SZ + Hoyerswerda
Merken

Vor 100 Jahren entstand das erste Brikett 

Heute ist für Laubusch und Grube Erika ein denkwürdiger Tag. Manfred Koch wirft einen Blick in die Geschichte.

 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Manfred Koch, der langjährige Vorsitzende des Heimatvereins Laubusch, zeigt das erste in Grube Erika gepresste Brikett. Es wird im Heimatmuseum Laubusch aufbewahrt.
Manfred Koch, der langjährige Vorsitzende des Heimatvereins Laubusch, zeigt das erste in Grube Erika gepresste Brikett. Es wird im Heimatmuseum Laubusch aufbewahrt. © Foto: Ralf Grunert

Von Manfred Koch

Laubusch. In der Nähe des ehemaligen sorbischen Dorfes Laubusch (Lubuš) wurden 1909 günstige Braunkohlenlagerstätten gefunden. 1913 erhielt die entstehende Braunkohlengrube den Namen „Erika“. Durch den Ausbruch des 1. Weltkrieges kamen die Aufschlussarbeiten nicht richtig voran. Das preußische Kriegsministerium plante den Aufbau eines kriegswichtigen Aluminiumwerkes. In der Lausitzer Heide fand man in der Nachbarschaft der Grube Erika den richtigen Platz. Es entstand das Lautawerk und damit erfolgte der beschleunigte Aufschluss der Grube Erika mit der Brikettfabrik. Vom Kriegsdienst freigestellte Arbeitskräfte, freiwillige Griechen, Kriegs- und Strafgefangene kamen beim Aufbau der Bergarbeitergemeinde und des Braunkohlenwerkes Erika zum Einsatz.

Das erste Aluminium „abgestochen“

Neben dem Tagebauaufschluss zwischen den Dörfern Laubusch und Nardt entstanden 1917/18 alle notwendigen Anlagen und Gebäude, die zur Brikettfabrik gehören. Erster Betriebsdirektor war Gustav Weiland, erster Tagebaubetriebsleiter Heinrich Hudewentz. Gleichzeitig mussten bleibende und vorübergehende Wohnmöglichkeiten errichtet werden.

Am 11. März 1918 brachte der erste Kohlezug die für die Stromerzeugung notwendige Braunkohle aus dem Tagebau über die „schwarze Brücke“ in den Bunker der Brikettfabrik. Über die „weiße Brücke“ erfolgte am 14. Oktober 1918 die Belieferung des Lautawerks. So konnte in diesem bereits am 21. Oktober 1918 das erste Aluminium „abgestochen“ werden. Diese gewaltige Leistung der Laubuscher und Lautawerker Berg- und Energiearbeiter sollte nie in Vergessenheit geraten.

Arbeit für viele junge Familien

Im 1. Halbjahr 1919 wurden das Pressen- und Kühlhaus sowie die Verladung fertiggestellt. Vor 100 Jahren, am 10. September 1919, begann die Brikettproduktion. Damit war der vorläufige Aufbau der Grube Erika beendet. Sie war nun ein Teil der 1888 gegründeten Ilse-Bergbau-Aktiengesellschaft. Das neue Braunkohlenwerk gab vielen jungen Familien Arbeit, Wohnung und Brot in einer schwierigen Zeit nach dem Ende des 1. Weltkrieges. Die Namensgeberin Erika war eine Enkeltochter des Gründers der Ilse, Hugo Kunheim.

Anzahl der Pressen verdreifacht

Nachdem am 10. September 1919 mit der Brikettierung begonnen worden war, konnte die Fabrik I mit zehn Pressen im Folgejahr fertiggestellt werden. Die Erweiterung erfolgte mit der Fabrik II. Jetzt produzierten 30 Pressen 838 422 Tonnen Briketts pro Jahr. Eine Leistungssteigerung erbrachten die Abraumförderbrücke 1928 im Tagebau Erika (Laubusch) und der Neuaufschluss des Tagebaus Scado.

