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Waschbär Mara ist immer dabei

Zwei junge Leute absolvieren im Wildgehege Moritzburg ein Freiwilliges ökologisches Jahr. Dabei säubern sie nicht nur Gehege und füttern Tiere.

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Von Sven Görner

Es fiept leise. Das Geräusch kommt aus einer Katzentransportkiste neben der Tür zur Futterküche. In der Box döst ein kleines graues Fellknäuel vor sich hin. Doch plötzlich kommt Bewegung in das Tier. Der Grund dafür nähert sich aus der Küche. Nancy Krautz hat dort gerade Möhren sortiert und Futter geschnitten. Jetzt steckt sie einen Finger durch das kleine Gittertürchen der Kiste. Sofort wird dieser von zwei kleinen, aber langen Pfoten umklammert und eine schwarze Knopfnase kommt zum Vorschein. „Das ist Mara“, sagt Nancy Krautz. Das so vorgestellte Tier nuckelt inzwischen sichtlich zufrieden am Finger der jungen Frau und ist nun unschwer als Waschbär zu erkennen. Vor drei Monaten war Mara als Baby ins Wildgehege gekommen, erzählt Cheftierpfleger Florian Hanisch. Seit dem kümmert sich Nancy Krautz um das Waschbärenmädchen. Und zwar rund um die Uhr. Für die Dresdnerin eine völlig neue Erfahrung. Die 20-jährige Abiturientin absolviert seit dem vergangenen September im Wildgehege Moritzburg ein Freiwilliges ökologisches Jahr (FöJ).

„Vor dem Start ins Studium wollte ich erst mal den Kopf etwas frei bekommen und für einige Zeit runter von der Schulbank“, sagt Nancy Krautz. Ihre Entscheidung, sich für das FöJ im Wildgehege zu bewerben, hat sie keine Minute bereut. Auch wenn der frühe Arbeitsbeginn um sechs zunächst gewöhnungsbedürftig war. Richtig stressig wurde es dann allerdings mit Mara. „In den ersten beiden Wochen musste ich sie alle zwei Stunden mit der Flasche füttern.“ Danach verdoppelten sich dann die Pausen zwischen den Mahlzeiten. Seit drei Wochen frisst das quicklebendige Waschbär-Mädchen nun selbst. Wenn Mara nicht gerade schläft, weicht sie ihrer Ersatzmama nicht von der Seite. Und so läuft sie den halben Tag Nancy Krautz und Hannes Müller hinterher.

Auch für den 17-jährigen Dresdner haben die letzten Wochen seines FöJ begonnen. Im Anschluss will er eine Lehrausbildung beginnen. Allerdings keine, die etwas mit Tieren zu tun hat. Dennoch, so sagt er, war das Jahr sehr nützlich für ihn. Denn statt Tischler möchte er nun Zimmerer werden. „Ich habe gemerkt, dass es mir Spaß macht, bei jedem Wetter draußen zu arbeiten.“ Nancy Krautz will dagegen gern Forstwirtschaft oder etwas Artverwandtes studieren. Am liebsten an der TU Dresden.

Mittlerweile haben sich die beiden vom Wirtschaftshof in Richtung Abenteuerpark auf den Weg gemacht. Mara ist in der Kiste natürlich mit von der Partie. Hinter der alten Anlage des Weißen Rotwildes wurden in den vergangenen Jahren mehrere Wissensstationen aufgebaut. Zu verdanken ist das vor allem Florian Hanisch. Im zurückliegenden Jahr hat der sich nicht um die beiden FöJler gekümmert, sondern auch erfolgreich eine Waldpädagogik-Qualifizierung abgeschlossen. Mit der Arbeit seiner beiden Schützlinge ist er sehr zufrieden. Heute wollen sie noch die letzten Handgriffe an einer neuen, von ihnen gebauten Station, erledigen: einer sogenannten Benjeshecke. Während Nancy Krautz und Hannes Müller die dazugehörigen Äste übereinander stapeln, klettert Mara in der schon fertigen Hecke neugierig herum. Bereits abgeschlossen ist ein anderes Projekt, mit dem sich die beiden jungen Dresdner im Wildgehege verewigt haben. Der „Tierweitsprung“ besteht aus einem dicken Stamm, an dem mit Pfählen kleine Tafeln befestigt sind, die Auskunft über die Sprungleistungen verschiedener Tierarten geben. Den langen Stamm mit verschiedenen Eisen von der Rinde zu befreien, war dabei nur eine Herausforderung.

Obwohl es immer wiederkehrende Aufgaben wie die morgendliche Futterrunde gibt, bei der die Gehege auch gesäubert werden, „ist doch jeder Tag etwas anders“, sagt Nancy Krautz. „Denn es lässt sich nun mal nicht planen, was die Tiere machen.“ Auf die Frage nach ihren besonderen Erlebnissen in diesem Jahr nennen beide den direkten Kontakt zu Tieren, „die man sonst nur von Weitem sehen kann“. „Es ist toll, einen für die Untersuchung immobilisierten Wolf zu streicheln und dabei zu sehen, wie er atmet“, sagt Nancy Krautz. Und was steht auf der Beliebtheitsskala ganz unten? „Das Ausmisten des Stalles der Minischweine“, kommt umgehend und synchron die Antwort. Während die beiden noch an der Hecke bauen, posiert das Fellknäuel vor der Kamera eines Wildgehegebesuchers. Wenn Nancy Krautz Ende August geht, zieht Mara zu den anderen Waschbären im Gehege.