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Was plant die AfD im Stadtrat?

Der Glashütter Tilo Bretschneider holte für die Partei viele Stimmen. Früher wollte er aber nicht in die Kommunalpolitik.

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Der Glashütter Tilo Bretschneider (53) ist selbstständiger Kfz-Meister, verheiratet und hat sechs Kinder. Bei der Stadtratswahl wurde er mit 1 311 Stimmen gewählt.
Der Glashütter Tilo Bretschneider (53) ist selbstständiger Kfz-Meister, verheiratet und hat sechs Kinder. Bei der Stadtratswahl wurde er mit 1 311 Stimmen gewählt. © Karl-Ludwig Oberthür

Herr Bretschneider, bei der Stadtratswahl Ende Mai haben Sie 1 311 Stimmen erhalten, mehr als doppelt so viele wie der Zweitbeste. Wie fühlt man sich als Stimmenkönig?

Schon etwas betreten. Das ist eine riesige Verpflichtung. Sicher, ich stand auf Platz eins der AfD-Liste. Ich bin sicher auch der Bekannteste unserer Kandidaten, lang genug im politischen Geschäft zugange und halte mit meiner Meinung nicht außen vor.

Seit wann gehören Sie der AfD an?

Seit November 2018.

Welcher Gruppierung innerhalb Ihrer Partei stehen Sie näher – dem „Flügel“ oder der „Alternativen Mitte“?

Keiner.

In Freital hatte vor wenigen Tagen Thomas Prinz, ein gewählter AfD-Stadtrat, für Wirbel gesorgt, als seine kriminelle Vergangenheit bekannt wurde. Kennen Sie Herrn Prinz?

Ich kenne ihn. Er war mir auch sympathisch. Und ich war auch sehr überrascht. Aber das ist ein unangenehmer Nebeneffekt unserer Parteienlandschaft. Gerade in Jungparteien finden sich Leute zusammen, die sich erst kennenlernen müssen. Herr Prinz hat seine Vergangenheit verschwiegen. Unser Kreisvorstand hatte keinen Zugriff auf seine Vergangenheit, sehr wohl aber die Wahlkommission. Die wusste das. Sie hat Zugang zu solchen Informationen, fand es nicht für notwendig, da irgendwie eine rote Lampe anzumachen. Wir sind als Partei auf Gedeih und Verderb der Eigendarstellung unserer Mitglieder ausgeliefert und dem, was man zugetragen bekommt.

Im Glashütter Stadtrat gibt es noch drei andere Stadträte mit AfD-Mandat. Wie gut kennen Sie diese Männer?

Man lernt sich erst kennen, aber ich habe volles Vertrauen. Ich habe keinen Grund, an meinen Mitstreitern zu zweifeln. Und ich hoffe, ihnen geht es mir gegenüber genauso.

Wie lange kennen Sie Ihre Mitstreiter?

Sven Jäpelt kenne ich schon seit vielen, vielen Jahren, Ulf Jannasch vielleicht seit einem Jahr und Dr. Dietrich Reuße erst seit seiner Kandidatur.

Sie waren einst Landesvorsitzender der Partei „Die Freiheit“, die sich selbst als wertkonservativ und bürgerlich-liberal einstufte und von anderen als rechtspopulistisch wahrgenommen wurde. Die Freiheit blieb eine Kleinstpartei und trat in der Öffentlichkeit kaum in Erscheinung. Wie reflektieren Sie diese Zeit?

Ich habe viel Erfahrung gesammelt, mit dem Gründen einer Partei, mit den Leuten, die sich dort zusammenfinden. Man hat Sternstunden erlebt, aber natürlich auch Niederungen. Das alles habe ich in der Frühphase der AfD noch einmal so beobachtet, es war fast wie ein Déjà-vu.

Welche Ziele verfolgte die Partei „Die Freiheit“?

Wir wollten den bürgerlichen Staat sichern. Der Verfall ist weiter vorangeschritten. Ein Beispiel: Den Neuankömmlingen wird unser Grundgesetz in arabischer Sprache übergeben. Und man meint, das erfülle irgendeinen Zweck. Tut es aber nicht. Denn wir halten unser Gesetz nicht ein, weil es aufgeschrieben wurde, sondern weil wir – beziehungsweise unsere Altvorderen – uns darauf geeinigt haben. Das Grundgesetz hatte mal die Zustimmung aller, die hier leben. Aber heute kommen Leute hierher, die nach einem anderen, nämlich ihrem Gesetz leben. Das bedroht unseren Staat.

