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Im Alter von 81 Jahren: CDU-Politiker Wolfgang Schäuble ist tot

Mit Wolfgang Schäuble ist einer der einflussreichsten Politiker der vergangenen Jahrzehnte gestorben. Der CDU-Mann hat viel erreicht in seiner Karriere. Manche Ämter blieben ihm aber auch verwehrt.

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Wolfgang Schäuble ist am Dienstagabend gestorben.
Wolfgang Schäuble ist am Dienstagabend gestorben. © dpa

Offenburg. Der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble ist tot. Der CDU-Politiker sei im Kreise seiner Familie zu Hause am Dienstagabend gegen 20 Uhr friedlich eingeschlafen, teilte die Familie am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur mit. Er wurde 81 Jahre alt.

Schäuble war in seiner langen politischen Laufbahn Minister, CDU-Chef, Fraktionsvorsitzender und Präsident des Deutschen Bundestages. Niemand gehörte dem Parlament länger an als er. Schäuble wurde am 18. September 1942 in Freiburg geboren. Er studierte Jura, es zog ihn aber früh in die Politik. Er trat 1965 in die CDU ein. 1972 errang er erstmals ein Mandat für den Bundestag, dem er ohne Unterbrechung bis zu seinem Tod angehörte.

Mit dem Namen Schäuble sind Jahrzehnte deutscher Politik verbunden. Unter Kanzler Helmut Kohl (CDU) war er zunächst Chef des Bundeskanzleramtes und Bundesminister für besondere Aufgaben, von 1989 bis 1991 Bundesinnenminister.

1989 hieß Deutschlands Innenminister Wolfgang Schäuble
1989 hieß Deutschlands Innenminister Wolfgang Schäuble © dpa

Schäuble handelte nach dem Mauerfall in der DDR den Einigungsvertrag mit aus. Seit dem Attentat eines geistig verwirrten Mannes auf ihn im Oktober 1990 saß Schäuble im Rollstuhl, seine politische Karriere ging aber weiter.

Von 1991 bis 2000 führte er die CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Nach dem Machtverlust der Union 1998 wurde Schäuble im Zuge der Neuaufstellung der CDU Parteichef. Angela Merkel wurde Generalsekretärin.

1997 war Schäuble noch Fraktionsvorsitzender der CDU-CSU Bundestagsfraktion
1997 war Schäuble noch Fraktionsvorsitzender der CDU-CSU Bundestagsfraktion © dpa/Torsten Silz

In den Turbulenzen der CDU-Spendenaffäre und nach Aussagen zu einer 100 000-Mark-Barspende trat Schäuble im Februar 2000 als CDU-Chef zurück. Merkel wurde Parteichefin, 2005 machte sie als Kanzlerin Schäuble zum Innenminister, vier Jahre darauf zum Finanzminister. Das Amt hatte Schäuble zwei Wahlperioden inne, er schafft die "schwarze Null", also einen Bundeshaushalt ohne neue Schulden.

Nach der Bundestagswahl 2017 wurde Schäuble als Nachfolger von Norbert Lammert zum Bundestagspräsidenten gewählt, das zweithöchste Amt im Staat. Das höchste Amt im Staat, das des Bundespräsidenten, blieb Schäuble verwehrt.

Nach der von der Union verlorenen Bundestagswahl 2021 zog sich Schäuble aus den Führungsgremien zurück. Im Bundestag wurde die SPD-Politikerin Bärbel Bas Präsidentin, Schäuble war nun einfacher Abgeordneter. In seiner Rede als Alterspräsident - jener Abgeordnete mit den meisten Dienstjahren - warb er für offenen Diskurs und selbstbewusste Abgeordnete.

2016: Wolfgang Schäuble mit Angela Merkel im Deutschen Bundestag
2016: Wolfgang Schäuble mit Angela Merkel im Deutschen Bundestag © dpa/Wolfgang Kumm

In seiner Partei zählte Schäuble eher zu den konservativen Politikern, hinter den Kulissen hatte sein Wort stets Gewicht. Auf der anderen Seite hatte er früher als andere die CDU zur Offenheit für Bündnisse mit den Grünen aufgerufen. Schon 2007 sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung": "Schwarz-Grün ist nicht unser Wunsch, aber eine Option für die Union." Im Ringen um die Kanzlerkandidatur 2021 schlug sich Schäuble auf die Seite des damaligen CDU-Chefs Armin Laschet und stellte sich gegen CSU-Chef Markus Söder.

