Von A. Kempf und Th. Staudt
Die Alternative für Deutschland hat sich im Landkreis Görlitz neu aufgestellt. Bis Ende 2016 will der Kreisverband 200 Mitglieder zählen und 2017 einen Kandidaten für die Bundestagswahl aufstellen. Doch wie steht es um Engagement vor Ort? Malermeister Tino Chrupalla aus Gablenz, neu gewählter Veranstaltungsmanager des AfD-Kreisverbandes, und Fahrschullehrer Frank Liske aus Kodersdorf, neu gewählter Pressesprecher, geben Antworten.
In Quitzdorf wählen die Bürger dieses Jahr einen ehrenamtlichen Bürgermeister. Bisher tritt nur der Amtsinhaber an. Wird die AfD einen Bewerber nominieren?
Chrupalla: Nein, da wird es keinen Kandidaten geben. Wir sind noch eine sehr junge Partei und müssen sondieren. Wir haben bisher auch kein Mitglied in Quitzdorf.
Aber der Bewerber könnte doch auch aus einer anderen Gemeinde kommen und in Quitzdorf Verantwortung übernehmen.
Liske: Es gibt sehr viel zu tun. Nächstes Jahr ist zum Beispiel Bundestagswahl. Es stehen 2019 Kreistagswahlen an. Wir sind eine junge Partei, die permanent neue Mitglieder dazugewinnt. Aber machen wir uns trotzdem nichts vor. Nicht jeder ist gleich für das Amt des Bürgermeisters geeignet. Die Kunst wird sein, das in naher Zukunft zu schaffen. Es geht darum, geeignete Kandidaten zu präsentieren. Es ist von einem jungen Kreisverband vollkommen zu viel verlangt, auf jeder Hochzeit zu tanzen.
Sie sind also auf Landesebene so weit, aber nicht auf kommunaler Ebene?
Chrupalla: Wir sind selbst noch keine hundert Tage im Vorstand. Ich führe viele Gespräche mit Unternehmern und Bürgern in der Region. Da fragen wir erst mal.
Wonach fragen Sie? Nach Kandidaten?
Chrupalla: Es gibt viele Sympathisanten in dem Bereich. Aber viele scheuen sich noch, uns beizutreten. Wir wollen dort auch Themen finden, die einige Kommunalpolitiker nicht mehr anfassen.
Kritiker könnten der AfD vorwerfen, sich für ein politisches Ehrenamt zu schade zu sein. Weißwasser hat einen hauptamtlichen Bürgermeister. In der Glasmacherstadt wird 2017 gewählt. Tritt die AfD dort an?
Chrupalla: In Weißwasser haben wir etwa 20 Mitglieder. Das ist nicht schlecht. Auch CDU-Mitglieder sind zu uns gekommen. In Weißwasser sind wir auf der Suche nach einem Kandidaten und schließen es noch nicht aus, dass wir einen stellen. Wir sind derzeit noch auf der Suche. Für die Stadtratswahl wird es auf alle Fälle Kandidaten geben. Auch bei den umliegenden Gemeinderäten sind wir zuversichtlich, dass wir uns mit Kandidaten aufstellen werden.
In vielen Gemeinderäten und Stadträten der Region sind wenig Bürger zu Gast. Wann haben Sie zuletzt einen Gemeinderat besucht?
Chrupalla: Ich habe mir das in Krauschwitz mal angeschaut und fand es weniger motivierend. Vieles wird auch einfach durchgewunken. Wir wollen neue Themen und Schwerpunkte setzen.
Welche denn?
Chrupalla: Zum Beispiel im Bereich Infrastruktur. Wir erarbeiten gerade eine Vision 2040 für die Lausitz. Wir haben einige Eckpunkte. Im kommenden Jahr wollen wir das vorstellen. Wir sagen damit nicht, dass alles andere falsch ist. Wir wollen mit anderen Parteien Schnittmengen suchen und gemeinsam etwas erreichen. Mit wem das geschieht, spielt am Ende gar keine Rolle.
Bisher stellen Sie sehr allgemeine Forderungen, etwa die Auflösung des Euro-Währungsgebietes. Deutschland exportiert zwei Drittel seiner Waren ins Ausland. Schadet ein Euro-Aus nicht Deutschland am meisten?
