SZ + Radeberg
Merken

Zu viel Aufwand für die Fledermäuse?

Bei Radeberg und Leppersdorf entstehen gleich drei Brücken für die Tiere. Die müssen sie sich aber mit anderen teilen.

Von Thomas Drendel
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Dicht nebeneinander stehen bei Radeberg zwei Fledermausbrücken. Unter ihnen wird die Schnellstraße S177 verlaufen. Laut Landesamt für Straßenbau und Verkehr sind die Brücken genau an den Stellen notwendig.
Dicht nebeneinander stehen bei Radeberg zwei Fledermausbrücken. Unter ihnen wird die Schnellstraße S177 verlaufen. Laut Landesamt für Straßenbau und Verkehr sind die Brücken genau an den Stellen notwendig. © Archivfoto: René Plaul

Radeberg. Vor einigen Jahren kochten in Biberach an der Riß und in ganz Baden-Württemberg die Emotionen hoch. Über eine neue Straße waren zwei Fledermausbrücken errichtet worden. Kosten: rund eine halbe Million Euro. Zu teuer, hieß es damals. Außerdem sei der Nutzen nicht erwiesen. In der Nähe von Radeberg sind im Zuge des Neubaus der Schnellstraße S 177 soeben zwei Fledermausbrücken fertiggestellt worden. Kosten: knapp drei Millionen Euro. Beide stehen in einem Abstand von geschätzt nur rund zweihundert Metern nebeneinander. Eine dritte Fledermausbrücke mit ähnlich hohen Kosten entsteht bei Leppersdorf. Wozu der ganze Aufwand, hätte statt der nebeneinander gelegenen Bauwerke nicht eine Brücke gereicht, fragen jetzt SZ-Leser?

Das Landesamt für Straßenbau und Verkehr (Lasuv) verweist auf die umfangreichen Planungen vor Beginn der Straßenbauarbeiten. „Es wurden umfassende Fledermausuntersuchungen erledigt. Dadurch ist belegt, wo auf beiden Seiten der neuen Straße Lebensräume und Jagdgebiete der Fledermäuse vorhanden sind“, sagt Lasuv-Sprecherin Isabel Siebert. Dabei wurde auch festgestellt, dass die neue Straße gleich mehrere Flugkorridore der Fledermäuse zerschneidet. Diese müssten zum Schutz der Tiere erhalten bleiben. Ohne Brücken würden sie mit den schnell fahrenden Autos kollidieren.

Bepflanzung nächstes Jahr

Offenbar ist es nicht möglich gewesen, beide Flugkorridore über eine Brücke zu leiten. „An jedem Querungsschwerpunkt, also an jedem Flugkorridor ist ein eigenes Brückenbauwerk erforderlich“, sagt die Mitarbeiterin. Bei der Diskussion um die Fledermausbrücken war immer wieder infrage gestellt worden, ob die Tiere die Brücken überhaupt nutzen. Dazu gibt es nach Angaben von Isabel Siebert zahlreiche Untersuchungen. „Das sächsische Wirtschaftsministerium hat 2013 einen Fledermausleitfaden herausgegeben. Darin sind Gutachten zum Nutzen von Fledermausbauwerken angeführt.“ Das Schreiben ist unter den Stichworten „Fledermausleitfaden Sachsen“ im Internet abrufbar. Noch stehen die beiden Fledermausbrücken in der Nähe der Sandgrube zwischen Radeberg und Leppersdorf als blanke Betongerüste da. Voraussichtlich im kommenden Jahr werden sie bepflanzt. Zunächst werden dabei die vorhandenen Leitstrukturen wie Baumreihen verlängert und durch zusätzliche Pflanzen ergänzt, um die Fledermäuse bis unmittelbar an und über die Brücken zu führen. „Dafür werden mehrreihige Baumstreifen angelegt. Sie bestehen aus schnell wachsenden Weidenarten und anderen heimischen Gehölzen, wie beispielsweise Hainbuchen, Vogelkirschen, Wildrosen, Haselnusspflanzen“, sagt die Lasuv-Mitarbeiterin. Bekanntlich senden Fledermäuse Ultraschallwellen aus, die von der Umgebung reflektiert werden. So orientieren sich die Tiere.

Die Brücken sind allerdings nicht nur für Fledermäuse vorgesehen. „Sie können auch von allen anderen Tieren genutzt werden wie Rehe oder Füchse.“ Für Amphibien wie Lurche oder Frösche sind die Bauwerke nicht geeignet. „Für sie sind separate Durchlässe und andere Unterführungen vorgesehen. Die können dann auch vom Fischotter genutzt werden.“

Laut den Angaben auf den Bautafeln soll Ende 2020 die Schnellstraße zwischen Radeberg und der A4 bei Leppersdorf freigegeben werden. Zuletzt allerdings hatte sich die Landesregierung nicht auf einen Termin festgelegt. Die Arbeiten würden weitergeführt und die entsprechenden Finanzmittel seien dafür im Doppelhaushalt 2019/20 fest eingeplant, hieß es auf eine Anfrage der Gemeinde Wachau aus dem Verkehrsministerium.

Zurzeit werden die Arbeiten an mehreren Brückenbauwerken fortgesetzt. Insgesamt drehen sich an zehn Stellen derzeit die Baukräne. An der Fahrbahn selber wird noch nicht gearbeitet. Insgesamt liegen die Kosten für den gut fünf Kilometer langen Abschnitt zwischen Radeberg und der Autobahn bei Leppersdorf rund 50 Millionen Euro. Die Gemeinde Wachau trägt einen Eigenanteil von rund 1,6 Millionen Euro. Außer den Brücken entstehen unter anderem zwei Hochwasserrückhaltebecken und es wird eine neue Autobahn-Anschlussstelle errichtet. Gleichzeitig wird die vorhandene Anschlussstelle Leppersdorf/Pulsnitz zurückgebaut.