Auch im Privaten spielte bei Schäuble oft die Politik eine Rolle. Schon Vater Karl Schäuble war CDU-Politiker und gehörte dem Badischen Landtag an. Schäubles jüngerer Bruder Thomas war ebenfalls Politiker, 13 Jahre lang war er Landesminister in Baden-Württemberg. 2013 starb er an den Folgen eines Herzinfarkts. Der CDU-Spitzenpolitiker Thomas Strobl war Schwiegersohn von Wolfgang Schäuble, Tochter Christine, die ARD-Programmdirektorin, Strobls Ehefrau. Schäuble hinterlässt insgesamt vier Kinder und Ehefrau Ingeborg, mit der er seit 1969 verheiratet war. (dpa)

CDU-Chef Merz: Verliere mit Schäuble engsten Freund und Berater

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat nach dem Tod des früheren Bundestagspräsidenten und Bundesministers Wolfgang Schäuble dessen "beeindruckende und sehr lange Politiker-Karriere" gewürdigt. "Sein Intellekt, seine Freude an der demokratischen Auseinandersetzung, sein konservatives Weltbild und seine rhetorische Schärfe zeichneten ihn in all dieser Zeit ganz besonders aus", hieß es in einer Erklärung des SPD-Politikers vom Mittwoch. "Deutschland verliert einen prägenden Christdemokraten, der gerne stritt und dabei doch nie aus dem Blick verlor, worum es geht in der Politik: Das Leben der Bürgerinnen und Bürger besser zu machen."

Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), deren Regierungszeit Schäuble entscheidend mitprägte, zeigte sich bestürzt. "Deutschland verliert mit ihm eine überragende Persönlichkeit mit politischer und programmatischer Weitsicht", teilte sie am Mittwoch mit. "Als junge Ministerin war Wolfgang Schäuble mir politischer Lehrmeister. Als Bundesinnenminister und Bundesfinanzminister war er einer der Anker meiner ersten drei Kabinette", schrieb die Altkanzlerin weiter. "Ich bewunderte seine Disziplin, auch sich selbst gegenüber, die er trotz und mit seiner Querschnittlähmung nach einem Attentat aufbrachte. Er wurde damit Millionen Menschen ein Vorbild."

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron schrieb, dass Schäuble ein Freund Frankreichs gewesen sein. "Er trug zur deutschen Wiedervereinigung, zum Aufbau des Euro und zur europäischen Einheit bei", schrieb Macron auf X. Sein Beileid gelte Schäubles Vertrauten und den Menschen in Deutschland.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) schrieb auch auf X: "Wolfgang Schäubles Tod ist ein schwerer Verlust für Deutschland und Europa. Er hat durch seine Taten und sein Vorbild wie kaum ein anderer die bundesdeutsche Demokratie geprägt. Er dachte stets groß und weit voraus."

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat den gestorbenen CDU-Politiker Wolfgang Schäuble als "Glücksfall für die deutsche Geschichte" gewürdigt. "Mit Wolfgang Schäuble haben wir einen großartigen Menschen und leidenschaftlichen Politiker verloren, der Historisches für unser Land erreicht hat", schrieb Steinmeier am Mittwoch an die Witwe Ingeborg Schäuble. "Ein reiches Leben ist nun zu Ende gegangen - das Werk dieses herausragenden Staatsmannes und Menschen wird Bestand haben. Wir werden Wolfgang Schäuble nicht vergessen. Er hat sich um Deutschland und Europa verdient gemacht."

Schäuble sei visionär gewesen, er habe nie das Wesentliche aus dem Blick verloren, heißt es in Steinmeiers Kondolenzschreiben. "Das Ziel der Einheit unseres Landes verfolgte Wolfgang Schäuble ebenso beharrlich wie das Zusammenwachsen Europas."

CDU-Chef Friedrich Merz schrieb auf X, dass ihn Nachricht von Schäubles Tod mit großer Trauer erfülle. "Ich verliere mit Wolfgang Schäuble meinen engsten Freund und Ratgeber, den ich in der Politik je hatte. Meine Gedanken sind bei seiner Familie, insbesondere seiner Frau Ingeborg", so Merz weiter.

