Was macht die Fabrik bei Ebay?

Schon die Grammatik in der Ebay-Kleinanzeige lässt zu wünschen übrig: "Grosse Fabric zu verkaufen im Herrnhut" stand vor wenigen Tagen in dem Internetportal zu lesen. Für 67.000 Euro war das Gebäude angeboten worden, inzwischen ist es wieder aus dem Portfolio verschwunden. Ob es verkauft worden ist, lässt sich derzeit nicht sagen - bei der Stadt ist jedenfalls noch keine Information darüber eingegangen, dass die alte und inzwischen sehr marode Fabrik erneut den Besitzer gewechselt hat, heißt es auf Nachfrage. Der Preis, der bei Ebay-Kleinanzeigen für die Immobilie aufgerufen wurde, lässt freilich umso mehr aufhorchen, wenn man die Geschichte kennt: Ein britisches Unternehmen hatte einst 2.000 Euro bezahlt, jahrelang aber nichts Zukunftsweisendes mit dem Besitz angestellt. Vor zwei Jahren dann die Versteigerung: Der Mindestpreis lag bei 1.000 Euro - erzielt wurden erstaunliche 32.500 Euro. Kurz danach tauchte Marx' Fabrik für 60.000 Euro in einschlägigen Immobilien-Portalen auf - und nun zuletzt für sogar 67.000 Euro bei Ebay.
Ist die bekannte Verkaufsplattform also ein Tummelplatz für weniger seriöse Angebote, für Spekulanten? Auf den ersten Blick findet man für den Süden des Landkreises tatsächlich eine bunte Mischung: Man kann die frühere Jonsdorfer Jugendherberge kaufen oder auch das ehemalige Hotel Stadt Dresden in Ostritz. Zu mieten sind eine Maisonette-Wohnung am Löbauer Promenadenring ebenso wie Lagerplätze in den Mandau-Höfen in Zittau oder in einer arg verfallenen Fabrik in Löbau. Auch in Olbersdorf und Oderwitz gibt es Schnäppchen: In Oderwitz sind Lager- und Verkaufsflächen beim gelben Möbelhaus ab einen Euro pro Quadratmeter zu haben. In Olbersdorf steht ein früherer Möbelhandel, in dem zuletzt ein Fitnessstudio logierte, für 180.000 Euro zum Verkauf. Und in Oppach bekommt man sogar eine ganze, sanierte Villa für knapp eine halbe Million. Oftmals stehen Immobilienbüros hinter den Angeboten, mitunter aber auch die Eigentümer selbst. Qualität der Bilder und der Angaben über das Objekt sind zudem von sehr unterschiedlicher Qualität.
Tobias Richter von Hornig Immobilien sieht die Sache mit professionellem Blick - und in den Ebay-Kleinanzeigen nicht per se einen Tummelplatz für unseriöse Angebote. "Es ist eine Plattform wie andere auch", erklärt er. Doch anders als bei Ebay sonst, wo man den alten Toaster oder den Kinderwagen verscherbelt, kann man für die Angebote bei den Kleinanzeigen nicht bieten. Hier gilt der angegebene Preis oder das direkte Verhandeln mit dem Eigentümer. "Der entscheidende Vorteil für Privatanbieter ist, dass sie bei Ebay-Kleinanzeigen kostenlos inserieren - im Gegensatz zu den Immobilienportalen", erklärt Richter. Wer als Makler Anzeigen schaltet, zahlt allerdings - wenngleich nicht so viel wie bei den Profi-Portalen.
Der Mitarbeiter bei Hornig Immobilien ist als Ansprechpartner beispielsweise für einen Verkauf der früheren Jugendherberge in Jonsdorf und des früheren Offizierskasinos sowie der Mannschaftswohnhäuser der Kaserne im Löbauer Armeegelände gelistet. Beide Angebote seien frisch eingestellt. "Wir stellen unsere Angebote bei allen gängigen Immobilienportalen ein", erklärt Tobias Richter. Was Ebay selbst am Ende wirklich bringt, kann er nicht abschließend sagen, schätzt aber ein, dass der Erfolg bei den Profi-Immobilienplattformen deutlich besser ist.
Das sieht auch Hartmut Ratzkowski in Ostritz so. Auch er nutzt Ebay-Kleinanzeigen als ein Portal unter vielen - um gesehen zu werden. "Dass sich darüber wirklich ein Verkauf ergibt, ist eher ein Glückstreffer", sagt er aus Erfahrung. Ratzkowski hat vor Kurzem das frühere Hotel Stadt Dresden in Ostritz eingestellt. Auch für die Stadt Ostritz bietet er als Makler Immobilien an - beispielsweise die Heinrichwerk-Villa. "Ich denke, auf Ebay wollen viele Privatleute erst einmal den Markt und den Preis testen bevor sie sich vielleicht doch für ein anderes, kostenpflichtiges Immobilienportal entscheiden", resümiert er. Dass die Qualität des Angebotenen sehr unterschiedlich ist, hat auch Ratzkowski beobachtet. Dass schwierige Fälle über Ebay dann leichter weggehen, kann er aber nicht bestätigen.
Einer, der als Privatperson Gewerbeflächen vermietet und dies auch bei Ebay eingestellt hat, ist Axel Leutsch. Der Mann, der für die Eigentümerfamilie des gelben Möbelhauses steht, hat schon mehrfach Erfahrungen mit dem berühmten Kleinanzeigenportal gemacht. "Bei Ebay bekommen wir Aufmerksamkeit", schätzt Leutsch ein. Die Hemmschwelle, sich bei einem Ebay-Angebot einmal zu erkundigen, ist offenbar geringer als bei einem Profiportal für Immobilien, findet er. Dass sich über diesen Weg ein langfristiger Mieter findet, ist selten der Fall. "Auch wenn der Quadratmeter nur einen Euro kostet - wir haben 2.500 Quadratmeter zu vermieten und das wollen wir auch möglichst am Stück", erläutert Leutsch den Knackpunkt.
Mehr Lokalnachrichten unter: