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Vowalon zieht vom Leder

Der Beschichtungsspezialist in Treuen hat sich in der Nische eingerichtet. Eine spezielle Geschichte von Vater und Sohn.

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Von Lutz Hergert

In den Vater-Sohn-Comics des bekannten Plaueners Erich Ohser, alis e. o. plauen, läuft der Sohn an der Hand des Vaters, wenn beide die Untiefen des Cartoons durchschreiten. Bei Vater und Sohn Götz aus dem vogtländischen Treuen ist das anders. Gregor ist neben seinem Vater Friedmar gleichberechtigter Chef. Zusammen führen sie den Beschichtungsspezialisten Vowalon. Ein unschlagbares Team.

Zuerst hat der Sohn vom Vater gelernt. „Ich bin da reingewachsen. Vowalon hat schon immer zu unserer Familie gehört“, sagt der 36-Jährige. Der Seniorchef ist 63 Jahre alt und hat in dem früher als Wachstuchfabrik bekannten Werk von 1965 bis 1969 Kunstleder-Facharbeiter mit Abitur gelernt. Nach dem Studium zum Diplomingenieur für Maschinenbau hat sich Friedmar Götz in Treuen vom Haupttechnologen über den Vertriebsleiter bis zum Werkleiter (ab 1985) hochgearbeitet.

Gregor Götz hat sich schon früh für Vowalon entschieden. Als sein Vater das Werk zum 1. Juli 1992 mit Jutta Hölzel im Management-Buy-out privatisiert hat, war er 14 Jahre alt. „Mir wurde klar, dass eine andere Arbeit für mich nicht infrage kommt“, sagt der Sohn. Dabei hatte das Unternehmen mit der Privatisierung die Talsohle noch nicht durchschritten. „1994/95 standen wir auf der Kippe. Damals sind die Kreditausfall-Bürgschaften für Russland weggefallen, und unser Geschäft dorthin brach komplett weg“, erinnert sich der Vater. So schmerzhaft der wirtschaftliche Verlust war, brachte er für den Seniorchef eine wichtige Erkenntnis: „Wir haben gemerkt, auf wen man sich verlassen kann.“

Nach dem Ende seines Betriebswirtschaftsstudiums sprang Gregor Götz 2002 in Treuen ins kalte Wasser. Jutta Hölzel verließ das Werk, und der frisch gebackene Diplomkaufmann nahm ihren Platz ein. Zuerst stellte er den Arbeitsablauf für die zwei Jahre zuvor gekaufte Beschichtungsanlage auf Drei-Schicht-Betrieb um. Von 1992 bis zur 110-Jahr-Feier 2010 hat Vowalon etwa 32 Millionen Euro in Technik investiert.

Für den Sohn begann eine Zeit des Erfahrung Sammelns. „Ich habe gelernt, dass ich bei allem, was ich tue, mit den Menschen umgehen muss. Und dass es wichtig ist, nicht nur per E-Mail oder am Telefon mit den Leuten zu reden, sondern mit ihnen persönlich.“ Das war und ist für den Juniorchef ein wichtiger Aspekt der Mitarbeiterführung. Auch sein Vater lebt das: „Die Arbeit mit den Menschen ist das Allerwichtigste. Die Leute müssen motiviert werden. Das war schon immer so.“

Seit 1. Januar 2008 ist Gregor Götz gleichberechtigter Geschäftsführer – für den Vater Zeit, den Abschied langfristig vorzubereiten. Ihm ist nicht bange um das Unternehmen, denn mit seiner Tochter Mareen hat er einen weiteren Trumpf in der Hand. Die 31-Jährige wird derzeit als Geschäftsführerin aufgebaut und soll in zwei Jahren den Posten des Vaters übernehmen.

Dass die Familie auch in turbulenten Zeiten funktioniert hat, ist auch Verdienst von Mutter und Ehefrau Renate Götz. „Wenn Sie bei so einer Sache wie der Privatisierung Familienprobleme haben, können Sie es vergessen. Da ist man mit den Gedanken nie voll bei der Arbeit“, sagt Friedmar Götz. Wenn die Zeit gekommen ist, dann kann und wird er loslassen. „Es gibt noch andere Dinge als die Vowalon“, meint der Seniorchef. Dass er das ernst meint, hat er schon vor Jahren bewiesen: Als der Sohn zum Geschäftsführer aufstieg, räumte der Vater für ihn sein Büro.

Wenn Friedmar Götz von seiner Arbeit erzählt, dann sprüht er vor Begeisterung, und man merkt sehr schnell: Er lässt nicht locker! Das beeindruckt auch seinen Sohn. „Mein Vater ist für mich ein Vorbild. Sein Durchsetzungsvermögen und sein Tatendrang, wenn er ein Ziel verfolgt, sind sehr groß. Ich wäge das Drumherum meistens stärker ab“, sagt Gregor Götz. Der Vater beschreibt den Sohn und sein Handeln kurz und bündig: „Er ist der Vorsichtigere.“ Doch gerade diese Herangehensweise hat Vowalon offenbar zu einem erfolgreichen Nischenproduzenten im Beschichtungsbereich gemacht. Jüngster Coup ist ein Großauftrag für Volkswagen. Ab Herbst produziert Vowalon für den in Zwickau gebauten Passat ein Kunstleder, das echtem Leder zum Verwechseln ähnlich sieht.

Am Freitag wird bei einer Gala in der Gläsernen VW-Manufaktur in Dresden „Sachsens Unternehmer des Jahres 2014“ gekürt. Die SZ stellt die besten sechs Bewerber vor.