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Portal zum Bio-Bahnhof

Der Umbau des Klotzscher Denkmals geht voran. Ende dieses Jahres öffnet darin nicht nur ein Supermarkt.

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© Christian Juppe

Von Sarah Grundmann

Es ist die letzte Ruine im schicken Villenviertel Königswald: Vom einstigen Glanz des Klotzscher Bahnhofs ist heute nur noch wenig zu sehen. Seit der Wende steht der denkmalgeschützte Komplex leer und verfällt immer mehr. Dabei war er einmal der Besuchermagnet. 1873 gebaut, um die Ausflüge der sächsischen Königsfamilie zu erleichtern, nutzten auch andere ihn als Startpunkt für Spaziergänge durch die ländliche Gegend. 1908 wurde das Gebäude um den Neuen Klotzscher Bahnhof ergänzt. In diesem Jahr soll das historische Ensemble seinen alten Glanz zurückbekommen und wieder Besucher anlocken; doch nicht für Ausflüge, sondern zum Einkaufen. Denn der Bio-Bauernhof Vorwerk Podemus saniert den Komplex seit März 2015. Am Dienstag stand ein Highlight an.

Das historische Eingangsportal kehrte an den Neuen Bahnhof zurück. Das bedeutete eine Menge Aufwand: Nicht nur, dass das bestehende Gebilde aus Sandsteinsäulen und Giebel über mehrere Wochen aufwendig aufgearbeitet wurde. Vier Wochen waren Tischler mit dem Bau einer originalgetreuen Nachbildung der Türen aus Jugendstil-Zeiten beschäftigt. Nur anhand von Fotos haben die Fachleute Zeichnungen angefertigt und mit dem Denkmalschutzamt abgestimmt. Vor Ort anschauen konnten sie sich die Flügeltüren nicht. Denn in den 1980er-Jahren wurde das Eingangsportal einfach zugeschüttet.

In sieben Einzelteilen mussten die insgesamt über vier Meter breiten und knapp vier Meter hohen Türen am Dienstag zur Baustelle kutschiert werden. „Ich finde es nur schade, dass sie sich nicht wie früher öffnen lassen werden“, sagt Tischlermeister Dirk Müller, der zusammen mit vier Gesellen aus seinem Betrieb bei Freital an der Nachbildung gearbeitet hat. Stattdessen werden die Bauteile fest verschraubt, der zukünftige Eingang befindet sich stattdessen an der Seitenwand des Gebäudes.

„Das ist einfach praktischer, weil wir für den Supermarkt einen barrierefreien Zugang brauchen“, sagt Podemus-Inhaber Bernhard Probst. Auf 500 Quadratmetern Verkaufsfläche will er den Dresdnern Ende dieses Jahres selbst erzeugtes Fleisch, Kartoffeln und Eier sowie Obst und Gemüse von benachbarten Bio-Gärtnern und Landwirten anbieten. Auch Öko-Kosmetika sollen im neuen Supermarkt im Angebot sein. Dass sie in der einstigen Wartehalle eines Bahnhofes einkaufen, werden die Kunden an den Details erkennen. So bleiben beispielsweise Schriftzüge aus dem frühen 20. Jahrhundert erhalten: „Nach den Bahnsteigen“ ziert so das neue Eingangsportal. Probst lässt noch eine weitere Tradition wieder aufleben: Kehrten die Leute dort einst in der Bahnhofsgaststätte ein, soll es im Neuen Bahnhof künftig ein Podemus-Bistro geben. Neben belegten Brötchen werden auf der Speisekarte auch warme Gerichte stehen.

Für Klotzsche ist es der erste Markt des Unternehmens, das seit 1991 einen Bauernhof oberhalb des Zschoner Grundes betreibt. „In unseren anderen Filialen haben viele Klotzscher nachgefragt, wann auch in ihrem Stadtteil eine eröffnet“, sagt der Inhaber. „Es war also logisch, dieses Gebiet zu erschließen.“ Dabei sei Dresden nicht gerade ein einfaches Pflaster, sagt Probst. In kaum einer weiteren deutschen Stadt gebe es eine so hohe Dichte an Lebensmittel-Händlern mit Bio-Produkten. Trotzdem öffnete Podemus erst im Juni dieses Jahres eine neue Filiale auf der Augsburger Straße in Striesen. Mit dem neuen Bio-Bahnhof kommt der achte Markt in der Landeshauptstadt hinzu, außerdem hat Podemus drei weitere Geschäfte im Umland.

Eigentlich sollten die Türen zum Supermarkt schon geöffnet sein. Doch bei der Sanierung wartete die eine oder andere böse Überraschung auf die Bauherren. So sorgte unter anderem ein immenser Schwammbefall für Verzögerungen und höhere Kosten. Wie viel das Unternehmen investiert, möchte Probst derzeit noch nicht sagen. „Noch sind wir ja nicht am Ende und wissen auch nicht, welche Überraschungen noch kommen“, sagt Probst. Das Jahresende hält er als Ziel aber fest im Visier.

Dann wird nicht nur der neue Supermarkt seine Türen öffnen. Im Alten Bahnhof entstehen zudem eine rund 150 Quadratmeter große Wohnung in der ersten Etage sowie vier Gewerbeflächen im Erdgeschoss. Drei der Flächen sind bereits vermietet, unter anderem an einen Spielzeugladen. Nach einem Händler für die vierte Fläche sucht Podemus hingegen noch. Einzige Vorgabe: Das Geschäft muss zum Label „Bio-Bahnhof“ passen, etwas Besonderes anbieten. Mindestens genauso händerringend sucht der Inhaber nach historischen Fotos, die an den früheren Glanz des einstigen Besuchermagnets erinnern.