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Wenn das Alphorn in der Lausitz ruft

Die Lausitzer Hangfichten bringen die Musik der Berge ins Flachland. Ein Geburtstagsgeschenk ist schuld.

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© HY-photo Gernot Menzel

Von Anja Wallner

Langholztransporter oder Autos mit Anhänger sucht man vor der Jagdhütte Bergen an diesem Mittwochabend vergebens. Nur ganz normale Pkw stehen am Domizil des Vereins „Am Elsterwald“. Hier proben heute sechs Musiker, die einem – nun ja – nicht eben handlichen Instrument verfallen sind: dem bis zu vier Meter langen Alphorn. Lausitzer Hangfichten nennt sich die Bläsergruppe. Nicht, weil es hier so viele Hänge und Fichten gibt – eher schon plattes Land und Kiefern, sondern weil Alphörner in der Regel aus dem gekrümmten Holz am Hang wachsender Fichten hergestellt werden.

Seit mehr als drei Jahren widmen sich die fünf Männer und eine Frau dem majestätisch wirkenden Instrument. Genutzt wurde dieses ursprünglich von den Hirten in den Alpen , um Nachrichten zu übermitteln, erklärt „Hangfichte“ Jochen Lenz. Draußen, vor der Hütte, erklingt passenderweise der „Allgäuer Hirtenruf“.

Das Alphorn im Freien zu spielen, ist Eherensache. Es klinge einfach auch besser, meint Jochen Lenz. „Die Hörner sollen ja ein Echo zurückbringen.“ So gewaltig wie im Hochgebirge fällt das im Flachland zwar nicht aus, trotzdem ist der Klang der großen Instrumente beeindruckend.

Hervorgegangen sind die Lausitzer Hangfichten unter anderem aus der Jagdhornbläsergruppe Geierswalde. Deren Leiter Hans-Jürgen Heyne gibt auch bei den Alphornbläsern den Ton an. „Wir sind alle vorbelastet mit Blasinstrumenten“, meint Jochen Lenz schmunzelnd. Infiziert mit dem Alphorn-Virus – mit der Begeisterung und Leidenschaft für diese Lausitz-untypischen Instrumente – wurden sie etwa im Herbst 2010 durch Bernd Neffe, der bei den Hangfichten als Komponist fungiert. Der besaß damals schon ein Alphorn; dann bekam Hans-Jürgen Heyne eines zum Geburtstag, und dann wollten die anderen beiden Musiker der heutigen Hangfichten-Stammbesetzung auch eines.

Sie kauften die Instrumente 2011 bei Bernhard Köhler aus Walddorfhäslach in Baden-Württemberg. Bernhard Köhler war früher Kirchenmusikdirektor und hat sich nach seiner Pensionierung ganz den Alphörnern und deren Bau gewidmet. Mit ihm verbindet die Hangfichten inzwischen eine enge Freundschaft; Bernhard Köhler hat auch schon Hoyerswerda und das Seenland besucht. Rund 2 300 Euro kostet so ein handgefertigtes Alphorn, das übrigens aufgrund seines Kesselmundstücks zu den Blechblasinstrumenten zählt. „Aber Alphörner müssen ganz anders geblasen werden als beispielsweise Jagdhörner“, erklärt Jochen Lenz. Man benötige eine ganz andere Lippenspannung und viel mehr Luft. Durch das Blasen wird die Luftsäule zum Schwingen gebracht, und es entstehen die getragenen, beruhigenden Töne. Alphörner sind sensibel und feinfühlig – obwohl sie auf den ersten Blick nicht unbedingt so erscheinen.

Die Bläsergruppe hat aber nicht nur die typisch alpenländischen, majestätischen Stücke im Repertoire, sondern entlocken ihren Alphörnern auch richtig lustige, beschwingte Sachen wie Polka oder einen flotter Walzer. „Bei Auftritten“, meint Hans-Jürgen Heyne, „kann man nicht nur Langsames, Feierliches bringen.“ Noten beziehen sie übers Internet oder über Bernhard Köhler; eigene Titel wie das Stück „Lausitzer Hangfichten“ steuert Bernd Neffe bei. Eine halbe bis drei viertel Stunde Programm bietet die Gruppe, die seit 2011 „Konzerte aus Spaß“ gibt, wie Hans-Jürgen Heyne sagt. Bei Dorffesten und Feiern in der Umgebung treten die Lausitzer Hangfichten auf, erlebten aber auch das Landesbläsertreffen im vergangenen Sommer auf der Festung Königstein mit.

Wie reagieren die Leute auf die Alphorn-Musik? „Erstaunt, erfreut, durchweg positiv“, erzählt Bernd Neffe.

Derzeit bereitet sich die Gruppe auf einen Auftritt zu Bernhard Köhlers 40. Alphornbau-Jubiläum vor. Zuvor aber, gleich am nächsten Tag, wird sie die Schüler eines Bautzener Gymnasiums in Erstaunen versetzen. Denn Gloria Schneider – Mitglied der Gaußiger Jagdhornbläser und in der erweiterten Besetzung der Hangfichten – wird für die Schule eine Projektarbeit zum Thema Alphorn präsentieren. Ganz klar, wer den musikalischen Beitrag zur Unterrichtsstunde leistet …

Und wie bekommt man das Alphorn nun ins Auto? Nun, die Musiker können es in ganz normale Instrumententaschen packen, denn Alphörner lassen sich mehrfach „stückeln“. Die endgültige Länge des Holzkörpers diktiert sogar, welche Stimmung der Bläser erzeugen kann: je länger das Alphorn, desto tiefer der Ton.

Kontakt: 03571 418540

[email protected]