SZ +
Merken

Von NY bis Singapore

Das Konrad-Wachsmann-Haus wird mit Leben gefüllt. Dabei helfen die Wanderausstellung Topomomo und Schüler.

Teilen
Folgen
NEU!
© André Schulze

Von Carla Mattern

Drei Seiten in einem nicht einmal 180 Seiten starken Büchlein bescheren Niesky zurzeit ungewöhnlich viele und ungewöhnlich interessierte Besucher. Topographie der Bauten der Moderne heißt das Buch. Es ist ein Reiselesebuch der Wanderausstellung mit dem ungewöhnlichen Namen Topomomo. Ab Seite 50 geht es darin um das Konrad-Wachsmann-Haus.

Das als Direktorenhaus entworfene und gebaute Haus heißt heute nach dem bekannten Architekten Konrad Wachsmann. Der hatte es in der kurzen Zeit, die er in Niesky arbeitete, für das Unternehmen Christoph & Unmack erdacht. Dass die Stadt Niesky das Haus 1927 erbaute Haus vor dem Verfall rettete und jetzt dafür sorgt, dass es als Denkmal des modernen industriellen Holzhausbaus gezeigt wird, darüber erfahren die Leser des Buches.

Mit der Villa Schminke in Löbau, dem Geowerk Oppach, dem Museum Bautzen, dem Kugelhaus in Cölln, der Pfarrkirche St. Simon und Juda in Crostwitz, dem Haus Kindt in Weißwasser und der katholischen Pfarrkirche St. Josef in Niesky werden Interessierte auf eine Architekturrundreise durch den Norden der Oberlausitz geschickt. „Besonders das Reiselesebuch des Projektes Topomomo brachte uns viele Besucher aus Berlin, Dresden, Weimar und anderen Städten“, sagt Claudia Wieltsch, Mitarbeiterin beim Museum Niesky und für das Wachsmannhaus zuständig.

Warum die Wanderausstellung, die nach Löbau und Liberec jetzt noch bis Mitte September in Niesky gezeigt wird, diesen ungewöhnlichen Namen trägt, das erklärt Architektin Claudia Muntschick: „Es gibt eine weltweite Organisation, die sich darum kümmert, Bauten der Moderne zu dokumentieren, zu bewahren und zu sanieren. 16 Nationen arbeiten darin mit und Orte wie New York, Niesky, Singapore, Löbau und Breslau beispielsweise spielen eine Rolle. Die Kommunikation läuft in englischer Sprache.“ Deshalb habe die Ausstellung auch die Abkürzung Topomomo, was für Topography of the modern Movement steht und gleichzeitig auch das weltweit genutzte und bekannte Label für Bauten der Moderne ist.

Mehr als 70 Bauwerke in der Grenzregion von Sachsen, Tschechien und Polen sind jetzt vereint in der gleichnamigen Ausstellung. Neben der Nordtour werden Interessierte auch entlang der Neiße zu Bauwerken in Görlitz, Zittau und Olbersdorf geschickt, Großstadtträume in Liberec heißt eine weitere Route, es werden Gebäude in der Stadt der Glasmacher Jablonec und im Böhmischen Paradies vorgestellt.

Dass Nieskys Wachsmannhaus dazugehört, macht das Gebäude und die Stadt sicherlich bekannter, nicht nur bei Kulturtouristen. Da passt es auch, dass Sachsens Wirtschaftsminister Sven Morlok persönlich Niesky als Ort auf der Route der sächsischen Industriekultur auszeichnete (SZ berichtete). Niesky habe sich als Stadt moderner Holzbauproduktion einen Namen gemacht, so Oberbürgermeister Wolfgang Rückert. Dass das in Dresden bereits angekommen ist, zeigt Nieskys Aufnahme in die Industriekulturroute. Da sei für Niesky eine große Ehre, so Claudia Wieltsch. Sie bestätigt, dass sich die Stadt um die Plakette beworben hat und seit langem in Kontakt mit den verantwortlichen Einrichtungen steht. „Darüber hinaus arbeite ich seit längerem an dem Werksiedlungen-Projekt mit. Ziel dieses Projektes ist eine Publikation über Werksiedlungen in Sachsen, in der auch die Nieskyer Siedlungen thematisiert werden. Zwar bekommen wir die Plakette für das Wachsmannhaus, allerdings steht dieses ja nicht allein im Stadtgebiet von Niesky, sondern sollte stets im Kontext der vier Holzhaussiedlungen betrachtet werden. Diese fast 100 Holzhäuser zeugen von der Innovation und den neuen Entwicklungen, die der Holzbau in den 1920er Jahren mit sich brachte. Als wichtige Zeugnisse präsentieren sie die Bedeutung Christoph & Unmacks als die größte Holzbaufirma Europas und die Rolle Nieskys als ehemals wichtiger Wirtschaftsstandort“, so die Museumsmitarbeiterin. Ziel sei es auch, die Stadt Niesky wieder für den aktuellen Holzhausbau interessant zu machen.

Die Route fasst 51 Zeugen des Industriezeitalters zusammen, die auch international touristisch beworben werden. Damit soll die Position Sachsens als deutschlandweite Nummer eins des Kulturtourismus weiter gestärkt werden. „Die Tourismusmarketinggesellschaft Sachsen hat die 51 Objekte sehr sorgfältig ausgewählt, damit die gegenüber den Gästen gemachten Versprechen eingehalten werden können“, sagt der Minister bei seinem Besuch in Niesky. Eines der Versprechen heißt auch, dass die Denkmale offen stehen für Besucher. Das ist im Wachsmannhaus gegeben.

Montags bis donnerstags von 10 bis 15 Uhr kann man an der Tür klingeln und bekommt Einlass, auch zu anderen Zeiten, wenn sich vorher anmeldet.