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Wie Dresden den Borkenkäfer stoppen will

Diesen Sommer hat der Schädling tausende Fichten befallen. Den Wald wird das radikal verändern.

Von Kay Haufe
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Tausende vom Käfer befallene Bäume mussten dieses Jahr in der Heide gefällt werden, wie hier im August nahe dem Dachsenberg.
Tausende vom Käfer befallene Bäume mussten dieses Jahr in der Heide gefällt werden, wie hier im August nahe dem Dachsenberg. © Christian Juppe

Sie lagern noch an vielen Waldwegen: große Holzstapel. Allein in der Dresdner Heide mussten dieses Jahr 60 000 Kubikmeter Holz geschlagen werden. Vor allem Fichten haben mit ihren flachen Wurzeln im zweiten trockenen Sommer hintereinander zu wenig Wasser bekommen. Ein Fest für den Borkenkäfer, der einen Großteil der geschwächten Bäume befallen und sich dort explosionsartig vermehrt hat. Neben dem Sachsenforst spürt auch die Stadt die Auswirkungen.

Wie ist die Situation in der Heide und im Stadtwald?

Rund die Hälfte der über 50 Jahre alten Fichtenbestände in städtischen Waldgebieten ist schon oder wird in den nächsten Jahren absterben, schätzt das Amt für Stadtgrün ein. Neben der Trockenheit und dem Borkenkäferbefall haben auch Stürme und Schneebruch den Bäumen geschadet. Das betreffe aber vor allem die Waldflächen außerhalb von Dresden, sagt Till Käbsch, persönlicher Referent der Umweltbürgermeisterin. Die Stadt besitzt seit Jahrhunderten Wald unter anderen in den Revieren Dittersbach, Neustadt und Klingenberg. Die Flächen in Dresden sind zwar insgesamt rund 690 Hektar groß, aber kleinteilig über die gesamte Stadt verstreut. Die größten sind der Albertpark an der Bautzner Straße und die Junge Heide am Heidefriedhof. Sie sind nicht so stark vom Käfer geschädigt. Die Heide, die von Sachsenforst bewirtschaftet wird, hat allerdings sehr stark gelitten, immerhin macht die anfällige Fichte darin ein Viertel des Baumbestandes aus. Ein Großteil der gefällten Bäume ist bereits abtransportiert und verarbeitet. Besonders betroffen waren die Reviere Langebrück, wo 22 000 Kubikmeter betroffen waren, und Ullersdorf mit 20 000 Kubikmetern. Das Bühlauer Revier verlor 8 000 Kubikmeter Fichten.

Welche finanziellen Folgen hat das Baumsterben?

Bisher haben die Baumverkäufe aus den Waldgebieten außerhalb Dresdens so viel Geld eingespielt, dass es den hohen Pflegeaufwand für die kleinen Stücke in der Stadt kompensiert hat, sagt Käbsch. Doch inzwischen hat sich die Situation verändert. Allein für Schadensbeseitigung und Wiederaufforstung benötigt die Stadt von 2020 bis 2044 rund 720 000 Euro. Weil die Förderprogramme hoffnungslos überzeichnet sind, ist daraus kein Geld zu erwarten. Doch der Holzpreis ist im Keller und damit die Kosten nicht auszugleichen, wie auch Sachsenforst schmerzhaft merkt. Gab es 2017 noch durchschnittlich rund 60 Euro für den Kubikmeter Holz, sind es derzeit gerade mal 28 Euro. „Aber wir sind froh, dass wir unser Holz zuletzt sehr gut in Kodersdorf und Baruth losgeworden sind“, sagt Forstdirektor Heiko Müller. Glücklicherweise habe Sachsenforst mit den Holzeinschlagsunternehmen langfristige Verträge, sodass diese Kosten weiterhin gleich geblieben sind.

Das typische Fraßmuster des Borkenkäfers unter einer Fichtenrinde. Am Ende der Gänge legt der Schädling seine Eier ab, aus denen Maden schlüpfen. 
Das typische Fraßmuster des Borkenkäfers unter einer Fichtenrinde. Am Ende der Gänge legt der Schädling seine Eier ab, aus denen Maden schlüpfen.  © Matthias Rietschel

Mit welchen Baumarten wird der Wald wieder aufgeforstet?

Das Bild der Heide wird sich grundlegend verändern. Dabei setzt Sachsenforst, der im Auftrag der Stadt auch die städtischen Flächen außerhalb Dresdens pflegt, vor allem auf die Eiche. „Wir erhoffen uns von der Baumart einen langfristig stabilen Bestand, der auch mit Stürmen besser klarkommt“, sagt Müller. Derzeit kommen am Dachsenberg, wo ein großer Fichtenbestand gefällt werden musste, 10 000 kleine Eichen in den Boden. 60 000 werden im Revier Langebrück aufgeforstet. „Auf großen Freiflächen nehmen wir auch gern Lärche, die zwar auch trockenheitsanfällig ist, aber schnell wieder einen waldartigen Charakter entstehen lässt“, sagt der Forstdirektor. Außerdem werden noch bis Weihnachten Weißtanne und Stieleiche ausgesät. Langfristig wird die Fichte nicht komplett aus dem Wald verschwinden, aber nur noch fünf bis maximal zehn Prozent des Bestandes ausmachen, sagt Müller. Er hofft, dass sie durch den Borkenkäfer nicht völlig verloren geht, denn sie gehöre zur typischen Waldgesellschaft in der Dresdner Heide.

Mit welchen weiteren Problemen rechnen die Förster?

In diesem Jahr konnte sich Sachsenforst große Mengen von Pflanzen aus verschiedenen Baumschulen zur Aufforstung sichern. Doch das wird in ein, zwei Jahren anders, befürchtet der Forstdirektor. Denn 2019 haben die Bäume kaum Früchte getragen, es gibt kaum Saatgut. Und damit fehlen die Setzlinge für weitere Anpflanzungen. Zudem kommen auch weitere Baumarten wie die Kiefer, die eigentlich als trockenheitsresistent galt, immer schlechter mit fehlendem Regen klar und gehen auf sandigen Standorten ein. „Ich hätte nie gedacht, dass das passiert, weil die Kiefer sehr tiefreichende Wurzeln hat. Aber der Grundwasserspiegel ist dramatisch abgesunken“, sagt Müller. Daran haben auch die Regenfälle der letzten Wochen nichts ändern können.

Wird es langfristig gelingen, den Borkenkäfer loszuwerden?

Zeigen sich die nächsten Sommer mit viel Regen und kühlen Phasen, wird die Population des Borkenkäfers abnehmen, ist Heiko Müller sicher. Doch in den kommenden zwei, drei Jahren sieht er weiter große Probleme durch den Schädling, der dank der Hitze optimale Lebensbedingungen hatte und drei, statt zwei Generationen hervorgebracht hat. „Und er scheint in der Lage zu sein, auf andere Bäume umzusteigen, falls er keine Fichten mehr findet“, wie ihm Leipziger Kollegen berichtet haben.

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