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Polizei räumt "Black Triangle" in Leipzig

Zweieinhalb Jahre lang betrieb die linke Szene einen Treffpunkt im alten Umspannwerk. Nach der Schließung drohen Ausschreitungen im Stadtteil.

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Das autonome Kulturzentrum "Black Triangle".
Das autonome Kulturzentrum "Black Triangle". © Archiv/dpa/Violettta Kuhn

Von Sven Heitkamp, Leipzig

In der Dämmerung gegen 7 Uhr am Dienstagmorgen rückt die Polizei mit einer Kolonne Mannschaftswagen, Blaulicht und 150 Beamten an. Ihr Ziel: Ein halb verfallenes, aber besetztes Bahngelände in Leipzig-Connewitz. Man ist auf größere Auseinandersetzungen mit der autonomen Szene vorbereitet, doch es bleibt friedlich. Von den Besetzern ist niemand da oder gerade getürmt.

Die Polizisten finden zumindest, so berichtet Sprecher Andreas Loepki, eine noch warme Tonne, die als Ofen diente. Auch Licht brennt. Ein gepanzertes Räumfahrzeug schiebt ein halbes Dutzend abgewrackte Autos beiseite, die als Barrikaden dienen sollten. Über der Szenerie surrt eine Drohne der Polizei. Das war’s.

Rund 150 Beamte der Polizeidirektion Leipzig sowie der Bundes- und Bereitschaftspolizei waren im Einsatz. 
Rund 150 Beamte der Polizeidirektion Leipzig sowie der Bundes- und Bereitschaftspolizei waren im Einsatz.  © dpa/Sebastian Willnow

Es ist das unspektakuläre Ende einer zweieinhalb Jahre dauernden Auseinandersetzung vor Gerichten und auf Demos um ein ehemaliges Umspannwerk der Deutschen Bahn. Das umkämpfte rote Ziegelgebäude liegt in einem Gleisdreieck zwischen Kleingärten und Schlachthof in Connewitz, das Spaßvögel „Black Triangel“ getauft haben. Die Aktivisten hatten in dem leer stehenden Haus an der Arno-Nitzsche-Straße 41 seit Juni 2016 einen linken Szenetreff aufgebaut, Bandproberäume und eine Sauna improvisiert, Konzerte, Kino, Diskussionsrunden und Schlafmöglichkeiten organisiert – allerdings ohne die Bahn um Erlaubnis zu fragen. Sie seien „nach gewaltsamer Beseitigung der vorhandenen Absperrungen und Schlösser auf das Grundstück gelangt“ und hätten eigene Absperrungen angebracht, so die Polizei.

Nun war der vermeintliche Spaß des „Kulturkollektivs Arno-Nitzsche“ vorbei. Das Amtsgericht Leipzig hatte vor wenigen Tagen einen Durchsuchungsbeschluss erlassen, weil die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen Hausfriedensbruchs gegen unbekannt eingeleitet hatte. Die Besetzer seien zuletzt mit Frist bis zum 28. Dezember von der Bahn erfolglos aufgefordert worden, das Grundstück zu verlassen, heißt es.

Demo für Mittwoch angekündigt

Zivilrechtlich war man der Besetzung bislang nicht beigekommen – weil es niemanden gab, dem man eine Räumungsklage hatte zustellen können, bestätigte sogar der Bundesgerichtshof. Eine Obergerichtsvollzieherin sah sich zuvor außer Stande, einen Beschluss zur Zwangsräumung zuzustellen, weil kein Besetzer zu identifizieren war. Also setzten die Behörden die Ziele mit strafrechtlichen Mitteln um.

„Wir führen keine Räumung durch, sondern eine Durchsuchung“, betonte Polizeisprecher Loepki. Nach der Arbeit der Spurensicherung sei das Gelände gegen Mittag der Bahn als Besitzerin übergeben worden. Doch weitere Auseinandersetzungen drohen. Mittwochabend ist eine Demo in Connewitz angesetzt. Motto: Black Triangel – Take it back! „Wir wollen das Gelände zurück und es tatsächlich basisdemokratisch und emanzipatorisch nutzen“, heißt es in einem Aufruf. Die Bahn zeigt sich auf Anfrage indes offen für viele Varianten: „Unser bisheriges Gesprächsangebot in alle Richtungen besteht weiterhin“, sagt ein Bahnsprecher. Da es derzeit keine konkreten Anwärter für das Areal gebe, stünde man für Gespräche mit allen Interessenten zur Verfügung. „Wir wollen keine illegale Nutzung“, so der Sprecher. „Es ist unser Gelände, wir tragen die Verantwortung für die Sicherheit.“

In den nächsten Tagen werde der Zustand des Gebäudes untersucht, Sicherheitskräfte würden das Gelände bewachen. Zurückgelassene Gegenstände könnten an die Besitzer herausgegeben werden. Die Leipziger Landtagsabgeordnete der Linken Juliane Nagel kritisierte indes, mit der Räumung habe die Bahn den „Weg zu einer gemeinsamen Lösung abgebrochen“.