Liske: Wenn wir uns in der Region umschauen, haben wir doch drei Währungen. Also in Polen den Zloty und in Tschechien die Krone. Das funktioniert doch wunderbar. Ja, ich habe Erfahrungen im deutsch-tschechischen Handel und weiß, dass es schöner ist, wenn man mit festen Kursen kalkulieren kann. Aber wir sollten nicht nur auf die Interessen einzelner, meist großer Firmen schauen, sondern auf das ganze System. Wir sponsern Griechenland, um das Land krampfhaft im Euro zu halten. Wenn es in zwei Ländern unterschiedliche Wirtschaftskraft gibt, muss man doch den Mut haben zuzugeben, dass das nicht funktionieren kann. Oder wir müssen den Bürgern offen sagen, dass jedes Jahr offiziell Geld transferiert werden muss, um ein derartiges System am Leben zu erhalten. Dann muss das Volk das absegnen.
Wirtschaftswissenschaftler warnen, ein Ende des Euro könnte in Deutschland viele Arbeitsplätze kosten.
Chrupalla: Mit Ihrer Aussage stellen Sie pauschal eine Angst dar, dass Arbeitsplätze wegfallen könnten. Den Beweis dafür können die Wirtschaftswissenschaftler aber genauso wenig erbringen. Vorher hat es doch auch funktioniert.
Die AfD wird die Globalisierung nicht aufhalten.
Chrupalla: Wir sagen ja gar nicht, dass wir komplett aus dem Euro raus wollen. Die Europäische Währung muss aber reformiert werden. Wenn das nicht möglich ist, muss man über einen deutschen Austritt aus der EU nachdenken. Dass Hunderte Arbeitsplätze verloren gehen könnten, ist Populismus der sonst uns unterstellt wird. Arbeitsplätze gehen durch unsinnige Wirtschaftssanktionen gegen Russland verloren und das ist nachweisbar.
Dann verstehen Sie mehr von der Materie als die Experten?
Chrupalla: Ich sehe Länder wie Polen oder Tschechien, die noch ihre eigene Währung haben, und trotzdem ein Wirtschaftswachstum haben. Die beweisen ja, dass es geht. Davor hat die EU ja Angst. Wenn Griechenland raus wäre und die Wirtschaft mit der Drachme wachsen würde, könnte das ja Darstellungsprobleme bereiten.
Polen und Tschechien haben in den vergangenen Jahren erheblich von EU-Förderungen profitiert. Die Frage ist doch, ob man Europa als Solidargemeinschaft versteht oder nicht.
Chrupalla: Warum fragen wir nicht das Volk, ob es den Euro möchte? Wir bemüßigen Institute. In anderen Ländern wie Dänemark oder Schweiz wollten sie den Euro nicht. Und die Länder stellen nach wie vor nicht schlechter als Deutschland da.
Sie sind beide Unternehmer und vertreten die Meinung, dass es Ihnen und der Region ohne Euro tatsächlich besser
gehen würde?
Liske: Als ich 1997 in meinem Autohaus angefangen habe, Fahrzeugfinanzierungen zu vermitteln, musste ich neun Blätter ausdrucken. Drei für den Darlehensnehmer, drei für mich, drei für die Bank. Wir drucken heute für eine Finanzierung bis über hundert Seiten aus. Das nur als ein Beispiel für ein in sich krankes System. Wo ist da für mich als Unternehmer und vor allem als Kunde ein Vorteil? Vieles von diesem Unsinn wird von einer Kommission vorgegeben, die noch nicht einmal vom Volk gewählt worden ist.
Chrupalla: Wir sagen Nein zur EU und Ja zu Europa. Diesen Moloch braucht keiner.
Auch Bund und Freistaat erlassen
Gesetze, die nicht allen gefallen. Wollen Sie die ebenfalls abschaffen?
Chrupalla: Was wir nicht wollen, ist diese Gleichsetzerei aller Länder in Europa, sondern ein Erhalt der Tradition und Kultur. Wenn ich nach Frankreich fahre und im Supermarkt einkaufen möchte, will ich doch dort nicht die identische Ware vorfinden, wie zu Hause in Deutschland.
Wenn Sie in Görlitz und Zgorzelec ins Kaufland gehen, sehen Sie Unterschiede. Dass die Kette in beiden Ländern
aktiv ist, hat doch nichts mit der EU, sondern der Globalisierung zu tun.
Liske: Es gibt sicher Dinge, wo man vernünftig zusammenarbeiten kann. Es kann aber nicht sein, dass man Leute vor den Kopf stößt. Diesen Bürokratiestaat EU möchte niemand. Den gibt es nur, weil es Superposten gibt, die gut bezahlt sind. Dort wollen wir anfangen, den Filz zu lichten.