Im Verlauf des 2. Weltkrieges gab es erhebliche Arbeitskräfteprobleme, die man durch den Einsatz von Frauen, Kriegsgefangenen und die Einführung des Zweischichtsystems (12 Stunden je Schicht) zu kompensieren versuchte. Am 20. April 1945 war der Krieg im Raum Laubusch zu Ende. Die neue Förderbrücke im Tagebau Scado hatte wenige Tage zuvor die erste Probefahrt bestanden. Es ist der Verdienst vom Meister Stolpe, dass das Kraftwerk bald wieder in Betrieb ging. Noch in den letzten Apriltagen 1945 konnten das Kraftwerk Lauta und die Brikettfabrik Erika wieder mit Rohkohle versorgt werden.

Leider gehörte das Werk zu den Betrieben, die Reparationsleistungen an die Sowjetunion zu erbringen hatten. So begann im Sommer 1945 die Demontage der Fabrik und verschiedener Tagebaugeräte, wie auch der neuen Abraumförderbrücke im Tagebau Scado. Als Betriebsleiter fungierte damals der Ingenieur August Janat. Er war der russischen Sprache mächtig. Major Patschew war der sowjetische Kommandant.

Mühseliger Aufbau aus Altanlagen

Durch den Volksentscheid 1946 entstand aus der Grube Erika ein Volkseigener Betrieb (VEB). Parallel zur Demontage erfolgte der mühselige Aufbau aus Altanlagen verschiedener Kohlebetriebe. So konnten am 15. Dezember 1948 die ersten Briketts nach dem 2. Weltkrieg hergestellt werden. Als Werksleiter fungierte Wilfried Kopetschke. Nachdem 1949 der Name „Erika“ abgelegt wurde, erhielt das Werk den Namen „Jonny Scheer“, später „John Schehr“.

4 500 Tonnen Tagesproduktion

Unter der Leitung von Heinz Reger bekam die Brikettfabrik eine neue Ausrüstung mit 28 Pressen. Die Tagesproduktion erreichte 4 500 Tonnen Briketts. Hinzu kamen ein neues Kesselhaus, Kühlhaus und drei Turbinen. Im alten Tagebau erhielt die Förderbrücke 1951 einen zweiten Bagger. Der Tagebau Scado bekam zwei Förderbrücken, die auf einer Strosse arbeiteten. Dafür mussten Großpartwitz und Scado 1970 dem Tagebau weichen. Der alte Tagebau Laubusch stellte 1962 die Kohleförderung ein, er hatte seinen Dienst ab 1918 getan.

Nach dem Auslaufen der Tagebaue Scado und Bluno wurde die Brikettfabrik aus den Neuaufschlüssen Bärwalde und Nochten versorgt. Sie gehörte bis zur Wende 1989/1990 zu den leistungsstärksten Brikettfabriken der Lausitz.

Vorzeitiger Stillstand der Fabrik

Ein Brand am 27. November 1993 sorgte für den vorzeitigen Stillstand der Fabrik. 1994 begann die endgültige Demontage. Am 6. Dezember 1996 erfolgte die Sprengung der Schornsteine. Ein neues Heizwerk versorgte jetzt Laubusch.

Übrig geblieben ist das denkmalgeschützte Verwaltungsgebäude. Die früheren Tagebaue im Raum Laubusch, Geierswalde, Partwitz sind Teil des Lausitzer Seenlandes geworden. Aus dem ehemaligen Tagebau Erika-Laubusch entstanden drei Gewässer, der Erika-See, der Kortitzmühler See und der Lugteich.

Der Laubuscher Heimatverein möchte mit dem Heimatmuseum die Geschichte des Bergbaus, besonders der Grube Erika und seiner Gemeinde Laubusch, darstellen und wachhalten. Es soll nicht zuletzt auch an die 62 tödlich verunglückten Bergleute erinnert werden.

Unser Autor Manfred Koch war viele Jahre lang der Vorsitzende des Heimatvereins Laubusch.