Und auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat bestürzt auf den Tod des früheren Bundestagspräsidenten und Bundesministers Wolfgang Schäuble reagiert. "Er war Architekt der Dt. Einheit & hat das Land sicher durch eine schwere Finanzkrise geführt. Wir haben einen der größten Diener unseres Landes verloren", schrieb Kretschmer am Mittwochmorgen auf X.

Sachsens Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) erklärte: „Mit Wolfgang Schäuble verliert Deutschland einen Architekten der Wiedervereinigung, einen der bedeutendsten Parlamentarier und einen großen Europäer. Auch die Entscheidung für Berlin als Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands wird stets mit ihm und seiner Rede im Bundestag verbunden sein. Der überzeugte Europäer war nicht nur den Menschen im Osten Deutschlands, sondern auch unseren mitteleuropäischen Nachbarn stets eng verbunden."

Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) würdigte Schäuble indes als konservative Stütze der parlamentarischen Demokratie. "Mit Wolfgang Schäuble verliert die Bundesrepublik Deutschland einen aufrechten Demokraten und streitbaren Charakter", schrieb Dulig auf X. (dpa)

Thüringens CDU-Chef Mario Voigt bezeichnet Schäuble zudem als Vorzeigeparlamentarier. "Wolfgang Schäuble war ein Staatsmann und Deutschland-Macher! Als Vorzeigeparlamentarier hat er unser Land zu Stärke geführt", schrieb Voigt bei X. Er sei tief getroffen. Und er wünscht: "Seiner Familie viel Kraft."

Thüringens Landtagspräsidentin Birgit Pommer schrieb ebenfalls bei X: "Wolfgang Schäuble hat die Politik Deutschlands über Jahrzehnte geprägt. Er wird als aufrechter Demokrat in Erinnerung bleiben, der sein Leben in den Dienst unseres Landes stellte."

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder hat die jahrzehntelange politische Leistung des gestorbenen CDU-Politikers Wolfgang Schäuble ebenfalls gewürdigt. Dieser habe sich unter anderem als Bundesinnenminister, Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, CDU-Vorsitzender und Bundestagspräsident "große Verdienste um Deutschland erworben", schrieb der CSU-Vorsitzende am Mittwoch auf der Plattform X (früher Twitter). "Die CSU wird ihm ein ehrendes Andenken bewahren."

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte: "Mit Wolfgang Schäuble verliert Deutschland einen großen Parlamentarier, der sich über Jahrzehnte für dieses Land verdient gemacht hat." Die deutsche Einheit, die europäische Einigung und viele wegweisende Entscheidungen blieben für immer mit seinem Namen verbunden.

Die Grünen-Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge und Britta Haßelmann erklärten zudem, ihr großer Respekt gelte Schäubles beeindruckendem Engagement als Abgeordneter des Deutschen Bundestags. "Seine Arbeit hat dieses Land geprägt. Wir danken ihm für seinen beeindruckenden Einsatz für unseren Parlamentarismus und unsere Demokratie."

Deutscher und internationaler Sport würdigen Schäuble

Auch der Deutsche Olympische Sportbund und IOC-Präsident Thomas Bach haben Schäuble als einen der größten Unterstützer des Sports gewürdigt. "Er hat stets die einende Kraft des Sports betont, der alle Menschen ohne jede Diskriminierung zusammenbringt. Wolfgang Schäuble lebte die Olympischen Werte", sagte Bach am Mittwoch.

Für ihn persönlich sei Schäuble "über mehr als vier Jahrzehnte ein wertvoller Ratgeber" gewesen, "dessen hohe Intellektualität gepaart mit großem Pragmatismus mich immer tief beeindruckt hat", sagte der frühere DOSB-Präsident. Im Jahr 2009 war der frühere Innenminister Schäuble, der in diesem Amt für den Sport zuständig war, mit der DOSB-Ehrenmedaille für herausragende Verdienste um den deutschen Sport ausgezeichnet worden. 2020 folgte die Auszeichnung mit dem Olympischen Orden.

"Schäuble verhandelte maßgeblich den Einigungsvertrag, durch den der deutsche Sport zwei seiner wichtigsten Institute, FES und IAT, erhielt", schrieb der DOSB am Mittwoch bei X, vormals Twitter. "Er war ein großer Kämpfer gegen Doping und initiierte u.a. 1989 das Programm "Integration durch Sport"."(dpa)