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Wie die Altlast am Kohlberg verschwindet

Nach langem Ringen wird die Deponie Pirna-Zehista endgültig abgedichtet. Dank eines glücklichen Umstandes hält sich der Aufwand in Grenzen.

Von Thomas Möckel
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Ebene am Kohlberg, im Hintergrund die Deponie Zehista: Noch immer treten Schadstoffe aus.
Ebene am Kohlberg, im Hintergrund die Deponie Zehista: Noch immer treten Schadstoffe aus. © Thomas Möckel

Die Ebene südwestlich des Pirnaer Kohlbergs ähnelt derzeit einer Mondlandschaft. Fachleute haben große Flächen planiert, Straßen gebaut, Erdwälle geformt, auf einzelnen Arealen türmen sich bereits große Erdhaufen.

Das Gelände dient vorübergehend als Lagerfläche für ein großes Bauvorhaben: die Pirnaer Südumfahrung. Überschüssiges Material, vor allem der Aushub aus dem in Kürze entstehenden Kohlbergtunnel, wird zunächst auf diese Ebene gebracht. Nach Aussage von Ulrich Gawlas, Bauoberleiter der Südumfahrung, analysieren dann Experten, ob der Aushub mit Schadstoffen belastet ist. Ist alles in Ordnung, kann das Material weiter verwertet werden, andernfalls muss es auf eine Deponie.

Nun gibt es allerdings - völlig losgelöst vom Bau der Südumfahrung - am Kohlberg einen bislang noch ungelösten Problemfall. Unter einem inzwischen bewachsenen Hügel unweit der Erd-Lagerflächen schlummert eine gefährliche Altlast: die Deponie Pirna-Zehista, die Halde des ehemaligen Kunstseidenwerkes.

Trotz mehrfacher Versuche ist es bis heute nicht gelungen, die Deponie abzudichten, noch immer fehlt die finale Deckschicht, noch immer treten Schadstoffe aus.

© Stadt Pirna

Gefahr wird endgültig gebannt

Nun aber ist eine Lösung in Sicht. Die von der Abfallkippe ausgehende Gefahr könnte in den kommenden Jahren endgültig gebannt werden. 

Die Firma "Amand Bau Sachsen GmbH & Co. KG" mit Sitz in Grumbach hatte im November 2019 bei der Landesdirektion Sachsen - zuständig für die Deponie-Sanierung - beantragt, die Halde am Kohlberg final zu sichern. 

Grundlage dafür ist eine von einem Ingenieurbüro entwickelte sogenannte Ausführungsplanung, um die Deponie endgültig zu sichern und abzuschließen. Diese Pläne liegen der Stadt Pirna seit Februar 2020 vor. In einer Stellungnahme an die Landesdirektion hat das Rathaus dieser Planung zugestimmt, der Stadtrat wiederum hat kürzlich diese Stellungnahme gebilligt. Nun steht dem Deponie-Abschluss nichts mehr im Weg. 

Schadstoffe sickern ins Grundwasser

Noch erweist sich vor allem die nicht vollständig verschlossene Oberfläche als Gefahrenquelle. Nach Aussage der Stadt wurde bei den Kontrollen auch das Grundwasser an zwei Messstellen nahe der Deponie überprüft. Dabei stellten die Gutachter fest, dass einige Schadstoffe im Grundwasser derart hoch konzentriert sind, sodass die Messwerte einen bestimmten Schwellenwert überschritten. Das Fazit: die auf der Deponie gelagerten Stoffe verändern die Grundwasserbeschaffenheit nachteilig.

Laut Rathaus bestehe daher dringend Handlungsbedarf, um das Grundwasser zu schützen und dessen Beschaffenheit zu verbessern. 

Mächtige Erdschicht deckt die Halde ab

Geschehen soll dies mit einer mächtigen Erdschicht. Ursprünglich war vorgesehen, auf die Deponie eine Schicht mit einer Dicke von 1,40 Meter aufzutragen. Aus Gründen des Grundwasserschutzes wird diese Schicht nun drei Meter dick, weil erst damit die Halde zuverlässig abgedichtet werden kann, sodass keine Schadstoffe mehr ins Grundwasser sickern. 

Damit wächst die Deponie allerdings auf eine Gesamthöhe von 187 Meter über Null an, die Stadt hat dieser Endhöhe aus Gründen des Grundwasserschutzes zugestimmt. Und die Landesdirektion attestiert: die mit der zusätzlichen Höhe verbundene, geänderte Blickbeziehung wirke sich nicht nachteilig auf das Landschaftsbild aus. 

Deponie blieb jahrelang unbearbeitet

Mit dem finalen Abschluss der Deponie neigt sich nun ein jahrelanges Verfahren dem Ende. Ein früherer Betreiber wollte die Halde bereits in den 2000er-Jahren abdichten. Die Arbeiten begannen auch, zu Ende gebracht wurden sie allerdings nicht, mehrere Termine wurden nicht gehalten. 

So teilte das Rathaus im September 2006 auf eine Anfrage des Stadtrates Claus-Dieter Hampel (Linke) mit, der vollständige Abschluss der Deponie sei für 2007 vorgesehen. Daraus wurde aber nichts, wie eine neue Anfrage, diesmal von CDU-Stadtrat Frank Ludwig, von 2009 zeigt. Laut der Landesdirektion war zu diesem Zeitpunkt ein Teilbereich abgedichtet, rekultiviert und bepflanzt. Fertig war das Vorhaben aber noch immer nicht - und konnte es auch nicht mehr werden. 

Der bisherige Betreiber hatte zwischenzeitlich Insolvenz angemeldet. Nach Aussage des Rathauses liege aufgrund dieser Insolvenz die Deponie Zehista im teilsanierten Zustand seit etwa zehn Jahren unbearbeitet da. 

Erst durch den neuen Betreiber Amand lässt sich nun erledigen, was das Kreislaufwirtschaftsgesetz vorsieht: Deponien sollen nach Ende der Abfall-Ablagerung zeitnah geschlossen werden. 

Kurze Wege vom Tunnel zur Deponie

Dank eines glücklichen Umstandes hält sich der Aufwand dafür in Grenzen. Grundsätzlich haben der Deponie-Abschluss und der Bau der Südumfahrung nichts miteinander zu tun.

Aber: Die Firma Amand arbeitet auch an der Südumfahrung. Unter anderem ist sie dafür zuständig, den Aushub aus dem Kohlbergtunnel abzutransportieren. Aus diesem Bauabschnitt gibt es einen Material-Überschuss von 200.000 Kubikmetern. 

Die Doppelfunktion von Amand bringt nun einige Vorteile mit sich. Ein Großteil des Tunnelaushubes kann dafür verwendet werden, die Deponie abzudichten. Die Erdmassen müssen daher nicht abgefahren und anderweitig teuer verwertet werden. Zudem gibt es wegen der Südumfahrungs-Baustelle auf dem Kohlberg vorübergehend mehrere Baustraßen, die auch am Deponiekörper vorbeiführen. Somit ist ein direkter Anschluss von der Tunnelbaustelle zur Deponie gegeben, der überdies recht kurz ist. Auf diese Weise werden für den Materialtransport auch keine öffentlichen Straßen belastet.

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