Von Denni Klein
Wilhelmine Reichard gilt als Pionierin der modernen Luftfahrt. Sie war 1811 die erste Frau, die eine Ballonfahrt unternahm. Es war der 30. September. Die schwangere Wilhelmine sah, wie ihr Ballon von Windböen hin und her schaukelte. Der Korb schwankte bedrohlich. Ihr Fahrgerät stand im Zwingergarten, wo Tausende die Erstfahrt einer Frau mit einem Ballon erwarteten. „Um möglichst rasch der Gefahr zu entgehen, gegen umstehende Hindernisse geworfen zu werden, wagt Frau Reichard um 15.30 Uhr den Aufstieg“, beschreibt Buchautor Thomas Lohse die Minuten der Premiere. Doch weil sie zu viel Ballast abgeworfen hatte, soll ihr Ballon auf über 7800 Meter gestiegen sein, wo er schließlich zerplatzte. Die Ballonhülle wirkte aber wie ein Fallschirm, der den Absturz bremste und Wilhelmine Reichard (1788–1848) und ihrer späteren Tochter das Leben rettete.
Reichard war erst im Sommer 1810 mit ihrem Mann, Physik-Professor Johann Carl Gottfried Reichard (1786–1844), von Berlin nach Dresden gezogen. Auch ihr Mann war von der Luftfahrt fasziniert und nahm sie auf zahlreiche Ballonfahrten mit. Ihre wissenschaftlichen Beobachtungen und exakten Messungen von Druck und Temperatur dienten der Weiterentwicklung der Luftfahrt, die ihre Steigerung in modernen Luftschiffen haben sollte.
Sie selbst stieg nach ihrem Absturz wieder allein in einen Ballonkorb. Sie startete in zahlreichen deutschen Städten, aber auch in Prag, Brüssel und Wien, wo sie der österreichische Kaiser für ihre spektakuläre Ballonfahrt finanziell belohnte. Bis 1820 steuerte Wilhelmine Reichard 17-mal allein einen Ballon durch die Lüfte. Mit den Einnahmen finanzierte sie eine Chemiefabrik im heutigen Freital mit.
Straße zu Ehren der Pionierin
Heute erinnert die Stadt Dresden mit einer nach der Luftfahrtpionierin benannten Straße an die ambitionierte Frau. Der Wilhelmine-Reichard-Ring wurde 2001 als Straße zum damals neuen Dresden Terminal am Flughafen nach ihr benannt. Das letzte Wohnhaus von Wilhelmine Reichard in Freital auf der Reichardstraße 9 erinnert noch heute an sie. Auch ein Heißluftballon trägt ihr Konterfei.