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Warum Bautzen auf Fernwärme setzt

Die Stadtwerke bauen ein neues Kraftwerk. Die Folgen spüren zuerst die Autofahrer.

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Von Marleen Hollenbach

Noch existiert das Heizkraftwerk an der Thomas-Müntzer-Straße nur auf dem Papier. Doch wo einst das Internat der Polizeischule stand, werden schon im Frühjahr die Bauarbeiten beginnen. Das neue Kraftwerk ist Teil eines großen Projektes der Energie- und Wasserwerke Bautzen (EWB). Fast zehn Millionen investiert der Energielieferant in den Ausbau des Fernwärmenetzes. Die SZ erklärt, was das bedeutet.

Was versteht man eigentlich unter Fernwärme?

Der Begriff Fernwärme lässt sich leicht erklären. Gemeint ist Wärme, die nicht auf dem Gelände der versorgten Gebäude erzeugt wird, sondern in einem Kraftwerk entsteht. Von dort aus gelangt sie über Rohrleitungen zum Verbraucher. Bei den EWB gibt es eine Kraft-Wärme-Kopplung. Strom und Wärme werden also gleichzeitig hergestellt. Das hat einen Vorteil. „Wenn nur Strom hergestellt wird, liegt der Wirkungsgrad bei 40 Prozent, 60 Prozent gehen also verloren. Um das zu vermeiden, nutzen wir auch die Abwärme“, erklärt Volker Bartko, Geschäftsführer der EWB. Das erhöht den Wirkungsgrad auf 90 Prozent. Zwar können die Stadtwerke nicht auf einen fossilen Rohstoff (Gas) verzichten. Aber dieser wird optimal genutzt.

Wie viele Haushalte in Bautzen werden schon mit Fernwärme versorgt?

Die Fernwärme ist in Bautzen fest etabliert. Von 23 000 Haushalten werden gegenwärtig 8 800 mit Fernwärme versorgt. Das entspricht rund 38 Prozent. Schon zu DDR-Zeiten begann der Ausbau des Fernwärmenetzes in Bautzen. „Damals war Öl teuer, Gas nicht verfügbar“, sagt Volker Bartko. Die Errichtung der Plattenbaugebiete in Gesundbrunnen und im Allende-Viertel stellte die Stadt vor eine große Herausforderung. Um nicht jede Wohnung einzeln mit Kohleheizungen ausrüsten zu müssen, fing man mit dem Ausbau eines Wärmenetzes an. Heute erstreckt sich dieses Netz über fast 32 Kilometer.

Welche Vorteile bietet die Fernwärme den Hausbesitzern?

Die Energieeinsparverordnung ist das Stichwort. Der Gesetzgeber hat immer größere Anforderungen an den Hausbesitzer. Wenn ein Neubau geplant ist, dann muss dieser dem Standard für Niedrigenergiehäuser entsprechen. „Wer das erfüllen will, kann in gute Dämmung investieren. Aber das kostet“, sagt Henning Weiß, der bei den Stadtwerken das Netzmanagement leitet. Mindestens genauso harte Anforderungen gelten für öffentliche Einrichtungen. Die müssen verstärkt auf regenerative Energie setzen und damit Einsparungen von mindestens 30 Prozent erzielen. Doch es gibt für beide – Hausbesitzer und Träger öffentlicher Einrichtungen – eine Möglichkeit, die strengen Gesetze zu umgehen: Schließen sie sich an das Fernwärmenetz an, dann haben sie die Anforderungen der Energiesparverordnung erfüllt.

Warum wollen die EWB jetzt das Fernwärmenetz ausbauen?

Aufgrund der strengen Gesetze interessieren sich immer mehr Bautzener für die Fernwärme. Deshalb wollen die Stadtwerke auch Teile der Innenstadt anschließen. Zwar liefern die EWB auch Gas an Hausbesitzer, die nicht an das Fernwärmenetz angeschlossen sind. „Wir sind uns aber sicher, dass wir hier eine moderne Wärmeversorgung haben, in die wir investieren wollen“, sagt Bartko. Das Landratsamt und das neue Berufliche Schulzentrum haben schon Interesse angemeldet.

Mit welchen Baustellen müssen die Bautzener rechnen?

Zunächst stehen bei den EWB vier Bauvorhaben auf der Liste. Zu dem geplanten Kraftwerk auf der Müntzerstraße kommen noch zwei Anlagen auf der Schäfferstraße und der Eislerstraße und eine Technikzentrale (Planckstraße) hinzu. Die Bauarbeiten starten im April 2015 und sollen bis Anfang 2017 dauern. „Wenn alles klappt, wird das alte Heizkraftwerk in Teichnitz abgelöst“, erklärt Bartko. Um das Fernwärmenetz vergrößern zu können, müssen auch Leitungen verlegt werden. Im kommenden Sommer wird in mehreren Bauabschnitten von der Karl-Marx-Straße bis zum Postplatz gebaut. Im Sommer 2016 erfolgt die Erschließung der Schilleranlagen. „Wir gehen davon aus, dass alles unkompliziert und schnell über die Bühne gehen wird“, sagt der Geschäftsführer. Lange Straßensperrungen wollen die EWB vermeiden.