Politik
Merken

Präsidentschaftswahl in der Slowakei: Ass von Premier Fico sticht erst einmal nicht

Die erste Runde der Präsidentschaftswahl geht an den Oppositionskandidaten. Der Favorit der Putin-freundlichen Fico-Regierung muss auf Sieg in der Stichwahl hoffen.

Von Hans-Jörg Schmidt
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Die erste Runde der Präsidentschaftswahl in der Slowakei gewann der prowestliche  Karrierediplomat Ivan Korčok nach dem vorläufigen Endergebnis mit 42,5 Prozent.
Die erste Runde der Präsidentschaftswahl in der Slowakei gewann der prowestliche Karrierediplomat Ivan Korčok nach dem vorläufigen Endergebnis mit 42,5 Prozent. © L. Grinaj/TASR/dpa

Bratislava/Prag. Als in der Nacht auf Sonntag die ersten Ergebnisse der ersten Runde der slowakischen Präsidentschaftswahl eingehen, läuft alles wie erwartet. Parlamentspräsident Peter Pellegrini, Kandidat des linksnationalen Regierungslagers um Premier Robert Fico, zieht auf und davon, lässt alle anderen acht Protagonisten hinter sich. Pellegrini zeigt ein breites Lächeln des überzeugten Siegers.

Das ändert sich, als neben den Ergebnissen vom Lande auch die aus den Städten zu Buche schlagen. Dort leben eher die liberalen Wähler von Pellegrinis großem Widersacher, dem früheren Botschafter in Deutschland und späteren Außenminister, Ivan Korčok. Die standen vielfach unter Schock, seit Putin-Freund Fico vor einem halben Jahr nach einer Pause zum vierten Mal die Parlamentswahlen gewonnen und im Eiltempo damit begonnen hatte, die westliche, demokratische Orientierung des EU- und Nato-Landes zu kippen.

Pellegrini: Keine Waffen mehr an die Ukraine

Fico hatte als erstes das Justizsystem ins Visier genommen. Er schaffte den Sondergerichtshof ab, der sich mit Fällen von schwerer Korruption befasste, in die vor allem auch zwielichtige Leute aus dem Umfeld des Langzeitregierungschef verwickelt waren. Und der auch den Mord an dem jungen Investigativjournalisten Ján Kuciak und seiner Verlobten auf dem Tisch hatte. Zuletzt trat Fico einen großangelegten Angriff auf die öffentlich-rechtlichen Sender von Radio und Fernsehen los. Sie sollen verstaatlicht werden und von Politikern zu besetzende Aufsichtsgremien erhalten, die die Senderchefs ohne Begründung entlassen können, wenn sie nicht die politische Linie halten, die man von ihnen erwartet.

Der zum Regierungslager gehörende sozialdemokratische Parlamentspräsident Peter Pellegrini kam auf 37,0 Prozent.
Der zum Regierungslager gehörende sozialdemokratische Parlamentspräsident Peter Pellegrini kam auf 37,0 Prozent. © Václav/CTK/dpa

Ficos Präsidentschaftskandidat Pellegrini, dessen sozialdemokratische Partei Hlas Mitglied der Regierung ist, trägt dies alles mit. Wie sie auch den außenpolitischen Schwenk mitvollzieht, voll auf Putin zu setzen und das Nachbarland Ukraine nicht mehr mit Waffen zu unterstützen. Mit Pellegrini als Präsident im Rücken hätte Premier Fico die Chance, „durchzuregieren“.

Doch: „Die Slowakei ist nicht Fico-Land“, resümiert am frühen Sonntag in ihrem Kommentar die der Opposition nahestehende Zeitung Denník N. Es habe sich gezeigt, „dass Fico verwundbar ist“. Dass er „nicht das ganze Land verwirrt hat“. Und weiter: „Es besteht immer noch eine Chance, ihn zu besiegen.“ Und das auch noch mit einem ziemlichen Vorsprung: Korčok erhielt nach dem vorläufigen Endergebnis 42,52 Prozent der Stimmen, Pellegrini 37,05 Prozent.

Stichwahl am 6. April

Das Ergebnis kam in dem Ausmaß überraschend, selbst wohl ein bisschen für Korčok: „Es sieht hoffnungsvoll aus. Aber ich bleibe mit beiden Beinen auf dem Boden.“ Er will aber den Rückenwind ausnutzen, setzt auf Kundgebungen in den großen Städten. Am Sonntag noch soll die erste in der Hauptstadt Bratislava über die Bühne gehen.

Pellegrini sagte, er werde die Kandidaten um Unterstützung bitten, die in der ersten Runde gescheitert seien. Er setzt dabei vor allem auf die Wähler der ungarischen Minderheit und auf die des Drittplatzierten aus der ersten Runde, des früheren Justizministers Štefan Harabin. Der Ultranationalist, für den Putin im Ukrainekonflikt nicht mal der Aggressor ist, erzielte 11,74 Prozent der Stimmen.

Pellegrini betonte vor Journalisten zudem noch einmal, dass nur er die Interessen der Slowakei zu verteidigen wisse. Das Land stehe für ihn unverrückbar an erster Stelle. Und er warnte zugleich, „dass Korčok die Slowakei in den Krieg in der Ukraine hineinziehen wird“. Eine völlig in die Irre führende Behauptung, zumal über den Einsatz slowakischer Soldaten nicht der Präsident, sondern ausschließlich Regierung und Parlament entscheiden. Aber dieser plumpe Versuch des verbalen Betrugs zeigt, dass Pellegrini vor der Stichwahl mit Korčok am 6. April die Krallen ausfahren werde.

Politologen sehen Pellegrini für die Stichwahl zwar im leichten Vorteil. Aber für die meisten von ihnen war der Fico-Kandidat auch schon für die erste Runde Favorit. Da wurde er dieser Rolle nicht gerecht.