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Preisdrückerei oder Erpressung?

Hat ein Döbelner KFZ-Meister einen Kunden bedroht? Vor Gericht gibt es dazu widersprüchliche Aussagen.

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Von Helene Krause

Kurz vor Ende der Beweisaufnahme stellt Verteidiger Rechtsanwalt Martin Göddenhenrich mehrere Anträge. Unter anderem sollen weitere Zeugen gehört werden. Angeklagt ist ein 50-jähriger Kfz-Meister aus Döbeln. Am 25. Februar 2013 soll er gegenüber einem Kunden geäußert haben: „Es kann ja sein, dass Du mal einen gebrochenen Finger oder Arm hast und nicht mehr Busfahren kannst. Mein Geld kriege ich auf jeden Fall.“ (Der DA berichtete über den ersten Verhandlungstag).

Dem Vorfall vorausgegangen war, dass der mutmaßliche Geschädigte seinen Wartburg 311 in die Werkstatt des Kfz-Meisters gab. Ein Kostenvoranschlag, der nur das Material beinhaltetet, belief sich auf 3000 Euro. Nachdem der Kfz-Meister eine Rechnung von 2700 Euro gestellt hatte, kam der Geschädigte zu ihm und wollte wissen, wie hoch die weiteren Kosten wären. Ihm wurde eine Summe von 10 300 Euro genannt. Das war dem Kunden zu viel. Er wollte nur 5000 Euro zahlen. Daraufhin soll der Kfz-Meister seine Mitarbeiter aus dem Büro geschickt und den Kunden bedroht haben.

In der ersten Verhandlung sagte der Geschädigte vor Gericht, dass er, als die erpresserische Äußerung gefallen sei, mit dem Kfz-Meister allein in dessen Büro gewesen wäre. Der Aussage widerspricht die Ehefrau des Angeklagten. Sie arbeitet als Angestellte in der Firma. Am Tattag war sie mit im Büro. Ihr Mann und zwei Mitarbeiter der Werkstatt, ein Lackierer und ein Karosserieklempner erläuterten dem Kunden, was sie an dem Wartburg alles gemacht hätten. Dann verließen beide Mitarbeiter das Büro. Ihr Mann habe sich danach einen Taschenrechner geholt und dem Kunden erklärt, wie der hohe Preis zustande kam. Daraufhin sei der Kunde aus dem Büro gegangen und weggefahren. Erst als er im April 2013 eine weitere Rechnung erhielt, die sich auf über 33 000 Euro belief, erstattete er Anzeige bei der Polizei. Der Grund, dass er erst Monate nach der angeblichen Erpressung eine Anzeige gemacht habe, soll sein, dass ihm die Polizei abgeraten hätte. Der Polizeibeamte hätte ihm gesagt, dass in dem Fall Aussage gegen Aussage stünde und nichts dabei heraus käme. Erst, als ein Bekannter, der bei der Kripo in Leipzig arbeitet, ihm dringend riet, Anzeige zu erstatten, habe er das getan.

Verteidiger Rechtsanwalt Martin Göddenhenrich wertet die späte Anzeige als Beweis, dass der Kunde den Preis für die Restaurierung des Wartburgs drücken will. Er habe die Anzeige erst gemacht, als die Rechnung über 33 000 Euro kam. „Damit kann jeder den Preis drücken, wenn er eine Rechnung nicht bezahlen will“, meint Göddenhenrich. Dann stellt er seine Beweisanträge. Unter anderem sollen in einer weiteren Verhandlung die beiden Mitarbeiter der Werkstatt als Zeugen vernommen werden. Ein Gutachten, das in der ersten Verhandlung verlesen wurde, bezeugte, dass die hohen Kosten gerechtfertigt sind. Das Fahrzeug wurde rekonstruiert und nicht repariert. Deshalb ist von höheren Kosten auszugehen.

Unklar bleibt, warum der Angeklagte nicht mit dem Kunden über die höheren Kosten gesprochen hat. „Man kann seine Leute nicht rumwerkeln lassen, bis 30 000 Euro rauskommen“, sagt Richter Janko Ehrlich. Das Verfahren wird fortgesetzt.