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Zamperer aus Pechern müssen dreimal früh aufstehen

Ein Verein pflegt die alte Tradition von Skerbersdorf bis Klein Priebus. Das will gut organisiert sein.

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© Steffen Bistrosch

Von Steffen Bistrosch

Faschingszeit ist hierzulande Zamperzeit. Dann halten die ebenso bunt gekleideten wie gut gelaunten Gesellen den Verkehr auf und verkaufen Passierscheine. Manchmal geschieht das in mehreren benachbarten Dörfern zur gleichen Zeit und dann geht die große Sucherei los, weil der letzte Einkaufseuro bereits beim ersten Zwangsstopp ausgegeben wurde. Das kann in den Dörfern um Sagar nicht passieren.

Hier regiert erstens seit zweiundsechzig Jahren der Pecherner Carnevalsclub, kurz PCC genannt, zweitens gibt es gar keine Straßensperren mehr und drittens werden die Dörfer an drei aufeinanderfolgenden Samstagen beglückt. War zunächst Pechern an der Reihe, jetzt Skerbersdorf, werden es nächste Woche Klein Priebus, Werdeck und Podrosche sein. Das diesjährige Karnevalsmotto lautet: „Vom Apotheker bis zum Zimmermann, der PCC zeigt, was er kann.“

Was die Zamperer auf jeden Fall können, ist laut und lustig. Das illustre Völkchen wird angeführt von den drei Protagonisten Vorreiter, Schnapsjule und der Hauptkasse. Das restliche Fußvolk besteht aus den unterschiedlichsten Darstellern. Eierfrau, Imker, Schornsteinfeger, Clown, Fuchs, Pfarrer, Krankenschwester und diverse Tiere. Nur einer fehlt. Der große Bär! Antje Fedtke, die Vizepräsidentin entschuldigt ihn. Er käme nach, er müsste noch arbeiten.

Der Präsident des Vereins, Frank Förster, ist froh, dass die Tradition im Dorf über die ganzen Jahre erhalten geblieben ist. Obwohl nach der Wende vieles anders und vor allem schwieriger geworden ist, habe man den Zusammenhalt bewahrt und der Karneval lebt fort. Die Jüngsten unter den Zamperleuten besuchen die Grundschule, die Ältesten sind schon in Rente.

Die vielfältigen Aufgaben des Clubs werden auf die vielen großen und kleinen Schultern verteilt. Der Präsident steuert heute eigenhändig das Glühweinmobil und teilt heiße Würstchen aus. Vierzig Liter des belebenden Getränks sind auf dem Wagen vorrätig, dazu einhundertfünfzig Würste, Tee für die Kleinen und Schnaps für die freigiebigen Dorfbewohner. Die Zampersleute bekämen nichts Hochprozentiges, zu groß sei sein Interesse, dass alle etwa zur selben Zeit zu Hause ankommen. Auf dem zweiten Wagen übertönt die Soundanlage mit Leichtigkeit das Rattern des Notstromdiesels.

Gestartet wurde heute schon nach neun Uhr morgens. Am Abend bei der Auswertung im Pecherner Vereinshaus werden Speck und Eier auf der Stelle verbraten und die Einnahmen gezählt. Bares braucht der Club für das Vereinsheim, die Ausgestaltung der drei Veranstaltungen in Skerbersdorf und der Männerfastnacht in Pechern, für Kostüme, den DJ, Preise, Süßigkeiten, die Liste ist lang.

Die Zamperer sind bei Kliemanns angelangt. Zwischenstopp. Seit über fünfundzwanzig Jahren besteht der Brauch, in die beheizte Werkstatt einzukehren. Es ist gemütlich, warm und laut. Erinnerungen werden ausgetauscht. Frank Förster ist seit über dreißig Jahren dabei, Antje Fedtke seit fünfundzwanzig. Begonnen habe damals alles als Prinz oder Prinzessin. Und dann sei man dabeigeblieben. Gegenwärtig regiert das Prinzenpaar Ramona und Rainer Himpel. Etwa vierzig Leute sind im Club. Und zurzeit tanzen zehn Mädchen bei den Kinderfunken, das sei ganz prima.

Der Blick in die Zukunft? Nachwuchs ist immer willkommen, das Dorfleben funktioniert nur in der Gemeinschaft. So wie hier und jetzt. Der Vorreiter René Frischke deutet zum Aufbruch. Es geht weiter. Ein ganzes Stück Weg liegt noch vor ihnen. Lärmend zieht die Karawane los, Pechern Allan tönt es laut inmitten von Skerbersdorf.