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Volle Fahrt voraus!

Die Lok der Eisenbahnfreunde aus Löbau fährt wieder. Mit viel Herzblut ist sie repariert worden – und mit Hilfe eines spendierfreudigen Schweden.

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© Matthias Weber

Von Marcus Scholz

Mit einem Lächeln im Gesicht haben die Ostsächsischen Eisenbahnfreunde am Freitagnachmittag ihre reparierte Diesellok eingeweiht. Osef-Mitglied Maximilian Schöne attestierte der 1971 erbauten V-100-Lok einen gesunden und kräftigen Klang. Den können die Eisenbahnfreunde nun für die nächsten sechs Jahre bei ihren Ausfahrten genießen. So lange gilt die neue Betriebserlaubnis. Vorausgesetzt, die 45 Jahre alte Lokomotive geht nicht wieder kaputt.

Rückblick: Es war am Nikolaustag vor fast genau zwei Jahren, als den Bahnliebhabern das Blut in den Adern gefror. Nicht etwa wegen der Kälte draußen, sondern weil das Getriebe der Lokomotive bei einer Sonderfahrt den Geist aufgab. Das war der Beginn einer langen Odyssee. Mit viel Herzblut, Schweiß und Geduld haben es die Eisenbahnfreunde aber geschafft, den 64 Tonnen schweren Koloss wieder in Gang zu kriegen. Zahlreiche Rückschläge haben die Osef-Mitglieder dabei nicht aus den Schienen werfen können.

Alfred Simm, Chef der Ostsächsischen Eisenbahnfreunde, kann sich noch an jedes Detail der ereignisreichen Lokreparatur erinnern. Insgesamt hat es drei Anläufe gebraucht, um ein passendes Getriebe für die V 100 zu finden. „Zuerst haben wir von der Preßnitztalbahn ein neues Getriebe bekommen“, sagt Simm. Das haben die Eisenbahnfreunde gegen Schrott eingetauscht und es danach bei der ITL-Eisenbahngesellschaft in Dresden aufarbeiten lassen. Und dann kam der Schock. „Es wurde festgestellt, dass das Getriebe gar nicht zur Lok passt“, so der Osef-Chef. Also musste die Suche wieder von Neuem beginnen, ein Käufer für das falsche und gleichzeitig ein neues, passendes Getriebe gefunden werden. Als es so weit war, dann der nächste Dämpfer. Auch der zweite Versuch schlug fehl. Nur durch Zufall seien die Eisenbahnfreunde schließlich bei der dritten Getriebesuche fündig geworden. Grund zur Sorge gab es dennoch wieder: „Bei einer Untersuchung wurde festgestellt, dass auch der Motor der Lok kaputt ist“, sagt Simm. Bei ITL in Dresden haben einige Osef-Mitglieder die Reparatur des Antriebs dann selbst in die Hand genommen. Das hat gedauert. Über 1 000 Arbeitsstunden sind in die Lok geflossen. „Ich hatte schon Angst, dass einige ihre Heimatadresse ändern müssen“, so Alfred Simm.

Die Arbeit hat sich aber allemal gelohnt. Am 1. November hat die V 100 ihre Betriebserlaubnis vom Eisenbahnbundesamt bekommen und kann fortan wieder über die Gleise rund um Löbau rattern. Um das überhaupt möglich zu machen, haben die Bahnfreunde aber nicht nur kräftig anpacken, sondern auch fleißig Spenden sammeln müssen. Ohne die wäre die Instandsetzung der Lokomotive nämlich gar nicht möglich gewesen. Allein 20 000 Euro hat die Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien gestiftet. Weitere rund 22 000 Euro stammen von Spendern aus ganz Europa. Darunter ist auch ein Mann aus Schweden, der den Eisenbahnfreunden einfach mal so 1 000 Euro überwiesen, mit dem Verein aber eigentlich gar nichts zu tun hat. Deswegen ist Osef-Chef Simm der Schwedenspende genauer auf den Grund gegangen. „Ich habe per E-Mail Kontakt mit dem Mann aufgenommen und mich persönlich bedankt“, sagt er. Dabei ist eine lustige Geschichte ans Tageslicht gekommen. „Der Schwede lernt gerade Deutsch und interessiert sich gleichzeitig für Eisenbahnen“, sagt Simm. Und um die Sprache schneller zu lernen, lese er sich deutsche Bahnseiten im Internet durch und sei dabei auf die Eisenbahnfreunde gestoßen.

Die bisherige Spendensumme ist im Hinblick auf die Gesamtrechnung aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Alfred Simm geht davon aus, dass die Lokreparatur insgesamt um die 200 000 Euro kosten wird. Über weitere Menschen mit großen Spendierhosen würden sich die Osef-Mitglieder deswegen freuen. Die Stimmung lassen sie sich ob der hohen Reparaturrechnung aber nicht verhageln. Nach zwei Jahren Abstinenz gilt es schließlich, die Ankunft der V 100 gebührend zu feiern. Allerdings nicht mit einer klassischen Sekttaufe. Denn die Zugmaschine ist frisch lackiert worden. „Als sie bei uns angekommen ist, sah sie vollkommen verwahrlost aus“, sagt Alfred Simm. Das sei aber auch logisch – immerhin sei sie nicht auf Kur, sondern zur Reparatur gewesen, so der Osef-Chef.