Ermittlungen nach Feuer in Asylunterkunft: Brandserie statt Brandanschlag
Schwerin/Groß Strömkendorf. Kein Zusammenhang mit Hakenkreuz-Schmiererei. Kein politischer Hintergrund. Der verheerende Brand in einer Flüchtlingsunterkunft nahe Wismar vor vier Wochen ist den bisherigen Ermittlungen zufolge kein gezielter Anschlag auf Geflüchtete gewesen. "Wir gehen im Ergebnis der Ermittlungen davon aus, dass die Tat in Groß Strömkendorf Teil einer Brandserie ist", sagte Oberstaatsanwältin Claudia Lange von der Staatsanwaltschaft Schwerin am Mittwoch bei einem Pressetermin.
Der am Morgen festgenommene 32-jährige Tatverdächtige ist den Angaben zufolge sowohl in der Berufs- als auch der Freiwilligen Feuerwehr aktiv, er streitet die Vorwürfe ab.
Das reetgedeckte ehemalige Hotel in Groß Strömkensdorf war in der Nacht vom 19. zum 20. Oktober weitgehend abgebrannt. Die 14 ukrainischen Bewohner der Unterkunft und ihre drei Betreuer konnten sich unverletzt aus dem Gebäude retten. Die Tat schlug umgehend hohe Wellen, noch am selben Tag besuchte neben Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) den Brandort.
Die bisherigen Ermittlungsergebnisse der Kriminalpolizei und der Staatsanwaltschaft widersprechen den direkt nach dem Großbrand in der Öffentlichkeit und dem Medien geäußerten Vermutungen einer rassistisch motivierten Straftat. Diese entzündeten sich an einer Hakenkreuz-Schmiererei, mit der zwei Tage vor dem Brand ein Schild des Deutschen Roten Kreuzes vor dem Gebäude beschmiert wurde. Auch die Ermittler hatten einen politischen Hintergrund deshalb zunächst nicht ausgeschlossen.
Die Anwohner in dem kleinen Ort dürften sich hingegen bestätigt sehen, sie hatten sich dagegen gewehrt, in die Nähe des Extremismus gerückt zu werden. "Das ist doch eine Vorverurteilung", sagte eine Anwohnerin am Tag nach dem Feuer. Auch der Bürgermeister des zuständigen Amts Neuburg, Tino Schmidt (SPD), hatte sich umgehend vor seine Bürger gestellt.
Tatverdächtiger soll Brand gelegt und selbst gelöscht haben
Die aktuellen Ermittlungsergebnisse bewertete er gegenüber der Deutschen Presse-Agentur jedoch nicht als Grund zur Erleichterung. Bewahrheitet sich der Tatverdacht, so sei zwar die Brandserie aufgeklärt und der Vorwurf der rassistisch motivierten Tat vom Tisch, für alle Ehrenamtler in der Region - wie die bei der Freiwilligen Feuerwehr - wäre dies jedoch eine Enttäuschung.
Der Staatsanwaltschaft zufolge geht das Brandgutachten von einer vorsätzlichen Brandlegung aus, bei der auch ein Brandbeschleuniger zum Einsatz kam. Dem Beschuldigten zum Verhängnis wurde jedoch laut Kriminalpolizei nicht das Gutachten, sondern seine eigene Aussage: Diese passte demnach nicht zu den Angaben der restlichen über 120 befragten Anwohner und Einsatzkräfte.
Diese Ungereimtheiten in Verbindung mit den gesicherten Spuren rechtfertigen laut Staatsanwaltschaft die Vermutung, dass sich der Beschuldigte bereits zur Tatzeit am Tatort befand. Er habe sich jedoch auch an den Löscharbeiten beteiligt.
Der dringende Tatverdacht erstreckt sich jedoch nicht allein auf den Brand der Flüchtlingsunterkunft, sondern auch auf drei weitere Feuer in einem Waldstück, einem Carport und einer Strohmiete. Hinzu kommen 15 weitere Taten seit April 2022, die ebenfalls Teil der Ermittlungen seien, so Lange.
Der 32-Jährige wurde der Staatsanwältin nach am Mittwoch bereits der Haftrichterin am Amtsgericht Schwerin vorgeführt und sitzt nun in Untersuchungshaft. Bei einer Hausdurchsuchung wurden zudem weitere Beweise sichergestellt, die jedoch noch nicht ausgewertet worden seien. (dpa)