SZ +
Merken

Warum die Friedersdorfer so hartnäckig sind

Das Wehr ist ein wichtiger Löschwasserspender, sagen die Befürworter. Dafür gibt es andere Lösungen, sagt der Bürgermeister. 

 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Das Wehr an der Spree in Friedersdorf liegt den Einwohnern am Herzen. Es steht seit 450 Jahren im Fluss, trieb früher die Wassermühlen des Dorfes an.
Das Wehr an der Spree in Friedersdorf liegt den Einwohnern am Herzen. Es steht seit 450 Jahren im Fluss, trieb früher die Wassermühlen des Dorfes an. © Rafael Sampedro

Das Friedersdorfer Spree-Wehr erhitzt seit Jahren die Gemüter. Erhalt oder Abriss - das ist die große Frage. Das Wehr gehört dem Freistaat, die Landestalsperrenverwaltung (LTV) muss sich darum kümmern. Obwohl das Wehr schon seit 450 Jahren im Ort steht und es auch früher schon Überschwemmungen gab, brachte erst das Hochwasser 2010 die Überlegungen zum Abbau ins Rollen. Eine Lösung ist nun noch immer nicht in Sicht. Immerhin: Sogar Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich bereits mit dem Friedersdorfer Spree-Wehr beschäftigt. Er sagte dazu in einem Interview mit der SZ im vorigen Jahr: "Ich setze darauf, dass man das durchsetzt, was die Leute vor Ort, in der Region wollen." Was die Leute wollen, ließe sich mit 2.500 gesammelten Unterschriften für den Erhalt verdeutlichen, sagt der Friedersdorfer Werner Richter, der sich gemeinsam mit anderen dafür einsetzt. Dagegen, das Wehr zu erhalten, sprächen aber momentan die Gesetze, wie Neusalza-Sprembergs Bürgermeister Matthias Lehmann (CDU) erklärt. Friedersdorf gehört als Ortsteil zur Stadt dazu. "Selbst, wenn wir als Stadt das Wehr übernehmen würden, gäbe es keine andere Möglichkeit, als den Rückbau", sagt Lehmann. Denn auch die Stadt müsse sich ans geltende Gesetz halten. Das hier geltende heißt "Europäische Wasserrahmenrichtlinie" und verlangt den Abbau von Wehranlagen, die wasserrechtlich keine Funktion mehr haben. Das soll helfen, die Auswirkungen von Überschwemmungen zu mindern. Dabei hinken die Bundesländer - nicht nur Sachsen - aber gewaltig hinterher. Die Richtlinie, die bereits im Jahr 2000 verabschiedet wurde, forderte die Verbesserung der Gewässerökologie aller europäischen Gewässer bis zum Jahr 2015. Das sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie brachte 2012 ein Dokument heraus, in dem ein erstes Fazit gezogen wurde über die bisherigen Maßnahmen. Schon damals schätzte das Amt die Umsetzung der gesteckten Ziele als unzureichend ein. 

Hauptargument der Wehr-Befürworter ist - neben der Tatsache, dass das Wehr seit 450 Jahren zum Ortsbild gehört - seine Funktion als Löschwasserreserve. Im Havariefall, teilt die Landestalsperrenverwaltung (LTV) mit, dürfen die Kameraden das Wehr bedienen und herunterlassen, um notfalls Löschwasser zu gewinnen. In der Praxis sei das aber schlecht anwendbar, meint Werner Richter. "Es dauert, bis sich Wasser angestaut hat." Die Friedersdorfer Kameraden ziehen ein gravierendes Beispiel heran, bei dem es in Sachen Löschwasser große Probleme gab: Der Brand des Kretschams Oberfriedersdorf im November 2014 ist allen noch in Erinnerung. Auch da war das Wehr gezogen, es war kein Wasser angestaut. Es fehlte das Löschwasser aus dem Wehrteich, berichtete die Ortsfeuerwehr. Der Großbrand habe deutlich gezeigt, dass aus der Spree nicht genügend Wasser entnommen werden konnte. 

Seitdem hat sich einiges getan, sagt Bürgermeister Lehmann. Er meint den Einbau von so genannten Löschwasserschnecken. Das sind Entnahmestellen, wo sich das Wasser etwas staut und im Brandfall über eine Pumpe von der Feuerwehr entnommen werden kann. Solche Entnahmestellen wurden in der Friedersdorfer Spree eingebaut. Auch anderswo sucht die Stadt nach Alternativen, um genügend Löschwasser zur Verfügung zu stellen. Sie hat in ihrem Brandschutzbedarfsplan ermittelt, wo es noch klemmt. Das ist zum Beispiel am Sonneberg der Fall, so Bürgermeister Lehmann. Für diesen Bereich will die Stadt nun prüfen, ob zum Beispiel eine Zisterne in die Erde eingebaut werden könnte. So einen unterirdischen Wasserspeicher hat die Stadt auch bereits im Bereich Viebig in Friedersdorf installieren lassen. 

Ein weiteres Problem, das die Einwohner, wie Werner Richter, sehen: Das Wehr verkommt zur Kloake, seit es dauerhaft gezogen ist. Die Talsperrenverwaltung, die hier zuständig ist, würde sich nicht ausreichend um die Pflege kümmern, besonders im vergangenen sehr heißen und trockenen Sommer. Britta Andreas von der LTV bestätigt, dass einmal im Jahr an der Wehranlage Gras gemäht werde - so wie in der gesamten Ortslage Friedersdorf entlang der Spree. Punktuell werde auch die Fluss-Sohle gekrautet. Das heißt, im Wasser wachsende Pflanzen werden entfernt. 

Mehr zum Thema:

LTV lässt sich Zeit mit dem Rückbau

Mehr lokale Nachrichten:

www.sächsische.de/loebau

www.sächsische.de/zittau