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Warum der Pethauer Bäcker Heidrich sein Geschäft aufgibt

Immer weniger Kunden, immer mehr Billig-Konkurrenz und viel Arbeit, die sich für einen kleinen Betrieb nicht mehr lohnt.

Von Jana Ulbrich
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Die Maschinen sind schon verkauft. Am 28. Februar schließt Bäckermeister Steffen Heidrich für immer.
Die Maschinen sind schon verkauft. Am 28. Februar schließt Bäckermeister Steffen Heidrich für immer. © Matthias Weber

Nachmittags um vier steht Steffen Heidrich immer noch in der Backstube. Er wiegt Mehl ab, Fett und Salz. Er muss jetzt noch den Sauerteig ansetzen, den Hörnchen- und den Semmelteig. Erst wenn die Teige gut geknetet sind und in den großen Edelstahlschüsseln ruhen, ist Feierabend. Durch die kleine Backstube zieht feiner Mehlstaub. Es riecht herrlich nach dem frisch gebackenen Streuselkuchen, den Steffen Heidrich vorhin gerade aus dem Ofen gezogen hat. Das hier ist sein Leben. Sein ganzes Lebenswerk. "Ich werde es ordentlich zu Ende bringen", sagt der 50-Jährige leise und schluckt: "Das ist schon ein beschissenes Gefühl."

Steffen Heidrich wird seinen Betrieb Ende Februar schließen. Nach 18 Jahren Selbstständigkeit ist Schluss. Seinem Gesellen und den drei Verkäuferinnen hat er ordentlich gekündigt. Die neuen Maschinen, die Kühlzelle und die Edelstahltische sind schon verkauft. Die Backstube und der Laden an der Pethauer Hauptstraße werden ausgeräumt. Die Filiale in Olbersdorf wird künftig ein Kollege beliefern. Leicht war die Entscheidung nicht, sagt der Bäckermeister. Aber irgendwann haben er und seine Frau sich sagen müssen: Es ist nicht mehr zu schaffen für den kleinen Familienbetrieb. 

Heidrichs Arbeitstage sind oft mehr als zwölf Stunden lang, sechs Tage in der Woche. Eine Woche Urlaub im Sommer, eine im Herbst, mehr ist nie drin gewesen. Und dann solche Monate wie der Januar. "Da wird am Ende nicht mehr als ein Kasten Bier übrig bleiben", sagt er mit sarkastischen Unterton. 

Die Umsatzzahlen haben sich immer gut angehört, erklärt Steffen Heidrich, aber nur, weil er immer wieder die Preise erhöht hat. "Das kann man ja nicht ins Unendliche treiben", sagt er. Die Konkurrenz der Discounter ist ohnehin schon übermächtig geworden. Doch das, sagt Heidrich, ist nur die eine Seite. Das Geschäft in Pethau ist mit jedem Jahr schwieriger geworden. Es kommen immer weniger Kunden, nicht, weil es ihnen nicht schmeckt, sondern, weil einfach immer weniger da sind. Als er anfing, erzählt er, gab es gegenüber noch ein Autohaus, nebenan eine Gärtnerei und in den Häusern rundherum viel mehr Einwohner. Es gab viel mehr Gaststätten und Hotels, die die Bäckerei regelmäßig beliefert hat. 

Im letzten Jahr hat Steffen Heidrich drei Tonnen Mehl weniger verbacken als noch 2017, im Vergleich zu dem Anfangsjahren zehn Tonnen weniger. Zehn Tonnen! Das ist schon eine Menge. "Es hat sich ja auch das Essverhalten verändert", sagt der Bäckermeister. "Die Leute holen sich Pizza und gehen zu McDonalds. Wer schmiert sich denn heute noch Arbeitsschnitten?"

Der Supermarkt in der Nähe hatte jetzt fünf Körnerbrötchen für einen Euro im Angebot. "Mit den Preisen kann ich nicht mithalten", sagt Heidrich. Wenn er seinen Verdienst auf die Arbeitsstunden umrechnet, kommt er bei Weitem nicht auf Mindestlohn. Er ist sicher, dass das Bäckereien-Sterben weitergeht. Weil es sich nicht mehr rechnet, weil kein Unternehmensnachfolger da ist, kein Lehrling oder kein Geselle.

Am 28. Februar wird Steffen Heidrich zum letzten Mal nachts um zwei aufstehen und Brot und Brötchen backen. Was ihm die Zukunft bringen wird, ist noch offen. Aber der 50-Jährige ist optimistisch. "Jetzt kann ich noch mal was Neues machen", sagt er. "Das Wort Quereinsteiger ist ja gerade in aller Munde." Er lacht. Aber leicht wird der Abschied von seinem Lebenswerk wohl nicht.

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