SZ +
Merken

Wirtschaftskapitän geht von Bord

Klaus-Jürgen Kramer prägte seit 1991 Bischofswerdas Aicher-Werk wie kaum ein anderer. Auch im Ruhestand will er für den Betrieb alles geben – als Sportler.

Teilen
Folgen
NEU!
© Steffen Unger

Von Ingolf Reinsch

Bischofswerda. Der Kreisverkehr an der Neustädter Straße soll im Frühjahr ein „Gesicht“ bekommen – in Form eines Schiebocks, an dem das Unternehmen Max Aicher und die Kunstschmiede Aurin gemeinsam gearbeitet haben. Klaus-Jürgen Kramer wird dabei sein, wenn die Skulptur feierlich enthüllt wird. Auch wenn er dann schon einige Wochen im Ruhestand ist. Zu Beginn der neuen Woche wird er noch einmal zum Stammsitz des Aicher-Konzerns ins bayerische Freilassing fahren. Seine letzte Dienstreise. Ab dem 1. März ist der 66-Jährige Ruheständler. Sein Nachfolger Ulf Mildner kommt aus dem eigenen Haus. Der Großdrebnitzer ist bereits seit einigen Monaten neben Klaus-Jürgen Kramer Geschäftsführer des Bischofswerdaer Aicher-Werkes.

Der Betrieb mit dem Kerngeschäft Stahl- und Metallbau sowie den Sparten Heizung/Sanitär, freie Kfz-Werkstatt und Immobilien/Vermietungen sichert konstant 72 bis 74 Arbeitsplätze. Damit gehört er in der Region Bischofswerda zu den großen Arbeitgebern im produzierenden Bereich. Klaus-Jürgen Kramer sieht es als einen Erfolg an, dass es gelungen ist, über die Jahre die Zahl der Arbeitsplätze stabil zu halten und immer pünktlich die Löhne zu zahlen, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Um Arbeit in die Region zu holen, war der Chef jedes Jahr 50 000 Kilometer mit dem Auto unterwegs. Die langen Strecken auf der Autobahn machen ihm nichts aus, sagt er. Bis vor einigen Jahren noch absolvierte er die monatlichen Dienstberatungen bei Max Aicher an einem Tag: 630 Kilometer mit dem Auto hin, 630 Kilometer zurück. Inzwischen übernachtet er in der südbayerischen Stadt.

Pläne geändert

Klaus-Jürgen Kramer schaut auf 48 Berufsjahre zurück. Er lernt in Plauen in der Druckindustrie Maschinenbauer mit Abitur. Durch den Sport lernt er seine spätere Frau kennen. Sie stammt aus Steina. Seit 1974 leben sie gemeinsam in Bischofswerda. Klaus-Jürgen Kramer beginnt im Fortschritt-Werk als Maschinenbauer, wird schon kurze Zeit später Meister, studiert an der Bautzener Ingenieurschule, verantwortet einen Produktionsabschnitt und leitet schließlich einen großen Bereich mit über 500 Mitarbeitern, in dem Teile für die Mähdrescher geschweißt und gespritzt und die Erntemaschinen montiert werden. Die Wende in der DDR bringt das Aus für den Traditionsbetrieb. Das Jahr 1991 markiert aber auch einen neuen Aufbruch. Max Aicher kauft das frühere Fortschritt-Gelände in der Absicht, Baustahlmatten fertigen zu lassen. Doch als klar war, dass man das in Osteuropa billiger kann, ändert der Unternehmer seine Pläne. Das Werk in Bischofswerda bekommt eine andere Aufgabe: den Bau von zwölf Müllpressen für Bayern. Klaus-Jürgen Kramer ist einer von jenen einstigen Fortschritt-Werkern, die sich in Bayern für die Herstellung von Baustahlmatten qualifizieren dürfen. Im neuen Bischofswerdaer Werk wird er Geschäftsbereichsleiter für den Stahl- und Metallbau und 2012 Geschäftsführer – der erste in der Geschichte der Max Aicher Bischofswerda GmbH. Eine Entscheidung, die dem Betrieb mehr Kompetenzen gibt.

Dem Betrieb weiter verbunden

Der Umsatz wuchs seit 2016 um über eine Million Euro, er erreichte im vergangenen Jahr 7,1 Millionen. In Bischofswerda produzierte Mülltransportsysteme, die aus Umweltpressen und Transportcontainern bestehen, arbeiten unter anderem in bayerischen Städten, in Köln, in der Region Chemnitz sowie im usbekischen Taschkent. Mit diesem innovativen Produkt wollen die Bischofswerdaer auf weitere Märkte. Vor allem in Osteuropa, aber auch in Asien gibt es Potenzial. Hinzu kommen Kunden deutschlandweit, die die Leistungen des Stahl- und Metallbaus vom Laserkanten bis zum Fertigen von Schweißbaugruppen nutzen. Bei den reichlich 70 Arbeitsplätzen soll es bleiben. Frei werdende Stellen werden wieder besetzt. Zudem bildet das Aicher-Werk Konstruktionsmechaniker für Schweißtechnik aus. „Ich hoffe, wir können die beiden Lehrstellen in diesem Jahr besetzen“, sagt der scheidende Geschäftsführer.

Der Ruhestand gibt Zeit für die Familie, die beiden Enkel, für Haus, Grundstück und Hobbys wie Radfahren. Doch zurückziehen wird sich Klaus-Jürgen Kramer nicht. Er bleibt Vorstandsvorsitzender der Wohnungsgenossenschaft Bischofswerda. Und er bleibt seinem Betrieb verbunden. An den Dutzenden Pokalen in Vitrinen hat auch er Anteil – als Mitglied der Betriebsbowlingmannschaft, die im Kampf um die Betriebsmeisterschaft jeden Monat gegen einen anderen Gegner antritt. Dort will er sich auch künftig ins Zeug legen.