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Darum ist in Bautzen oft kein Taxi da

Wer in Bautzen ein Taxi bestellen möchte, muss mit deutlichen Absagen rechnen. Vor allem zu bestimmten Tageszeiten.

Von Tilo Berger
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In Bautzen ein freies Taxi zu bekommen, ist zu bestimmten Tageszeiten alles andere als einfach.
In Bautzen ein freies Taxi zu bekommen, ist zu bestimmten Tageszeiten alles andere als einfach. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Frau Schreier hatte sich den Beginn ihrer Urlaubsreise ganz entspannt vorgestellt. Sie würde morgens um 6 Uhr mit einem Taxi von ihrer Wohnung in Bautzen-Gesundbrunnen zum Bahnhof fahren, dann mit dem Zug nach Dresden und dort in den Reisebus zum Urlaubsort steigen.

Die Uhrzeiten für Bahn und Bus waren klar, fehlte nur noch das Taxi. Also hängte sich Frau Schreier ans Telefon und begann Bautzener Taxibetriebe anzurufen. Nach etwa dem zwölften Versuch gab sie auf. Die freundlichste Antwort, die sie bekommen hatte, war noch ein „leider nicht“, berichtet sie. Aber sie hätte auch höhnisches Lachen und die klare Ansage „Um diese Uhrzeit? Vergessen Sie’s!“, gehört.

Die Bautzenerin hätte mit dem eigenen Auto zum Bahnhof fahren und es zwei Wochen irgendwo in der Nähe stehen lassen können. Doch das wollte sie nicht. Zum Glück brachte ein hilfsbereiter Nachbar die angehende Urlauberin und ihr Gepäck am frühen Morgen zum Zug.

Morgens sind Krankenfahrten dran

Inzwischen ist Frau Schreier aus dem Urlaub zurückgekehrt, aber eine Frage bewegt sie nach wie vor: Warum ist es in einer Kreisstadt wie Bautzen nicht einfach möglich, für eine bestimmte Uhrzeit ein Taxi zu bestellen? Denn in Görlitz, wo sie lange wohnte, geht es doch auch. Dort gibt es sogar eine einheitliche Rufnummer, bei der Fahrgäste einen Wagen bestellen können. Die Taxi-Zentrale schickt dann einen freien Wagen zu den Kunden.

Die SZ versuchte, zu dem Thema mit Taxifahrern ins Gespräch zu kommen. Öffentlich und mit Namen wollte sich niemand äußern, aber hinter vorgehaltener Hand gab es schon einige Hintergründe. Zum Beispiel, dass 6 Uhr morgens halt die denkbar ungünstigste Zeit ist, ein Taxi zu bekommen. In diesen Stunden sind praktisch alle verfügbaren Fahrzeuge mit Kranken zur Bestrahlung oder Dialyse unterwegs. Solche Fahrten stehen vorher fest und sind für Taxi-Unternehmen planbar – auch bei den Einnahmen. Jeder Taxi-Unternehmer wird zunächst bestellte Krankenfahrten absichern, ehe er seine Autos auf gut Glück irgendwo auf Kundschaft warten lässt. Bei Fahrten zu Bestrahlungen, Dialyse oder ähnlichen Behandlungen gibt es in der Regel zwei Tagesspitzen – am Morgen und im Laufe des Nachmittags. Hätte Frau Schreier vielleicht erst gegen 10 oder 11 Uhr verreisen wollen, wäre das mit dem Taxi zum Bahnhof kein Problem gewesen.

Überhaupt komme es kaum noch vor, dass Taxifahrer in der Hoffnung auf Fahrgäste irgendwo warten. Der Grund dafür liegt im Mindestlohn. Fahrer müssen auch dann bezahlt werden, wenn das Taxi nicht rollt. „Auf gut Glück jemanden acht Stunden hinzustellen, ist betriebswirtschaftlich nicht mehr möglich“, sagt ein Taxi-Unternehmer, der zudem über den ständig steigenden bürokratischen Aufwand für sein Gewerbe schimpft. Die Politik mische sich immer mehr in die Arbeit der kleinen Unternehmen ein und verlange viel Papier und Nachweise.

Landratsamt vergibt Taxi-Konzession

Sicher gebe es gerade in den Morgenstunden zu wenig Taxen in Bautzen, sagt ein Fahrer. Aber die Schuld daran trage der Landrat. „Fragen Sie doch mal den!“

Gesagt, getan. Die Pressestelle von Landrat Michael Harig (CDU) bestätigt auf SZ-Anfrage, dass das Straßenverkehrsamt im Landratsamt für die Vergabe der Konzessionen an Taxi-Unternehmen zuständig ist. So eine Konzession bekomme nur, wer bestimmte Vorgaben erfüllt: „Der Nachweis der fachlichen Eignung, der Leistungsfähigkeit und der persönlichen Zuverlässigkeit nach dem Personenbeförderungsgesetz muss gegeben sein.“ Für die Fahrzeuge müssen zudem eine Hauptuntersuchung, ein Nachweis über einen geeichten Fahrpreisanzeiger und eine Versicherung als Taxi vorgelegt werden. Im Fahrzeugschein müsse als Verwendungszweck „Taxi“ eingetragen sein, teilte das Landratsamt mit.

Nach Angabe des Amtes sind aktuell in der Kreisstadt elf Unternehmen mit insgesamt 38 Taxen tätig. Davon seien 17 Fahrzeuge reine Taxen und 21 Autos sowohl Taxi als auch Mietwagen. Die Zahl der Konzessionen sei in den vergangenen zwanzig Jahren gleich geblieben, erklärte eine Sprecherin des Landratsamtes. „Nur wenn eine Konzession frei wird, kann diese ein anderer bekommen.“ Zum Vergleich: Görlitz hat 20 Taxi-Unternehmen mit insgesamt rund 35 Fahrzeugen.

Keine einheitliche Rufnummer

Bleibt die Frage, warum es in der Neißestadt eine einheitliche Rufnummer für Taxi-Bestellungen gibt, in Bautzen aber nicht. Die Antworten lassen sich so zusammenfassen: Eine gemeinsame Taxi-Zentrale müsse auch gemeinsam bezahlt werden. Darauf konnten sich die Bautzener Unternehmen nicht einigen. Und so wird, wer in der Spreestadt ein Taxi bestellen will, wohl auch in Zukunft mehrere Nummern anrufen müssen – in der Hoffnung, mit seinem Wunsch nicht gerade in eine schon ausgebuchte Uhrzeit zu geraten.