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Windpark-Klage scheitert vor Gericht

Die Stadt Ostritz wollte gegen ein früheres Urteil in Widerspruch gehen. Nun ist wieder alles offen.

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© Matthias Weber

Von Jan Lange

Michael Deckwart ist schon ein bisschen verärgert, dass die Ostritzer Bürgermeisterin Marion Prange (parteilos) die Stadträte erst jetzt über die Gerichtsurteile zum Windpark Leuba informierte. Der FDP-Stadtrat wohnt in Feldleuba unweit der Windkraftanlagen und kämpft seit Jahren gegen den Bau weiterer Räder. Dass neue Anlagen errichtet werden, ist nun wieder wahrscheinlicher geworden. Denn die Stadt Ostritz ist mit ihrer Klage vor dem Bundesverwaltungsgericht (BVG) gescheitert. Die Ostritzer stritten vor dem BVG für die Zulassung einer Revision gegen das Urteil des sächsischen Oberverwaltungsgerichts (OVG) Bautzen.

Im September 2016 hatte das Bautzner Gericht den Bebauungsplan für den Windpark Leuba für unwirksam erklärt. Die Richter vom OVG begründeten ihr Urteil unter anderem mit der Größe des Plangebietes. Der Bebauungsplan umfasst eine Fläche von rund 180 Hektar, im Regionalplan ist allerdings nur ein Windvorranggebiet, also jene Fläche, auf der Windräder errichtet werden dürfen, von 80 Hektar vorgegeben, so die Kritik der OVG-Richter. Sie hatten keine Revision gegen das Urteil zugelassen. Das wollte die Stadt Ostritz nicht hinnehmen und wandte sich an das Bundesverwaltungsgericht. Das BVG wies die Beschwerde bereits vor einigen Wochen zurück, wie die Ostritzer Bürgermeisterin jetzt den Stadträten mitteilte. Die Leipziger Richter sehen keinen Grund, das Verfahren noch mal aufzurollen. Vielmehr sei das OVG zu Recht zu der Auffassung gekommen, dass eine Gemeinde die vorgegebenen Grenzen eines Windvorranggebietes nicht mit einem Bebauungsplan vergrößern kann. Die Bauleitpläne sind stattdessen den Zielen der Raumordnung anzupassen. Es handelt sich dabei, so die Ansicht des BVG, um verbindliche Vorgaben.

Die größere Planfläche begründete die Stadt Ostritz auch damit, dass der Regionalentwicklungsplan derzeit fortgeschrieben wird und darin voraussichtlich neue Flächen für Windkraftanlagen ausgewiesen werden. Der Windpark Leuba könnte ebenfalls größer werden. Das sind bislang allerdings nur Vermutungen. Denn der neue Regionalplan ist noch nicht – wie anfangs gedacht – 2017 fertig geworden.

Der Regionale Planungsverband Oberlausitz-Niederschlesien hält sich mit genauen Aussagen, wo neue Windflächen ausgewiesen werden sollen, bisher zurück. Die Leubaer Fläche ist im Planentwurf aber als Potenzialfläche ausgewiesen. Der Entwurf soll im März 2018 in die Verbandsversammlung eingebracht werden. Frühestens 2019 soll der neue Regionalplan nach Aussage des zuständigen Bearbeiters wirksam werden.

Dass sich der Regionale Planungsverband bisher mit konkreten Aussagen zu neuen Windvorrangflächen zurückhält, hat auch andere Gründe. Von Anwohnern wie Kommunen werden neue Windräder vor der eigenen Haustür oft abgelehnt. So gibt es im Zittauer Ortsteil Schlegel Widerstand gegen neue Windkraftanlagen. Auch in Kiesdorf lehnten vor einigen Jahren die Bürger in einer Umfrage mehrheitlich den Bau von Windrädern auf ihrem Gebiet ab.

Die Stadt Ostritz will ebenfalls einen Wildwuchs von Windrädern in Leuba verhindern. Deshalb ist der Bebauungsplan erarbeitet worden. Die wpd Windpark Nr. 320 GmbH, die mehrere Anlagen in Leuba errichten will, sieht dadurch aber ihre Interessen gefährdet und hat die Neißestadt verklagt. Und das erfolgreich. Sowohl das Oberverwaltungsgericht, als auch das Bundesverwaltungsgericht haben mit ihren Entscheidungen dem Unternehmen aus Bremen Recht gegeben.

Die Nichtzulassung einer Revision durch das BVG ist nicht die einzige gerichtliche Niederlage für die Stadt Ostritz in den vergangenen Monaten. Bereits im November hatte das Verwaltungsgericht Dresden eine Klage der Stadt Ostritz abgelehnt, wie in der jüngsten Stadtratssitzung ebenfalls mitgeteilt wurde. Da die Begründung des Urteils erst jetzt eingetroffen sei, konnte der Stadtrat auch nicht früher über die Entscheidung des Gerichts informiert werden, reagiert die Bürgermeisterin auf die Kritik von Stadtrat Michael Deckwart (FDP). Die Neißestadt wollte mit dieser Klage die Landesdirektion Sachsen dazu verpflichten, über ein sogenanntes Zielabweichungsverfahren ein neues Windrad, das außerhalb des derzeitigen Windparks errichtet werden soll, zuzulassen. Dass die Klage nun als unbegründet zurückgewiesen wurde, habe die Stadt laut Bürgermeisterin überrascht. Die Tendenz sei in der mündlichen Anhörung im Oktober ganz anders gewesen, so Marion Prange.

Um die Frist zu wahren, wurde vonseiten der Stadt erst mal pro forma Widerspruch gegen das Urteil des Dresdner Verwaltungsgerichts eingelegt. Ob dieser Widerspruch weiter verfolgt oder fallen gelassen wird, müssen die Stadträte entscheiden. In nichtöffentlicher Sitzung wurde den Räten die unterschiedlichen Optionen dargestellt. Weitere Informationen konnte die Bürgermeisterin aufgrund der Nichtöffentlichkeit der Beratungen nicht geben.

Der Stadtrat stimmte bereits im Dezember 2016 dafür, einen neuen Bebauungsplan mit kleinerem Geltungsbereich zu erstellen. Nachdem das Normenkontrollurteil des OVG rechtskräftig ist, stehe laut Rechtsanwalt Roman Götze, der die Stadt Ostritz in dieser Sache vertritt, fest, dass das zuvor schon eingeleitete „neue“ Bebauungsplanverfahren – soweit der Stadtrat dies entscheidet – in Ruhe vorangetrieben wird. Einen neuen Plan müsste die Neißestadt nach SZ-Informationen auf eigene Kosten erarbeiten. Beim ersten Plan hatten sich Anlagenbetreiber noch an den Ausgaben beteiligt.