SZ + Bautzen
Merken

Weißenberg sperrt Naturdenkmal

Die 2,8 Kilometer Lindenallee lange Weg zwischen Nostitz und Lauske ist nicht verkehrssicher, weil die Bäume morsch sind. Dies zu ändern, müssen andere mit ins Boot.

Von Kerstin Fiedler
 4 Min.
Teilen
Folgen
Befahren und Betreten verboten, aber gleichzeitig Wanderweg? Wolfram Reck aus Kotitz liebt die Lindenallee. Hier steht er an der Kreuzung, auf die man von Särka aus kommt. Wenn er zur Jagd will, geht er hier lang. Doch nun darf er es nicht mehr.
Befahren und Betreten verboten, aber gleichzeitig Wanderweg? Wolfram Reck aus Kotitz liebt die Lindenallee. Hier steht er an der Kreuzung, auf die man von Särka aus kommt. Wenn er zur Jagd will, geht er hier lang. Doch nun darf er es nicht mehr. © SZ/Uwe Soeder

Weißenberg. Wolfram Reck kann nur mit dem Kopf schütteln. Vor einiger Zeit hat die Stadt Weißenberg an den Zufahrten zur Lindenallee Gesperrtschilder aufstellen lassen. Einbetoniert und gut befestigt. Somit ist der kommunale Feld- und Waldweg für den Fahrzeug- und den Fußgängerverkehr gesperrt. Gleichzeitig ist die Allee aber Wanderweg. Was also soll das, fragt Reck.

Für den Weißenberger Bürgermeister Jürgen Arlt (parteilos) eine schwierige Situation. Auf der einen Seite ist er froh, dass im Stadtgebiet so viele tolle Naturdenkmale existieren, zu denen auch die Lindenallee zwischen Nostitz und Lauske gehört. Auf der anderen Seite ist er als Bürgermeister für die Verkehrssicherheit des Weges zuständig, da dieser öffentlich gewidmet ist. Da aber die knapp 500 Bäume zu einem großen Teil geschädigt sind, weil sie ja ein gewisses Alter erreicht haben, kann er keine Sicherheit garantieren.

Die Lindenallee zwischen Nostitz und Lauske ist laut dem Chef der Grünen Liga Oberlausitz, Rolf Kubenz, die zweitlängste zusammenhängende Allee in Deutschland. Seit kurz nach der Wende kümmert sich die Grüne Liga um die Bäume. Jedes Jahr gehen die Mitarbeiter den Weg ab, beseitigen Windbruch, nehmen aber auch Wildwuchs heraus und schneiden Stock- und Wurzelaustriebe oder tiefsitzende Seitentriebe von den Linden. „Die Bäume sind nun einmal alt“, sagt Kubenz. Sie wurden ab 1818 bis 1850 auf Betreiben des Reichsgrafen Gottlieb Wilhelm von Bressler gepflanzt. „Neben ihrem landschaftsprägenden Charakter stellt sie aufgrund ihres hohen Alters und ihrer beträchtlichen Länge einen besonders wertvollen Lebensraum für zahlreiche Vogelarten, Fledermäuse und Insekten dar“, sagt Rolf Kubenz. Er hofft immer noch auf Fördermittel, die der Landkreis beantragen wollte, damit auch dafür einmal eine Untersuchung angestellt werden kann. Doch seit es vor einem Jahr ein Gespräch zwischen der Stadt, der Grünen Liga und der Unteren Naturschutzbehörde gab, habe er davon nichts mehr gehört. Seine Mitstreiter im Naturschutz schaffen es nicht allein, die Bäume in Ordnung zu halten und zu bringen, sagt er.


An der Kreuzung von Nostitz kommend, steht dieses Schild. Auf der anderen Straßenseite stehen die Sperrschilder. 
An der Kreuzung von Nostitz kommend, steht dieses Schild. Auf der anderen Straßenseite stehen die Sperrschilder.  © SZ/Uwe Soeder

Und die Stadt? „Wir hatten die Aussage vom Landratsamt, dass bis Mitte Februar etwas geschehen wird“, sagt Jürgen Arlt. Doch nun ist der Februar vorbei. Normalerweise dürfen nur zwischen Oktober und Februar Baumpflegearbeiten vorgenommen werden. Doch das hat sich nun erledigt. da die mit der Lindenallee Lauske betrauten Mitarbeiterinnen der Behörde winterferienbedingt im Urlaub sind. Und so heißt es in der Unteren Naturschutzbehörde: „Ohne die Zustimmung der Fachkolleginnen kann eine naturschutzrechtliche Freigabe des Wanderweges einschließlich eventueller Baumfällungen im Februar nicht erfolgen“, so Reno Janich vom Sachgebiet Naturschutz. Diese Antwort wurde am Mittwoch auch dem Weißenberger Bürgermeister mitgeteilt.

„Hier beißen sich die Gesetze wieder einmal gegenseitig in den Schwanz“, findet Wolfram Reck. „Warum kann man nicht zum Beispiel ein Schild aufstellen mit dem Hinweis Betreten auf eigene Gefahr“, fragt der passionierte Jäger. Er würde doch auch nicht dort langgehen, wenn es stürmt, sagt er. Und der Menschenverstand sollte auch bei Wanderern und Radfahrern vorhanden sein. Aber die Angst des Bürgermeisters, dass er zur Verantwortung gezogen wird, wenn etwas passiert, ist größer. Deshalb hat er nun die Schilder aufgestellt. Fest einbetoniert deshalb, weil die mobilen Schilder schon mehrfach gestohlen wurden.

Für Rolf Kubenz ist die Vorstellung auch unbefriedigend. „Wir wollen den Leuten unsere Naturschönheiten nahe bringen und sperren sie“, sagt er. Dabei befindet sich der Weg in der freien Landschaft, die laut Waldgesetz frei betretbar ist. Immerhin kann er einen Erfolg vermelden. „Demnächst werden wir sechs Bäume nachpflanzen – möglich durch die Hochwassermaßnahmen vom Starkregen 2013. Eine Lösung aus seiner Sicht? „Vielleicht sollte die Stadt den Weg entwidmen. Auf einem Wirtschaftsweg wäre jeder selbst für seine Sicherheit zuständig, denkt Rolf Kubenz. Und Wolfram Reck hofft, dass die Verantwortlichen noch einmal dazu beraten.