sehen.“ Positiv fußballverrückt eben.