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Wer sind die Köpfe hinter der rechten Demo in Bautzen?

Neonazis wollen am 8. März demonstrieren. Stadträte und Kirche engagieren sich dagegen.

Von Marleen Hollenbach
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Rechte Gruppen planen am 8. März auf dem Bautzener Kornmarkt eine Kundgebung. Organisator ist der ehemalige NPD-Kreischef Marco Wruck, der sich mittlerweile der rechten Splitterpartei „Die Republikaner“ angeschlossen hat.
Rechte Gruppen planen am 8. März auf dem Bautzener Kornmarkt eine Kundgebung. Organisator ist der ehemalige NPD-Kreischef Marco Wruck, der sich mittlerweile der rechten Splitterpartei „Die Republikaner“ angeschlossen hat. © SZ/Uwe Soeder

Bautzen. Ausgerechnet am Frauentag will ein Bündnis in Bautzen gegen eine Frau mobil machen. Am 8. März ist auf dem Kornmarkt eine Demonstration angemeldet, die sich gegen die Stadtrats-Kandidatur der Historikerin Annalena Schmidt richtet. Die 32-Jährige legt immer wieder den Finger in politische Wunden, dokumentiert und kommentiert im Internet rechte Auswüchse in der Stadt. Jetzt will sie im Stadtrat mitmischen. Auf der Liste der Grünen wird ihr Name bei der anstehenden Kommunalwahl im Mai zu finden sein.

Für den ehemaligen NPD-Kreischef Marco Wruck ist diese Tatsache Anlass genug, um eine Demonstration anzumelden. Es ginge nicht darum, die Historikerin von ihrer Stadtratskandidatur abzuhalten, erklärt er. Doch er sagt auch: „Wir wollen unsere Meinung dazu kundtun.“ Mit dem „wir“ meint er Personen, die politisch am rechten Rand stehen. Einige von ihnen sind sogar vorbestraft.

Schon der Veranstalter selbst hat es mit dem Recht nicht immer so genau genommen. Das Bautzener Amtsgericht verurteilte Marco Wruck im Jahr 2014 wegen Betrugs zu zehn Monaten Haft. Außerdem ist er mehrfach vor allem wegen Vermögensdelikten vorbestraft. Das Online-Portal „Blick nach Rechts“ berichtet, Marco Wruck sei nach internen Streitigkeiten im vergangenen Sommer von der NPD rausgeschmissen worden und habe sich mittlerweile der rechten Splitterpartei „Die Republikaner“ angeschlossen. Dort sei er Bezirksbeauftragter für Ostsachsen und Kandidat für die Europawahl.

Wohnung bei Razzia durchsucht

In diesem Kontext muss man auch den Leipziger Alexander Kurth betrachten, der laut Veranstalter bei der Bautzener Demo mindestens als Zuschauer dabei sein wird. Der frühere NPD-Funktionär ist derzeit Mitglied im sächsischen Landesvorstand der „Republikaner“. Erst vor einer Woche wurde seine Wohnung bei einer Razzia durchsucht. Das berichtet unter anderem die „Leipziger Internet Zeitung“. Die Ermittler werfen den insgesamt zehn Beschuldigten die „Bildung einer kriminellen Vereinigung“ vor. Außerdem saß Kurth immer mal wieder auf der Anklagebank.

2003 hatten er und ein Komplize den Prinzen-Sänger Sebastian Krumbiegel und den Schlagzeuger der Band, Ali Ziemer, angegriffen. Wegen gefährlicher Körperverletzung und schwerem Raub wurde er zu viereinhalb Jahren Gefängnis verurteilt. Ebenfalls wegen gefährlicher Körperverletzung, Betrug und der Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen musste er 2009 noch einmal ins Gefängnis.

Die „Republikaner“ sind ein Sammelbecken von ehemaligen NPD-Leuten, die eine Partei rechts neben der AfD etablieren wollen. Dafür suchen sie offenbar den Kontakt zu dem ehemaligen sachsen-anhaltischen AfD-Parteichef André Poggenburg. Dieser ist bei der Bautzener Demo am 8. März als Redner angekündigt. Poggenburg machte zuletzt Schlagzeilen, weil er sich mit einer Handvoll Mitstreitern von der AfD abspaltete und seine Partei „Aufbruch deutscher Patrioten“ gründete.

Erst im Januar klagte der 43-Jährige bei seiner Rede in Cotta, einem Dorf bei Pirna darüber, dass Begriffe wie „Volksgemeinschaft“ tabuisiert werden und das es von der AfD-Parteiführung keine Unterstützung mehr für die nationale Sache gebe. Offenbar verspricht er sich nun auch von der Demo in Bautzen, weitere Anhänger rekrutieren zu können.

Friedensgebet im Dom

Fest an seiner Seite ist Egbert Ermer. Von den Veranstaltern wird auch er bei der Demo in Bautzen als Gast angekündigt. Noch vor kurzem war er Chef der AfD im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge. Mehrfach sprach er bei Pegida auf großer Bühne. Jetzt ist Ermer eines der Gesichter von Poggenburgs neuer Bewegung.

Gegen 18.30 Uhr soll die Demo auf dem Kornmarkt in Bautzen beginnen. Nach einer Kundgebung wolle man gemeinsam Richtung Hauptmarkt laufen, erklären die Organisatoren. Wie das Landratsamt mitteilt, ist an diesem Tag keine weitere Demo angemeldet. Es gibt aber Bautzener, die nicht einfach zusehen wollen, wie rechte Gruppen durch ihre Stadt laufen. Bei der Stadtratssitzung am Mittwoch informierte Heiner Schleppers über eine geplante Aktion. Zusammen mit den evangelischen und katholischen Kirchgemeinden St. Petri lädt Schleppers dazu ein, am 8. März ein „Licht gegen Hass“ zu setzen.

Im Dom in Bautzen findet an dem Demo-Freitag um 18 Uhr ein Friedensgebet statt. Dazu sind alle eingeladen. Im Anschluss sollen Kerzen verteilt werden. „Mit denen wollen wir aus der Kirche heraustreten“, so Schleppers. Auf dem Fleischmarkt soll dann Zeit für Gespräche und einen friedlichen Gedankenaustausch sein.

Ebenfalls eine Absage an den Demo-Organisator Wruck kommt von Initiativen rund um den Unternehmer Jörg Drews. In einer gemeinsamen Erklärung rufen unter anderem „Wir sind Deutschland“, der Verein „Bautzener Frieden“ und das Bürgerbündnis Bautzen gemeinsam dazu auf, nicht an der Demo teilzunehmen.

Bautzen wehrt sich gegen rechte Demo