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Was sind das für vermummte Gestalten?

Wenn in der Faschingszeit Lichtengänger zu Besuch kommen, kann das ein schöner Abend werden. Oder?

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Kottmarsdorfer Lichtengänger im Februar 2005. Der Lichtengang hat seinen Ursprung in den winterlichen Spinnabenden der Frauen und Mädchen in gut geheizten Stuben, bei denen erzählt, gescherzt und gesungen wurde (Hans Klecker).
Kottmarsdorfer Lichtengänger im Februar 2005. Der Lichtengang hat seinen Ursprung in den winterlichen Spinnabenden der Frauen und Mädchen in gut geheizten Stuben, bei denen erzählt, gescherzt und gesungen wurde (Hans Klecker). © privat

Es war bereits dunkel, als die betagte Frau Müller in der Zittauer Altstadt mit ihrem Langhaar-Dackel an der Leine um die Ecke bog. Da kamen ihr vier Vermummte entgegen, und ihr entfuhr ein lauter Schreckensschrei. Doch einer der vier konnte sie beruhigen: "Psst, nicht schreien, wir sind Lichtengänger." Die alte Dame kannte wohl diesen Brauch, denn ihre Miene erhellte sich. Sie sagte nur: „Dann viel Spaß“, und zu ihrem knurrenden vierbeinigen Begleiter: "Komm weiter, Fifi, die tun uns nichts!"

Ja, das "Zu-Lichten-Gehen" ist ein schöner alter Brauch, der in der Vorfaschingszeit in der südöstlichen Oberlausitz gepflegt wurde und noch wird, früher öfter als heute, auf dem Lande mehr als in der Stadt. Es bezeichnet einen freundschaftlichen, überraschungsreichen Besuch in den Abendstunden, dann, wenn überall das Licht angeht.

Eine gute Planung ist Voraussetzung fürs Lichten: die Zusammensetzung der Gruppe, Tag und Zeit. Dann müssen die Gastgeber durch Karte oder Brief informiert werden, beispielsweise so: „Am nächsten Sonnabend kommen gegen 18 Uhr vier Vermummte zu Dir.“ Natürlich alles anonym. Die Lichtengänger haben nun ein paar Tage Zeit, Masken und andere Sachen zum Verkleiden und Unkenntlichmachen bereitzulegen. Die Gastgeber ihrerseits kaufen Speisen und Getränke und überlegen, wer da wohl zu ihnen kommt. An besagtem Tag wird natürlich die Stube tüchtig eingeheizt, Getränke werden heiß gemacht. Die vermummten Lichtengänger, die kein Wort reden dürfen, werden nahe am Ofen platziert und erhalten Heißgetränke, damit sie schnell ins Schwitzen kommen. Die Gastgeber müssen nun erraten, wer sich hinter jeder Vermummung verbirgt. Auch lustige Erzählungen und Witze sollen die Besucher zum Lachen bringen, damit sie sich verraten. Ist das den Gastgebern gelungen und sind die Namen genannt, dürfen die Lichtengänger ihre Verkleidung ablegen. Dauert die Prozedur zu lange, sind kleine Hilfestellungen beim Raten erlaubt, sodass später alle einen vergnügten Abend verbringen können.

Schlüssel für Toilette versteckt

Doch mitunter kann der Lichtengang auch einen anderen Verlauf nehmen. Gabi und Jan erlebten es 1985. Sie waren erst hergezogen und wohnten in einem alten Mietshaus. Vier Vermummte besuchten sie und wurden am heißen Kachelofen platziert. Jan äußerte schnell die Vermutung, Kollegen vor sich zu haben. Doch das wurde verneint. So ging das Raten weiter, bei heißen Getränken. Weitere Namen fielen, doch Kopfschütteln. Die Lichtengänger verständigten sich mit Pappkärtchen oder verstellter Stimme. Nach einiger Zeit musste der Erste aufs Klo (halbe Treppe und ungeheizt). Da die Gastgeber den bewussten Schlüssel versteckt hatten, drohte der Lichtengänger, in die Stube zu machen. Das wurde Gabi und Jan dann doch zu viel. Sie gaben nach, und so erfrischten sich die Besucher einer nach dem anderen in der Kühle der Toilette. Und ehe es sich Gabi und Jan versahen, waren sie verschwunden, ohne sich zu demaskieren.

Den Gastgebern wurde schnell klar, dass sie einen Fehler gemacht hatten und den Kloschlüssel nicht ohne Pfand hätten herausgeben dürfen. So wurde es nichts mit einem heiteren und gemütlichen Lichtenabend. Erst später kam heraus, wer die Lichtengänger waren, nämlich, wie vermutet, Jans neue Kollegen. Dass der Lichtengang so endet, ist zum Glück die Ausnahme. Meistens gibt es viel Spaß dabei, und es wird noch lange davon erzählt. Der alte Brauch sollte unbedingt weiter gepflegt werden und erhalten bleiben. (ke)

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