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Wie familienfreundlich ist Reichenbach?

Schulen und Kindergärten sind ausgelastet, es ziehen wieder mehr Familien in die Stadt. Sie loben das vielfältige Angebot. Doch ein Kinderarzt fehlt schmerzlich.

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Von Constanze Junghanß

Im vergangenen Jahr erblickten 29 kleine Reichenbacher das Licht der Welt. 2016 sind es bis Anfang August beinahe schon genauso viele: 28 Babys wurden geboren. Viele davon werden später die Kindergärten und Schulen besuchen. Denn Reichenbach ist Schulstandort für Grund- und Oberschule, hat in der Stadt selbst und den zugehörigen Ortsteilen vier Kindergärten, sowie im zugehörigen Sohland zwei Tagesmütter vorzuweisen. Sind die Einrichtungen ausgelastet und was bietet Reichenbach seinen jüngsten Bewohnern? Wo gibt es Verbesserungsbedarf? Die SZ hat Zahlen und Fakten zusammengetragen:

Wie viele Kinder besuchen die Reichenbacher Schulen und Kitas?

Zuerst: Die Kindergärten befinden sich in Reichenbach, Meuselwitz, Mengelsdorf und im eingemeindeten Sohland. Die Auslastung der Einrichtungen nahm in den vergangenen Jahren wieder zu. Das bestätigen die Einrichtungen. Die wenigen freien Plätze sind zum Großteil bereits von Eltern vorangemeldet, sodass nur wenig Luft nach oben bleibt. Diese vier Kindertagesstätten, zu denen auch je ein Hort in Sohland und Meuselwitz gehören, werden momentan von insgesamt 248 Kindern besucht.

In den beiden Schulen lernen 522 Kinder, in der Grundschule sind es 212. In diesem Jahr wurden 61 Kinder eingeschult, und nach vielen Jahren wurden, statt bisher zwei, sogar drei erste Klassen gebildet. In der Vergangenheit lagen die Schülerzahlen bei durchschnittlich 185 Kindern. In der Oberschule gibt es rund 310 Schüler.

In der Hortbetreuung in Reichenbach stehen 140 Plätze zur Verfügung, von denen 133 belegt sind. Aufgrund der vielen Hortanmeldungen ist die Einrichtung zweigeteilt: In der Schule sind 64, im Haus auf der Geschwister-Scholl-Straße 69 Kinder. 74 Kinder besuchen die Kita in Sohland, 90 Kinder den Kindergarten Reichenbach, 30 den Kindergarten Mengelsdorf und 54 die evangelische Kita in Meuselwitz.

Woher kommen die Kinder und die hohe Auslastung der Einrichtungen?

Obwohl die Geburten leicht zulegen, erreichen sie höchstens das Niveau von vor 20 Jahren. So wurden 1995 noch 34 Kinder in Reichenbach geboren, ein Jahr darauf sogar 41. Woher kommen also die deutlich mehr Kinder in den Schulen? Das Rathaus kann darauf keine Antwort geben. Den naheliegenden Verdacht, Flüchtlingskinder würden die Zahl der Grundschüler nach oben treiben, kann Bürgermeisterin Carina Dittrich nicht bestätigen. Das sei nur unwesentlich der Fall. Im ASB-Kindergarten Reichenbach sind auch nur drei Flüchtlingskinder angemeldet. Eher wirkt wohl doch der Zuzug von Familien in den vergangenen Jahren. Frau Dittrich zufolge werde Wohnraum für Familien in Reichenbach knapper. Zum Beispiel seien im Herbst mehrere Familien in das ehemalige Neubaugebiet gezogen. Auch der Leerstand in der „Papageiensiedlung“ ist vom Tisch: Hier wohnen nun vor allem Familien mit Kindern. Fast alle Wohnungen sind belegt.

Was macht Reichenbach für Zuzügler so attraktiv?

Die Infrastruktur für Familien ist stimmig. Neben den Kindereinrichtungen sind Einkaufsmöglichkeiten ebenso vorhanden wie Bus- und Bahnverbindungen. Das bestätigt auch Carina Dittrich so und verweist zudem auf die Freizeitmöglichkeiten vom Bad über den Jugendclub bis hin zu Musikschule sowie die Sportangebote und Vereine. Mareen Thiele gehört zu den „Zuzüglern“ und stammt aus Herwigsdorf. Die Familie erwartet ihr viertes Kind. „Wir wohnen gerne in Reichenbach, das ist unser Zuhause“, sagt sie. Bewusst habe sich die Familie für den Wohnort entschieden, da fast alles an Notwendigkeiten vor Ort mit kurzen Wegen erreichbar ist. „Es gibt sogar eine Logopädie und Physiotherapien sind ebenfalls vorhanden.“

Was fehlt in der Stadt, um diese noch familienfreundlicher zu gestalten?

Beim Familienkompass der SZ im Jahr 2013 belegte Reichenbach mit der Gesamtnote von 2,8 nur einen Mittelfeldplatz. Zum Vergleich: Die beste Region im SZ-Verbreitungsgebiet erzielte die Gesamtnote 2,3. Am schlechtesten schnitt Reichenbach bei der Rubrik „Ärzte“ ab mit der Note 3,7. Zwar gibt es zwei Allgemeinärzte und eine Augenärztin. Doch was den Familien fehlt, ist ein Kinderarzt. Die Wege zu Kinderärzten führen im Krankheitsfall, zum Impfen und zu den Vorsorgeuntersuchungen bis nach Görlitz oder Löbau. Auch um ein anderes Problem weiß die Bürgermeisterin: „Buslinien, vor allem in die Ortsteile, sollten häufiger fahren. Aber angesichts der Auslastung wird das in Zukunft nicht einfacher.“ Reichenbach hatte vor Jahrzehnten ein Kino. Vielleicht gebe es einmal die Möglichkeit, auch ein Kinoangebot zu schaffen, überlegt Carina Dittrich. Im Via-Regia-Haus fand bereits eine erste Filmvorführung in diesem Jahr statt. Organisiert wurde das von der evangelischen Freikirche.