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Prima Aussichten fürs Winzereck

Mamas, Babys, Künstler und Leser bevölkern den Laden. Am Markt der Möglichkeiten in Kamenz ist aber noch mehr drin.

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© Matthias Schumann

Von Ina Förster

Leerstand war gestern. Zumindest im Kamenzer Winzereck! Das wurde vor Monaten wiederbelebt. Zwar nicht mit einem Geschäft, wie es optimalerweise sein müsste. Dafür mit anderem Leben, das durchaus auch vielversprechend ist. Montags und dienstags tummeln sich hier an den Vormittagen Mamas mit ihrem Nachwuchs. Im Durchschnitt zwischen zehn und 15 Frauen mit ebenso vielen Babys. Im Sommer steht die Kinderwagenparade vor dem Schaufenster des ehemaligen Süßigkeiten- und Spirituosenladens. Und zieht alle Blicke an. Jetzt im Winter werden die Buggys im ehemaligen Schnapslager abgeparkt.

Gemütlich geht es hier zu. Die lange Tafel ist reich gedeckt. Ab 9 Uhr dampft Kaffee und Tee in den Tassen. Die Frauen haben sich nach dem Wochenende viel zu erzählen. Der Montagmorgen ist Gesetz. Plauschen, in Ruhe frühstücken, die Kinder spielen zusammen. Keiner nervt. Keiner drängelt. Regina Pietsch, die gute Seele des Winzerecks, die von Beginn an Ansprechpartnerin für alle neuen Nutzer war, stellt ihre selbst gemachten vegetarischen Brotaufstriche auf den Tisch. „Wir wollen ja etwas für die gesunde Ernährung tun“, sagt sie. Die ersten Mamas erkundigen sich gleich nach dem Rezept. Karl, Anne, Martha, Jonas, Sam und der Rest der Krabbelgruppe erkunden derweil den Raum. Ein paar Teppiche liegen deshalb aus. Seit Kurzem gibt es sogar sechs Hochstühlchen. Seitdem ist das Essen noch entspannter. „Über die Spende der Allianzagentur Ahrensdorf haben wir uns sehr gefreut“, sagt Madlen Viehrig. Die junge Mutti engagiert sich für den Treff, hat die Stühle im Möbelhaus besorgt. Auch Katrin Hohlfeld ist eine Triebkraft. Doch die Mühe lohnt sich. Freundschaften sind hier entstanden. Einige Frauen kannten sich vorher von den Babybewegungskursen an der Volkshochschule. „Wir können nur alle Mamas einladen, sich uns anzuschließen. Der ungezwungene Treff bekommt uns allen gut“, so Madlen Viehrig. Väter hätten zwar noch nie vorbei geschaut, wären aber natürlich willkommen, sind sich alle einig.

Aufkleber auf den Rücken der Stühle

Gemeinsam haben die Frauen das nötige Interieur zusammengetragen. Tassen, Teller, Besteck. Wünsche gibt es immer. Die Garderobe fehlt noch. Eine Küche wurde zwischenzeitlich gesponsert. Der Herd steht auch bereit. „Da fehlt es aber noch am Starkstromanschluss“, so Regina Pietsch. „Wenn sich hier eine Firma finden würde, die sich kostenlos darum kümmern könnte, wäre es perfekt“, sagt sie. Helfer um Regina Pietsch packen bei der Vor- und Nachbereitung des Frühstücks immer fleißig an. Zu tun ist immer genug. „Derzeit feilen wir an einer moderneren Ausstattung und die Raumordnung des Winzerecks wird neu überdacht“, erzählt Citymanagerin Anne Hasselbach, die das Ganze überhaupt erst ins Rollen brachte. Stuhlsponsoren sind beispielsweise gefragt, die einfache, schlichte, bequeme Holzstühle abzugeben hätten. „Wir würden den Sponsor zum Dank mit einem Aufkleber auf dem Rücken der Stühle vermerken“, so Anne Hasselbach. Einige der Mütter wollen dafür neue Kissen nähen. Die Arbeitslosenselbsthilfe Kamenz beteiligt sich ebenfalls und will eine große Husse für das gebrauchte Sofa schaffen. In kleinen Schritten geht es vorwärts. Um manche Sachen muss man etwas mehr ringen.

Kinderbetreuung beim Einkauf

„Von meiner Seite aus gibt es die Idee, eine Kinderbetreuung für arbeitende oder in der Innenstadt einkaufende Muttis zu installieren. Da suchen wir aber noch Freiwillige“, so die Citymanagerin. Ohne die wird es auch in Zukunft nicht gehen. Privates Engagement ist gefragt. „Wir würden uns alle freuen, wenn noch mehr Mamas zu uns finden würden“, so Katrin Hohlfeld. Die Nutzungsgebühr von 2 Euro pro Person dürfte wohl keinen abschrecken. Man kenne mittlerweile im eigenen Wohnumfeld auch viele ausländische Eltern, die man gern dabei hätte. Diese trauen sich aber noch nicht richtig. Man will dranbleiben.

Während es beim Frühstück noch freie Kapazitäten gibt, ist die Bildermalerei am Donnerstag schon ziemlich besetzt“, so Kursleiterin Karina Maciorowsky. „Wir freuen uns aber einfach nur über Zuschauer, die ein bisschen reden möchten und den Austausch mit anderen Menschen suchen.“ Im begehrtesten Schaufenster des Kamenzer Marktes ist fast alles möglich.