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Was tut sich am alten Kino?

Das Portal des Lichtspielhauses in Kamenz ist eingerüstet. Hannelore Meißner und Siegfried Bruse haben hier einiges vor. Der Geschichtsverein hilft dabei.

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© Ina Förster

Von Ina Förster

Kamenz. Am 9. Januar 1991 lief hier der allerletzte Kinofilm über die Leinwand. Mit „Stirb langsam II“ hatte man sich einen fast metamorphischen Titel ausgesucht. Denn die Zukunft der Kamenzer Kammerlichtspiele sah genau so aus – nach langsamem Verfall. 72 Jahre spielten sich hier auf dem Areal viele Geschichten ab. Ganze Generationen wuchsen mit den cineastischen Momenten im 340 Leute fassenden Kino an der Bautzner Straße auf. Kaum einer, der seine Wochenenden nicht hier verbrachte.

Zur Eröffnung 1919 schrieb das Kamenzer Tageblatt, dass „… aus einem einst schlichten Welt-Kino ein großartiger Prachtbau entstanden ist“. Seit Anfang der 90er Jahre steht das Areal verwaist und ist mittlerweile recht ruinös. Erst 2015 stürzte ein großer Teil der Kammerlichtspiele über Nacht ein. Traurig finden das viele. Vor allem historisch interessierte Kamenzer. Um 1850 wurde das Gebäude immerhin errichtet. Nach der Wende hatten sich angebliche Kinobetreiber aus Ratingen & Duisburg die Immobilie sichern wollen. Sie waren den Verpflichtungen nicht nachgekommen. Am 21. September 1998 wurde das Haus bei einer Zwangsversteigerung weiter veräußert. Für eine symbolische Mark plus Kosten des Verfahrens wechselte die Immobilie an den neuen, in Halle ansässigen Besitzer. Dem gehört es noch immer.

Urgroßmutter führte die Gaststätte

Hannelore Meißner und ihr Lebenspartner Siegfried Bruse könnten mittlerweile Bücher füllen zum Thema Kammerlichtspiele. Denn sie leben mittendrin in den Erinnerungen. „Meine Urgroßmutter Ida Hauffe führte die Gaststätte Zum Echten als Wirtin. Sie war familienorientiert, aber auch eine tüchtige Geschäftsfrau. Bis ins hohe Alter hat sie mitgearbeitet. Das Welt-Kino gehörte später zu ihrem Aufgabenbereich. Und auch die Kammerlichtspiele. Ihr Sohn Richard, mein Opa, war so von den fahrenden Kinovorführern begeistert, dass er nicht eher Ruhe gab, ehe man auch ein Kino in der Stadt hatte“, erzählt Hannelore Meißner stolz.

Übriggeblieben vom ehemaligen Glanz ist nicht viel. Doch eine Idee nahm bereits vor drei Jahren Fahrt auf, als City-Managerin Anne Hasselbach auf das Paar traf. „Wir haben uns verständigt, wenigstens das alte Portal herzurichten. Solche Kulturgüter müssen bewahrt werden“, sagt sie. Fördermittel fließen über das Bund-Länder-Programm „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“. Die Hauseigentümer bezahlen einen Eigenanteil. Ihr Herzblut stecken sie in die Aufarbeitung der Geschichte. Denn eine Dauerausstellung im Hof wird folgen.

Seit vier Wochen wird gebaut. Die Malerfirma Natuschke übernahm den Auftrag. Die alte Amphore wird bei Steinmetz Peschel restauriert. Eine Alu-Verbundplatte mit Antigraffitischutz, auf der sich eine großflächige historische Abbildung des alten Kinos befindet, ersetzt bald die Spanholzplatten. Außerdem wird die Fassade saniert und der alte Schriftzug kehrt zurück. Die SZ bleibt dran!