Warum Görlitzer Modehändler auf den Frühjahrsumsatz hoffen

Ob er mit dem Weihnachtsgeschäft zufrieden sei? „Wissen Sie, wenn Sie als Unternehmer zufrieden sind, dann sind Sie faul“, meint Christian Rauer, Geschäftsführer des traditionsreichen Modehauses Rauer. In seiner Görlitzer Filiale auf der Berliner Straße habe sich der Umsatz der Wintermonate im Vergleich zu den Vorjahren kaum verändert, alles „ganz normal“. Nur die Baustellen in der Innenstadt machen Herrn Rauer zu schaffen. „Die Verkehrslage ist katastrophal“, beschwert sich der Unternehmer. Die meisten Leute kämen nun mal mit dem Auto zum Einkaufen. Wenn dann überall Sperrungen und Umleitungen seien, mache sich das auf lange Sicht im Geschäft bemerkbar.
Auch Angelika Dedeleit, Inhaberin von Goldmann Moden auf der Berliner Straße, sieht bei der Kaufbereitschaft der vergangenen Monate keinen großen Unterschied zu den Vorjahren. Der Verkauf der Wintermode sei aufgrund des langen milden Herbstes schleppend angelaufen, ja, aber dafür langen die Kunden im Weihnachtsgeschäft ab Anfang November wieder richtig zu. „Ich habe das Gefühl, die Leute schenken wieder mehr Kleidung anstatt nur Elektronikartikel“, berichtet die Inhaberin. Und freut sich sichtlich darüber, denn die deutsche Modebranche steckt in einer Krise: Der Onlinehandel verdrängt den stationären Handel, etablierte Modemarken wie Gerry Weber, Tom Tailor und Esprit schreiben rote Zahlen. Kleidung ist zum Einwegprodukt geworden, das bei vielen vor allem billig sein muss. Auch die Konkurrenz durch Discounter wie Lidl oder Aldi, die günstige Kleiderkollektionen im Wochentakt anbieten, bekommt Angelika Dedeleit zu spüren. „Kleidung muss wieder an Wertigkeit gewinnen“, wünscht sich die Unternehmerin. Sie hat Mitte Januar mit der Saisonräumung begonnen, jetzt zieren Frühjahrskollektionen und festliche Mode ihre Kleiderbügel: Mit Beginn der Winterferien startet bei Goldmann Moden wie jedes Jahr der Verkauf von Kleidern und Anzügen für Jugendweihe, Konfirmation und Abschlussbälle. Cocktail- und Abendkleider mit Plisseefalten und Ziersteinbesatz blitzen zwischen den Stangen hervor.
Dass stationärer Modeverkauf kein Zuckerschlecken ist, kann auch Danuta Urbanska bestätigen. Sie ist Inhaberin der Modeboutique Lady D in der Straßburg-Passage, seit 1996 verkauft sie Kleidung in Görlitz. „Der Winter lief schleppend“, berichtet sie mit Blick auf liegen gebliebene Mützen und Pullover. Insgesamt ist sie aber zufrieden. Denn die Frühjahrsmode ist bereits da und verkauft sich gut. „Von allein kommt eben nix“, sagt die Unternehmerin und verweist auf ihre Stammkunden, die aus Dresden, Leipzig und sogar Berlin in ihr Görlitzer Geschäft kommen, um sich einzukleiden. Jahrelange harte Arbeit erfordert das Aufbauen eines solchen Kundenstamms, doch es lohnt sich.
Ein paar Geschäfte weiter berichtet eine der zwei Verkäuferinnen des Streetwear-Ladens Daily Milk ebenfalls von einem zähen Winterverkauf, lobt aber das erfolgreiche Weihnachtsgeschäft. „Ich habe das Gefühl, dass die Leute all ihr Geld im Dezember ausgeben, viele übertreiben es mit den Geschenken“, teilt die junge Frau ihre Erfahrungen. „Im Januar ist dann das Geld knapp, dazu werden Auto- und Hausratsversicherung fällig. Da bleibt nichts für Klamotten übrig.“ Daily Milk verkauft seit 2005 Kleidung und Schuhe für ein junges, urbanes Publikum. Gerade kommen jeden Tag neue Lieferungen mit Sommerkollektionen der verschiedenen Hersteller. Der Winterschlussverkauf neigt sich bei den meisten Görlitzer Kleidungshändlern nun dem Ende entgegen, denn die Frühjahrsmode wartet schon auf den Kleiderstangen. „Die Leute lechzen nach milden Temperaturen und Sonne“, berichtet Cornelia Markau, Verkäuferin im Modehaus Schwind’s Erben in der Steinstraße. Auch sie spricht von einem „schleppenden Verkauf“ im Winter, was sicherlich am lauen Wetter liege. Die Verkaufszahlen in den Sommermonaten seien aber generell besser, weil es einfach mehr Touristen gebe. Noch bis März läuft bei Schwind’s Erben der Winterschlussverkauf. Dann geht ein Teil der nicht verkauften Ware zurück an die Hersteller, ein Teil wird bis zum Herbst im Lager aufbewahrt. Einige Teile werden weiterhin auf einem Tisch präsentiert, „für Frostbeulen, die später auch noch einen Pullover brauchen“, erklärt die Verkäuferin mit einem Lächeln auf den Lippen.
In dem ältesten Modehaus von Görlitz locken diese Frühjahrssaison Pastelltöne in Türkis und Hellrot. „Generell haben wir viel Buntes anzubieten, bei den Herren wie bei den Damen“, sagt Cornelia Markau mit Blick auf die frisch eingeräumte Ware. Der Frühling kann also kommen.
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