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Wut über neue Müll-Gebühren in Kamenz

Die Explosion der Müllgebühren im Kreis Bautzen hat einen Sturm der Entrüstung im Altkreis Kamenz ausgelöst. Und der Volkszorn hat seinen Höhepunkt noch lange nicht erreicht. Die Leute wollen wissen, wer für dieses Gebühren-Desaster verantwortlich zeichnet.

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Von Reiner Hanke

Die Explosion der Müllgebühren im Kreis Bautzen hat einen Sturm der Entrüstung im Altkreis Kamenz ausgelöst. Und der Volkszorn hat seinen Höhepunkt noch lange nicht erreicht. Die Leute wollen wissen, wer für dieses Gebühren-Desaster verantwortlich zeichnet. Vor allem bringt das enorme Ausmaß der Steigerung den Volkszorn zum Kochen.

Kosten verdoppeln sich

Viele Bürger im Altkreis sollen das Doppelte der bisherigen Gebühr zahlen, bei gleicher Leistung. Manche sogar noch mehr. Das sei kaum mit erhöhten Kosten für Personal, Diesel oder die Müllverbrennung in Lauta erklärlich, so der Tenor in vielen Protestbriefen an die SZ. Es muss mehr im Argen liegen. Die Leute wollen Antworten.

Rainer Gröbner vom Verein Haus- und Grund in Kamenz geht jetzt in die Offensive: „Eine hundertprozentige Steigerung ist völlig unakzeptabel“, sagt er. Auch bei ihm stapelt sich die Protest-Post. Sein Verein fordert Stellungnahmen der Kreisräte, wie sie dem Papier zustimmen konnten. Auch mangelnde Bürgerbeteiligung wird kritisiert. Haus und Grund fordert jetzt die Offenlegung der kompletten Kalkulation. Einblick in die Unterlagen fordert auch Ex-Kreisrat Gert Kirchhübel. Er wolle außerdem die Verträge mit der Müllverbrennungsanlage von Vattenfall in Lauta sehen.

Die sind offenbar der Hauptgrund für die jetzige Finanzmisere. Per Vertrag wurden Müll-Mindestmengen zugesichert, welche die beiden im Abfallzweckverband „Ravon“ vereinten Landkreise Bautzen und Görlitz gar nicht liefern können. Diese Mindestmengen sollen laut Vertrag bis 2012 sogar noch weiter von 95000 Tonnen pro Jahr auf 110000Tonnen steigen. Zu erwarten ist angesichts der Gebührenexplosion und weiter sinkender Bevölkerungszahlen genau das Gegenteil. Für Vattenfall seien die Verträge eine Lizenz zum Gelddrucken, prangerte Kreisrat Henry Nitzsche (AFV) im Kreistag an und prognostizierte, dass das Defizit in der kreislichen Abfallkasse dadurch bis 2012 sogar auf über fünf Millionen Euro steigen würde. Er habe gegen die Satzung gestimmt. Andere Kreisräte beschwören, angesichts der vorliegenden Fakten, dass der Kreistag keine andere Wahl hatte, als die vorliegende Satzung zu beschließen. Zu ihnen gehört SPD/Grüne-Fraktionschef Gerhard Lemm. Mit Fundamentalopposition sei nichts zu erreichen gewesen, sagt er. Beim Scheitern des Papiers hätte der Kreis eine Zwangsverordnung der Aufsichtsbehörde riskiert und seinen Einfluss ganz verspielt. Knackpunkt ist für Lemm die völlig überdimensionierte Müllverbrennungsanlage in Lauta. Die kommenden Müllmengen seien vor Jahren völlig falsch eingeschätzt und schlechte Verträge ausgehandelt worden. Lemm selbst habe das damals in einer Sondersitzung verhindern wollen, sei aber von der CDU abgebügelt worden. Verantwortlich für das Desaster sind, so Lemm, „die CDU mit den damaligen Landrätinnen Fischer und Kockert“, die diese Anlage durchgepeitscht hätten. Lemm spricht von der Arroganz der Macht: „Die Probleme waren schon vor Jahren erkennbar.“ In Bautzen sei das Ganze wohl so ähnlich gelaufen. Der Gebührensprung tue jetzt umso mehr weh, weil in den Vorjahren auch noch politische Preise gemacht und ein saftiges Minus eingefahren worden sei. Die Zeche sollen nun die Bürger bezahlen.

Dieses Desaster sei auch mit kosmetischen Reparaturen an der Satzung kaum zu mildern, sagt der SPD-Fraktionschef. So einfach will das Vereinschef Gröbner nicht hinnehmen. Er fordert, genau auszuloten, wo gespart werden könnte, um die Bürger nicht über Gebühr für Fehler der Politik bluten zu lassen. Auch bleibt die Frage offen, wie der Landkreis aus den Verträgen herauskommen kann. Die Antwort aus Bautzen steht noch aus. Immerhin soll Michael Harig, Bautzener Landrat und Ravon-Vorsitzender, einen Brief an Vattenfall aufgesetzt haben, um einen Kompromiss bei den Mindestmengen auszuhandeln.