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Zuse-Campus und Industriegelände

Wo sehen Sie die größten Chancen für eine positive wirtschaftliche Entwicklung und wie wollen Sie diese befördern?

Von Uwe Schulz
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Die Ostumfahrung Hoyerswerda ist seit Sommer 2018 gleichzeitig der so noch nie dagewesene Straßendirektanschluss für das Industriegelände Zeißig, sie hat bislang aber noch niemanden zu einer Großinvestition hier bewegt.
Die Ostumfahrung Hoyerswerda ist seit Sommer 2018 gleichzeitig der so noch nie dagewesene Straßendirektanschluss für das Industriegelände Zeißig, sie hat bislang aber noch niemanden zu einer Großinvestition hier bewegt. © Archivfoto: Uwe Schulz

Hoyerswerda. Wenn man in den letzten Jahrzehnten so schaut, wo die angeblichen wirtschaftlichen Heilsbringer lagen, kann man froh sein, dass sie an Hoyerswerda vorbeizogen. Große Handy-Fabriken wie die von Nokia, ein Produktionsstandort der Solarindustrie – das wäre alles schon wieder weg. In die Historie geschaut kann Hoyerswerda ein Lied davon singen: viele tolle Arbeitsplätze im Vorkriegs-Hoyerswerda bei der Eisenbahn und im Glaswerk – hinweggefegt von der Geschichte, dem Markt, der Entwicklung beim Verkehrswesen. 

Nur noch wenige heizen mit Briketts, da ist auch eine Brikettfabrik obsolet, Radios und andere Elektrogeräte werden sonstwo auf der Welt zusammengeschraubt. Ein Betonwerk mit Großplattenproduktion ist ebenfalls schon lange nicht mehr angesagt.

Hoyerswerdas größter Arbeitgeber ist daher in den letzten Jahren das Lausitzer Seenland Klinikum. Die Arbeiterwohlfahrt beschäftigt ebenfalls einen hohen dreistelligen Mitarbeiterstamm. Denkt man ans produzierende Gewerbe, fällt einem wohl als Erstes die Firma Yados ein.

Doch Hoyerswerda fehlen Jobs und die Firmen, die Steuereinnahmen in die Stadtkasse spülen. Zudem könnten es gern mehr Menschen sein, die hier ihr wohlverdientes Geld ausgeben, in Geschäften, Gaststätten und Kulturstätten für Umsatz sorgen. Kein Oberbürgermeister kann einfach mal einen Industriebetrieb nach Hoyerswerda bringen. Accumotive in Kamenz zeigt zudem, dass für bestimmte Jobs hier gar nicht die ausgebildeten Arbeitskräfte in den erforderlichen Größenordnungen vorhanden sind. Andererseits ist mancher Staatshilfenempfänger persönlich nicht in der Lage, überhaupt eines der Berufsbilder zu erlernen, die benötigt werden. Personaler klagen teils über mangelnde Arbeitsmoral und Leistungsbereitschaft von Bewerbern.

Also was tun? Bundestrainer und Bauleiter kann in Deutschland jeder, wenn man so die Kommentare in sozialen Netzwerken verfolgt. Daher fordert ein jeder von einem Oberbürgermeister, Arbeitsplätze zu schaffen, bitte sozialversicherungspflichtige und nicht nur in der Sommersaison, dafür aber gut bezahlt. Insofern profitiert jeder, der OB werden wird, von den Bestrebungen des Freistaats, in Hoyerswerda einen IT-Campus der TU Dresden ansiedeln zu wollen. Freilich muss das innerstädtisch aktiv und mit viel Energie begleitet, gestaltet werden. Nicht zuletzt erhofft man sich von den Studenten Belebung und einen gewissen Umsatz. Gewerbeflächen hat Hoyerswerda einige, echte Industrieflächen mit den Anforderungen an Ver- und Entsorgung mit Wasser und Elektroenergie gibt es in der Umgebung ohnehin gerade mal in Schwarze Pumpe. Doch im Industriegelände Zeißig würde irgendwas zwischen Kleingewerbe und Großindustrie gut funktionieren. Aber es ist auch kein Selbstläufer. Daher wollten wir von den Kandidaten wissen, welchen Plan sie haben, wenn sie an Wirtschaft denken.

Dorit Baumeister, parteilos, mit Unterstützung Grüne, Linke, Aktives Hoyerswerda:

Voraussetzung hierfür ist die regionale Vernetzung mit unseren kommunalen und wirtschaftlichen Nachbarn, wie die enge Kooperation mit dem Industriepark Schwarze Pumpe. Die Entstehung einer adäquaten, vielseitigen Arbeitswelt bedarf die Bündelung aller regionalen Kräfte, um Wertschöpfungsketten und Kreislaufwirtschaft abgestimmt zu etablieren. Primäre städtische Aufgabe ist die enge Kooperation mit den Bestandsunternehmen zur weiteren Stärkung und die Ertüchtigung des Industriegebietes Zeißig als Innovations- und Technologiestandort. Dieser bietet optimale Ansiedlungsmöglichkeiten für das Strukturwandelprojekt „Zentrum für Bauen und Wohnen“, für Unternehmen des zukünftigen Energie- Technologie- und Forschungsmarktes und für zukünftig benötigte Dienstleister von Industrieansiedlungen in Schwarze Pumpe. Wichtig ist die Aufstellung Hoyerswerdas als Aus – und Weiterbildungsstandort für neue Berufsbilder, die vorhandene Infrastruktur muss in Abstimmung mit der Wirtschaft ausgebaut werden. Die städtische Wirtschaftsförderung ist personell dringend zu stärken durch den Verbund mit dem Lausitzer Technologiezentrum Hoyerswerda.

