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Vorgestellt: die Benatellis

Sein Vater war Profi beim VfL Bochum, seine Schwester ist als Polizistin im Stadion. Dynamos Neuzugang Rico Benatelli freut sich auf die neue Saison und ein baldiges Treffen der Vollblut-Fußballfamilie.

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Von Sven Geisler

Auf engstem Raum zu spielen, hat schon der kleine Rico gelernt. Bei den Benatellis flog der Ball sogar durch die gute Stube, im Garten hinter dem Haus tragen sie immer noch im Sommer ein Turnier mit Zweier-Teams aus. „Dann sind auch viele Freunde und Spieler aus früheren Mannschaften dabei“, erklärt er. Papa Frank gehörte einst zu den Unabsteigbaren vom VfL Bochum, 192-mal spielte er in der Bundesliga. Doch nicht nur der Sohn eifert ihm nach, sondern auch die drei Jahre ältere Tochter Laura. Sie probierte zwar Basketball und Ballett, den größten Kick aber erlebte sie beim Fußball.

Entspannt lehnt Rico Benatelli an der Mauer am Hotel „Marc Aurel“ in Bad Gögging. Das Trainingslager hat Dynamos Mittelfeldspieler tatsächlich Spaß gemacht. „Wir arbeiten viel mit dem Ball, das liegt mir“, sagte der Neuzugang.
Entspannt lehnt Rico Benatelli an der Mauer am Hotel „Marc Aurel“ in Bad Gögging. Das Trainingslager hat Dynamos Mittelfeldspieler tatsächlich Spaß gemacht. „Wir arbeiten viel mit dem Ball, das liegt mir“, sagte der Neuzugang. © Robert Michael

Sie spielte bei Union Bergen in der Westfalenliga, ist inzwischen Mutter und hat ihre Laufbahn wegen ihres Schichtdienstes beendet. Trotzdem ist sie regelmäßig im Stadion im Einsatz: als Polizistin. Bisher hat sie immer freibekommen, wenn Rico mit seinen Vereinen in Bochum spielte, damit sie ihm auf der Tribüne die Daumen drücken konnte, doch der Bruder meint augenzwinkernd: „Da waren ja auch nicht so viele Fans mit wie bei Dynamo.“

Auch deshalb hat er nicht lange überlegt, als die Anfrage aus Dresden kam. Bereits Mitte März konnte die SGD mit Benatelli den ersten Neuzugang – oder wie es in der Pressemitteilung hieß: „den ersten Baustein“ – für die nächste Saison melden. Damals rutschte der Mittelfeldspieler mit den Würzburger Kickers in der zweiten Liga gerade in den Abstiegsstrudel. Ein verrückter Saisonverlauf: zur Winterpause noch mit 27 Punkten auf Platz sechs, am Ende mit 34 Zählern Vorletzter. „Wenn du in der Rückrunde kein Spiel mehr gewinnst, kann es passieren, dass du absteigst“, sagt Benatelli.

Erst haben sie oft unglücklich und durch späte Gegentore verloren, dann kamen sie nicht mehr raus aus dem negativen Trend; erst waren sie sich angesichts des komfortablen Polsters zu sicher, dann spielten sie unter Druck schlecht. „Das war bitter“, sagt Benatelli, aber diese Erfahrung belaste ihn nicht. Im Urlaub auf der griechischen Insel Mykonos und danach bei Mama auf Borkum in der Nordsee hatte er Zeit, das abzuhaken.

Jetzt will er in Dresden den nächsten Schritt gehen, und mit 25 wird es Zeit, den Status als Talent abzulegen. Benatelli war nach seiner Jugendzeit beim VfL Bochum ins Nachwuchsleistungszentrum von Borussia Dortmund gewechselt, gehörte beim BVB auch bereits zum Profi-Kader, spielte aber in der U23-Mannschaft. 2013 wechselte er nach Aue, spielte in zwei Jahren 52-mal in der zweiten Liga und ging nach dem Abstieg 2015 nach Würzburg.

Dass er bei Dynamo wegen seiner Zeit beim Erzrivalen im Erzgebirge einen schweren Stand haben könnte, fürchtet Benatelli nicht. „Bei den Testspielen waren ja auch schon immer mehr als tausend Fans da, und die wollten hinterher Autogramme und Fotos – auch von mir.“ Die Zeit in Aue sei schön gewesen, „aber an freien Tagen hat man schon mal Dresden besucht“, meint er und grinst. Die Kulisse ist für ihn tatsächlich ein wichtiges Argument. „Die Auswärtsspiele in Dresden waren für mich immer die schönsten, jetzt diese Fans im Rücken zu haben, ist etwas Besonderes.“

Ausschlaggebend war trotzdem der sportliche Aspekt. „Dynamo gehörte vorige Saison fußballerisch zu den besten Mannschaften in der zweiten Liga, dieser Stil kommt mir entgegen“, sagt Benatelli – und er fühlt sich schon in der Vorbereitung bestätigt: „Wir machen im Training viel mit dem Ball, was mir liegt und Spaß macht.“ Mit seinem Spielverständnis und seiner Übersicht ist er die ideale Besetzung fürs zentrale Mittelfeld im System von Uwe Neuhaus, und der Trainer ist sehr angetan: „Er passt wie die Faust aufs Auge.“

Benatelli will „immer wieder mit nach vorne stoßen“ und „das eine oder andere Tor machen“. Für Würzburg hat er vorige Saison fünfmal getroffen, für Aue in zwei Jahren je dreimal, darüber hinaus fiel er als Vorlagengeber auf. Inzwischen hat er sich an die neuen Mitspieler gewöhnt. „Der eine will den Ball in den Fuß, der andere lieber geschickt werden.“ An diesem Sonnabend, 16 Uhr, wird das Zusammenspiel bei der Generalprobe gegen den VfL Wolfsburg im DDV-Stadion auf die Probe gestellt.

Rico Benatelli, dessen Großvater Egidio in den 1950er-Jahren wegen der Arbeit aus Venedig in den Ruhrpott kam, will mit Dynamo „so viele Spiele wie möglich gewinnen“. Auf ein konkretes Saisonziel lässt er sich jedoch nicht festlegen, auch wenn er selbst die Bundesliga anstrebt. „Ich denke, dass ich das Potenzial dafür habe“, sagt er – und relativiert: „Es wäre zwar cool, mit Dynamo hochzugehen, aber zu früh, das offensiv als Ziel auszugeben.“ Sein Zweijahresvertrag gilt trotzdem schon mal für die obersten beiden Spielklassen.

Vater Frank ist überzeugt: „Von seiner Veranlagung, seiner Technik und Spielintelligenz hat er das Zeug für die erste Liga“, sagte er den Ruhrnachrichten. „Er ist niemand, der sofort heraussticht, aber er passt sich schnell höherem Niveau an.“ Natürlich hätte er es auch gerne gesehen, dass Rico im Trikot des VfL Bochum aufläuft. Das habe sich nun mal nicht ergeben, sagt Benatelli senior. Das Familientreffen in der Heimat gibt es trotzdem: Schon am vierten Spieltag kommt Dynamo ins Ruhrstadion.