Wie nahe stand die Partei „Die Freiheit“ politisch gesehen der AfD?

Die Schnittmenge ist groß.

Warum hat sich „Die Freiheit“ aufgelöst?

Wir hatten zwar einen guten Auftakt und uns sechs Jahre gehalten. Aber die Partei hat das nicht geschafft. Die AfD hatte einen besseren Start. 2016 haben wir die Partei aufgelöst. Ich war bis zuletzt im Bundesvorstand mit dabei.

Welche Ziele werden Sie im Stadtrat verfolgen?

Ich habe keine konkreten Ziele. Wir werden uns abtasten. Wir sind alles Neulinge in der Kommunalpolitik. Bis vor ein paar Jahren hatte ich nicht vor, in die Kommunalpolitik zu gehen. Aber ich musste einsehen, dass diese Ebene die Basis aller Einflussnahme ist und man sich der Sache nicht verschließen kann.

Was soll sich in Glashütte ändern?

Ich möchte Glashütte zu einem Wohnstandort machen, wo Leute gern leben. Leute mit Zukunft, also Familien mit Kindern.

Was halten Sie vom Vorschlag des Bürgermeisters, künftig Fraktionen zu bilden?

Wir werden nichts dagegen haben.

Werden Sie mit anderen Stadträten über Kooperationen sprechen?

Uns wird es immer um die Sache gehen. Wir werden mit anderen Stadträten über Kooperationen reden. Die alten Verbindungen stehen, ich war fünf Jahre für die Wählervereinigung Zeitlos Ortschaftsrat.

Wie stehen Sie zu den Plänen, ein neues Stadtbad in Glashütte zu errichten?

Ich bin dafür. Die Naturbadpläne finde ich als Alternative gut. Der Standort Bretthäusl bietet Synergien zur allgemeinen Erholung, als Biotop, so wie es die Naturschutzbehörde ja auch sieht, und auch als Löschwasser-Reservoir. Es war ein Desaster, wie der Diskussionsprozess abgelaufen ist. Es gab eine Reihe von Versagen und unwürdigen Taktiken. Nun steht der Bürgerentscheid am 1. September an. Über die Fragestellung kann man geteilter Meinung sein. Ob die Betriebskosten so hoch sein werden wie von der Stadt angegeben, bezweifle ich.

Wie stehen die Chancen für das Naturbad?

Das ist schwer zu sagen. Der Gemeindeverband Glashütte ist ein recht willkürlicher Zusammenschluss, der gewachsene Strukturen zerschnitten hat. Und das ist nicht aus der Welt zu schaffen. Einen Einwohner von Hermsdorf oder Hirschbach interessieren das Bad oder die Einkaufsmöglichkeiten nicht, weil seine Verkehrswege in andere Zentren verlaufen. Das wird sich nicht ändern. Die Hirschbacher, Hermsdorfer und Bewohner anderer Orte sollten aktiv drüber nachdenken, worum es geht. In Zukunft wird es auch Dinge geben, wo es um ihre Belange geht. Dann kommt es darauf an, wie die Bürger auf der anderen Gemeindeseite darüber denken.

Das Gespräch führte Maik Brückner.

Das sind die weiteren AfD-Stadträte in Glashütte

Sven Jäpelt:  Der CNC-Technologe aus Schlottwitz, Jahrgang 1970, holte 464 Stimmen. (Fotos: privat
Sven Jäpelt:  Der CNC-Technologe aus Schlottwitz, Jahrgang 1970, holte 464 Stimmen. (Fotos: privat © undefined
Ulf Jannasch: Der Elektroingenieur aus Bärenhecke, Jg. 1968, bekam 253 Stimmen.
Ulf Jannasch: Der Elektroingenieur aus Bärenhecke, Jg. 1968, bekam 253 Stimmen. © undefined
Dr. Dietrich Reuße: Der Rentner aus Hermsdorf konnte 258 Stimmen auf sich vereinen.
Dr. Dietrich Reuße: Der Rentner aus Hermsdorf konnte 258 Stimmen auf sich vereinen. © undefined