Claudia Florian, CDU:

Der Zuse-Campus bringt unserer Stadt viele vielversprechende Möglichkeiten. Der Campus wird nicht nur junge Menschen mit frischen Ideen in die Stadt bringen, was die Chance auf Start-ups mit sich bringt. Es sind auch verschiedene Kooperationen denkbar. Hier sehe ich beispielsweise das Potenzial, digitale Modellversuche zur Verbesserung der Verwaltung anzustreben. Weiter sind Synergien mit dem Klinikum als Forschungsstandort denkbar, um Pilotprojekte im Bereich E-Health zu fördern und neue Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt zu eröffnen. Hinzu kommt, dass Hoyerswerda mithilfe des Zuse-Campus im Bereich der Digitalisierung zum Vorreiter im ländlichen Raum werden kann – ein Standort, an dem sich Unternehmen ansiedeln. Jedoch sind all diese Chancen im Rahmen des Zuse-Campus nur durch zielorientierte Unterstützung möglich. Wichtige Schritte sind hier neben der Senkung der Gewerbesteuer, Ausbau der Infrastruktur sowie Flächenrückkauf im Industriegelände Zeißig, um als Standort konkurrenzfähig zu sein. Auch der Breitbandausbau ist notwendig und muss gefördert werden, damit wir die wirtschaftliche Chance Zuse-Campus nutzen können.

Marco Gbureck, AfD:

Dass wir seit Anbeginn von einer Sonderwirtschaftszone sprechen, ist nicht neu. Diese SWZ wird beispielsweise Steuervergünstigungen für Gewerbe-treibende enthalten. Warum spielt das so eine große Rolle? Unternehmer lassen sich dort nieder, wo man nicht so viele Steuern zahlen muss. Was bringt das dann aber der Kommune? Wenn man über den Tellerrand hinaussieht, bringt es auf lange Sicht mehr als die Denkweise, dass wir mit weniger Steuereinnahmen noch weniger im Stadtsäckel haben. Wo liegt also das Problem? Wo würden Sie sich mit ihrer Firma niederlassen, in Kamenz (nähe zur Autobahn 19 km, Gewerbesteuer 395 %), in Bernsdorf (nähe zur Autobahn 32 km, Gewerbesteuer 380 %) oder in Hoyerswerda (nähe zur Autobahn 45 km, Gewerbesteuer 405 %)? Allein diese beiden angrenzenden Städte machen es uns vor. Wir brauchen Hoyerswerda sowohl als Energieregion und Industriestandort, als auch Tourismusregion und dürfen deshalb die Investitionen in unseren Haussee, aber auch die Ortschaften nicht vergessen. Der erste Schritt in Richtung Zuse-Campus und attraktiver Hotelstandort ist getan. Jetzt Nachnutzungsschwerpunkte am Scheibe-See mit Hilfe der Wirtschaftsförderung gezielt umsetzen.

Dirk Nasdala, parteilos:

Vor allem bei Branchen zur Gewinnung und Nutzung regenerativer Energien, die wir in enger Kooperation mit dem Industriepark Schwarze Pumpe bevorzugt unterstützen müssen. Dazu gehören neben der Bauindustrie vor allem Industriebranchen, die sich mit Wasserstoff-Mobilität für Bahn-, Schiffs-, Flug-, und Straßenverkehr und Verwertung oder Instandsetzung von Energiegewinnungsanlagen befassen. Um dies zu ermöglichen, werden sich zahlreiche begleitende Dienstleistungsbranchen ansiedeln. Unser Lausitzer Seenland Klinikum kann sich von einem Allgemeinkrankenhaus der Schwerpunktversorgung hin zu einem der Maximalversorgung entwickeln. Auch die Tourismusbranche wird sich weiter etablieren und entwickeln. Daraus erwachsen neue Chancen für die Kreativwirtschaft, um vor allem auch im Alltag und nicht nur zu Folklorefesten unser Alleinstellungsmerkmal als Zentrum im deutsch-sorbischen Siedlungsgebiet erlebbarer werden zu lassen. Ich möchte beispielsweise im Industriegebiet Zeißig möglichst zeitnah mit Strukturstärkungsmitteln Brachen zurückerwerben und revitalisieren. Damit bieten wir potenziellen Investoren bessere Rahmenbedingungen und können unsere Gewerbesteuereinnahmen erhöhen.

Torsten Ruban-Zeh, SPD:

In dieser Frage sehe ich den Schwerpunkt für die Zukunft Hoyerswerdas. Wir müssen uns in jeder Weise infrastrukturell stärken und lernen in einem Netzwerk mit vielen gleichwertig zu agieren. Nur so können wir unsere wichtigsten Strukturwandelprojekte, gemeinsam mit der Region umsetzen: Energie- und Wärmeversorgung für die Zukunft / Den Ausbau des ZuseCampus unter Einbindung der vorhandenen wirtschaftlichen Strukturen / Das Schaffen von wirtschaftlichen Neuansiedlungen und Startups / Schnelle Anbindung von Hoyerswerda an die Autobahn und Großstädte Dresden bzw. Leipzig (MILAU), aber auch Richtung Brandenburg / Innovatives Wohnen für jede Altersgruppe im besten kulturellen und sozialen Umfeld / Starke und kommunikative Verwaltung für die Bürger von Hoyerswerda und der Region /zunehmende touristische Erschließung als Wertschöpfungskette durch die Entwicklung des Scheibe-Sees sowie das Thema Krabat bzw. Krabaterlebniswelt in Schwarzkollm.