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Zuhause Filmvorführer

Bei der Armee wurde Joachim Rothe in die Kinotechnik eingeführt. Jetzt hat er sich einen Vorführraum eingerichtet.

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Von Kathrin Krüger-Mlaouhia

Am Sonntag ist Wintersonnenwende, der kürzeste Tag des Jahres. Und es ist internationaler Kurzfilmtag. Letzteres wissen vielleicht nur die wenigsten Menschen. Doch Joachim Rothe aus Oelsnitz weiß es genau. Denn der 62-Jährige ist Filmvorführer „im Nebenberuf“ – früher dazu verpflichtet, heute für Kinder und Enkel.

Als der Oelsnitzer vor 43 Jahren am Großenhainer Remonteplatz seinen Grundwehrdienst absolvierte, wurde er als gelernter Elektriker zu so einem Lehrgang delegiert. In vier Wochen weihte man ihn in Erfurt in die Geheimnisse der Tonkino-Anlage TK 35 ein. „Das hat mich interessiert und begeistert“, so der Oelsnitzer: Der Lichtton. Und das Malteserkreuzgetriebe, das 24 Bilder pro Sekunde übertragen kann. Mit einem Projektor zeigte er Kurzfilme von einer halben Stunde, mit zwei Projektoren auch ganze Spielfilme. Er bekam einen richtigen Ausweis als Filmvorführer und unterhielt seine Kameraden von der chemischen Abwehr der NVA nicht nur in der Remontehalle, die damals Kinosaal war. Er zog mit der ganzen Technik auch ins Feldlager und zum Manöver.

Bei Ebay ersteigert

Längst ist die tschechische Technik, mit der auch der Landfilm bestritten wurde, und die Joachim Rothe schon als Kind erlebt hatte, aus der Mode gekommen. Doch beim Internethändler Ebay lebt sie noch. Und kostet ihren Preis. Stück für Stück hat sich der Oelsnitzer deshalb im vergangenen halben Jahr wieder alles zusammengesucht. „Das hat die ganzen Jahre in mir geschlummert“, sagt der Elektriker, der im Großenhainer EZG arbeitet. Auch auf Trödelmärkten und bei Kontaktpersonen hat er danach gesucht. „Schwierig zu kriegen war die Kurbel, mit der der Film richtig eingelegt wird“, so Rothe. „Da bezahlt man einen Sammlerpreis.“ Es dauert eine ganze Weile und braucht viele Handgriffe, bis die Filmschlange im Apparat vorführbereit liegt. Wenn dann der Film läuft, darf die fast 60 Jahre alte Anlage auch nicht mehr gestoppt werden. „Kreislichtspielbetrieb Angermünde“ steht auf einem Aufkleber noch am Gehäuse.

Circa 20 Filme auf großen oder kleineren Rollen stapeln sich in seinem privaten Vorführraum. Vor der Linse geht ein Loch durch die Wand, durch das die Bilder auf eine Leinwand im bequemen Nebenzimmer geworfen werden. Dort stehen auch die Lautsprecher. „Auf richtige Spielfilme habe ich aber wenig Wert gelegt“, sagt Joachim Rothe. Ihm geht es um Bewahrung der DDR-Geschichte. Neben den lustigen Streifen von Heurekas Abenteuern gibt es „Vom Baum zum Brett“ über Erlebnisse von Jungpionieren oder „Bauer und Müller“. Aber auch „Die Deutschen“, eine zweistündige Dokumentation auf fünf Filmen.

Transportkisten und Pappschachteln

Richtig nostalgisch sind die großen Pappschachteln, in denen sie lagern. Und die Holz-Transportkisten erst. Auf einer Werkbank sind Rollen zum Umspulen per Hand angeschraubt. Und eine mechanische Vorrichtung. Da steht auch eine Klebepresse für gerissene Filmstreifen.

An den Wänden haben seltene Filmplakate ihren Platz. So auch eines vom Kultfilm „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Den könnten sich Rothes drei Enkel auf DVD ansehen. Doch das Rattern der alten TK 35 hat eben auch was.