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Wenn die Scham nicht so groß wäre...

über die Stigmatisierung durch Kopfläuse

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Ines Eifler

Zugegeben, es ist nicht angenehm, als „Läusekind“ ausgegrenzt zu werden. Noch vor 25 Jahren, als die Läusekontrolle in die Schule kam und strenge Frauen in weißen Kitteln allen Kindern mit ihren Stricknadeln durch die Haare fuhren, wusste danach gleich jeder, wer Läuse hatte oder wenigstens Nissen auf dem Kopf. Da blieben Hänseleien nicht aus. Doch heute ist alles Datenschutz. Im Idealfall erfahren nur noch Schule und Kita, wenn ein Kind Läuse hat. Für die Mitschüler ist das Kind einfach einen Tag krank. Eltern werden anonym informiert. Also eigentlich kein Grund, sich vor Ausgrenzung zu fürchten.

Aber das Vorurteil ist alt und wohl genauso unausrottbar wie die Läuse selbst: Nur schmutzige Kinder haben Läuse, nur Familien am Rand der Gesellschaft. Bei sauberen, ordentlichen Leuten kommt das nicht vor. Zum Glück ist das Unsinn. Zum Glück haben auch Kinder von Akademikern, Ärzten, Hebammen, Journalisten und Beamten Läuse. Die einzigen, die gefährdeter sind als andere, sind Kinder, die gemeinsam spielen, kuscheln und ihre Köpfe eng zusammenstecken, Kinder mit langen Haaren und Kinder von Eltern, die es nicht immer pingelig genau nehmen. Und sind Geselligkeit, Mädchenfrisuren und Großzügigkeit Dinge, für die man sich schämen muss?