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Porzellan-Schau aufgepeppt

Seit 2001 haben sich die Besucherzahlen in der Manufaktur Meissen mehr als halbiert. Das soll sich jetzt ändern.

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© Archiv/Andreas Weihs

Von Peter Anderson

Meißen. Hämmern, sägen, bohren – das ist Musik in den Ohren von Anja Hell. Voll Vorfreude hört die Kuratorin des Meissener Porzellan-Museums dieser Ouvertüre zu. In der zweiten Etage des Museumsbaus toben sich die Handwerker aus. Bis Ostern sollen sie fertig sein. Dann wird dort der zweite Teil der neu gestalteten Dauer-Ausstellung eröffnet. „Wir haben etwas Vorlauf gebraucht. Ein Konzept musste erstellt und die richtigen Anbieter gefunden werden“, sagt der Geschäftsführer der Meissener Porzellan-Stiftung GmbH Günther Störzinger.

Günther Störzinger ist der Chef der Meissen-Stiftung.
Günther Störzinger ist der Chef der Meissen-Stiftung. © Archiv/Claudia Hübschmann

Tatsächlich wird es höchste Zeit, dass die Manufaktur ihr Museum auf Vordermann bringt. Seit 2001 haben sich die Besucherzahlen von 375 000 auf 185 000 im vergangenen Jahr mehr als halbiert. Die Visionen sahen dagegen ganz anders aus. Das Ostern 2005 eröffnete und elf Millionen Euro teure neue Besucherzentrum wurde mit Hinblick auf einen größeren Zuspruch errichtet. Unter den Geschäftsführern Hannes Walter und Dieter Gerhardt war von 500 000 bis 600 000 Gästen jährlich die Rede. Noch nicht einmal ein Drittel dieser Prognose wird derzeit erreicht.

Umfeld bereitet Probleme

Zu den Gründen dafür befragt, verweist Sprecherin Sandra Jäschke auf äußere Umstände. Generell spüre auch Meissen den allgemeinen Rückgang im Tourismus, insbesondere in Dresden. Gleichwohl seien die Besucherzahlen vergleichsweise sehr gut für einen Standort wie Meißen. „Besonders positiv ist, dass knapp die Hälfte internationale Besucher sind. Einen Zuwachs gibt es hier bei USA, Polen oder Österreich. Rückläufig sind die Besucher aus Japan, die in den vergangenen Jahren intensiv Meissen besucht hatten“, so Sandra Jäschke. Hinzu kommt ihren Angaben zufolge, dass die Besucher gern länger verweilten und sich dadurch der Umsatz am Standort sehr positiv entwickele. Die Veranstaltungen, vor allem kulinarischer Art, würden sehr gut nachgefragt. Insofern verändere sich das Besucherverhalten derzeit.

Die Investitionen in die Dauer-Ausstellung sollen helfen, den Trend zu längeren Aufenthalten zu verstetigen und die Besucherzahlen mindestens zu stabilisieren. Einen Vorgeschmack gab es 2016 zum Saisonstart mit dem Umbau im ersten Obergeschoss. Für 200 000 Euro stattet die Stiftung die originalen, schweren Eichenholzvitrinen mit leuchtenden Hintergründen aus und holte lang verborgene Stücke aus dem Depot. Vor pinken, grünen, gelben Wänden tummeln sich seitdem Jagdgruppen, maskierte Tänzer, Tiere und diverse Gottheiten. Sie nehmen den Besucher mit auf eine Reise durch chronologisch geordnete drei Jahrhunderte Porzellan-Geschichte.

Die ab März in der zweiten Etage gezeigte Schau, geht dann einem thematischen Ansatz nach. Was hat Meissen zu Literatur, Mode, Musik oder Theater gestaltet? Ausgewählte Figuren, Geschirr und Schmuck werden zu den einzelnen Schwerpunkten publikumswirksam in Szene gesetzt. „Wir nehmen sozusagen eine Lupe und beleuchten die Themen näher“, sagt Stiftungschef Störzinger. Dies biete zudem die Möglichkeit, schnell und unkompliziert auf aktuelle Jubiläen oder andere Anlässe reagieren zu können. Mehr noch als bisher möchte die Manufaktur verborgene Schätze aus ihren Schatzkammern für die Besucher erschließen.

Begleitend zu den neuen Arrangements ist eine Technik-Offensive geplant. Die altmodische Täfelchen mit Lesetexten sollen durch sogenannte QR-Codes ergänzt werden. Scannt der Besucher diese mit seinem Smartphone ein, kann er über das Gerät zusätzliche Informationen abrufen. Weitere Elemente im Ausstellungskonzept bilden Bildschirme und Abspielstationen mit Filmen und Hörstücken. Kinder können mit einem Mini-Computer auf eine spannende Rallye durch die Ausstellung gehen. Das Kinderzimmer mit Bastel- und Mitmachmöglichkeiten zum Thema Porzellan kehrt ebenfalls zurück. Schrittweise sollen fremdsprachliche Angebote folgen, später auch Audio-Guides, wie sie mittlerweile in den großen europäischen Museen zum Standard gehören.

Lange nichts passiert

Die von den renommierten Ausstellungsmachern des Dresdner A-Teams rund um Chef Marcus Lilge verantwortete Frische-Kur für das Museum holt nach, was in der Ära unter Ex-Meissen-Chef Christian Kurtzke verabsäumt wurde. Die Jubiläumsschau „All Nations are wellcome“ war 2010 der letzte große Akt, mit dem die Manufaktur vor Ort überregional für Schlagzeilen sorgte. Danach blieb es bei kleineren Schnellschüssen wie dem Überblick zum Schaffen ausländischer Künstler im Art Campus oder den Kristallexperimenten von Porzellan-Künstler Frank Michaelis. Ein auf langfristige Effekte angelegtes Programm fehlte dagegen. Stattdessen konzentrierte sich der Staatsbetrieb auf sogenannte Showrooms in Dresden-Blasewitz und Mailand. Auch dort sind hämmern, sägen, bohren angesagt. Allerdings zur Demontage, um die Verlustbringer abzuwickeln.

Mit der dann bereits eröffneten neu gestalteten zweiten Museumsetage dürfte sich der Besuch der Manufaktur zu den Tagen der offenen Tür am 21. April, 12 Uhr bis 17 Uhr und am 22. April 2017, 10 Uhr bis 17 Uhr, besonders lohnen. Der Eintritt ist an beiden Tagen kostenfrei.